Der Immobilienkaufvertrag – Teil 30 – Sicherungsklauseln im Immobilienkaufvertrag

7 Sicherungsklauseln im Immobilienkaufvertrag

Neben den typischen Vertragsklauseln gibt es Vertragsklauseln, mit denen spätere mögliche Streitigkeiten über die Auslegung des Vertrages verhindert werden können. Je nach Vertragspartei und Immobilienobjekt können nämlich bereits im Vorfeld klare Vereinbarungen zu Haftungsregelungen getroffen, besonders wesentliche Vertragspunkte abgesichert und spätere Auslegungsstreitigkeiten vermeiden werden. Insgesamt ist es daher empfehlenswert, dass der Immobilienkaufvertrag nur solche Vereinbarungen enthält, die für die Vertragsparteien Anwendung finden. Bei Formularvereinbarungen sollten überflüssige Regelungen grundsätzlich gestrichen werden.

7.1 Bestätigung der umfassenden Kenntnisnahme bezüglich des Immobilienobjekts

Will sich der Verkäufer beispielsweise dahingehend absichern, dass der Käufer die Möglichkeit hatte, bestimmte Mängel an der Immobilie während einer Besichtigung zur Kenntnis zu nehmen, empfiehlt es sich, dies in einer gesonderten vertraglichen Klausel zu dokumentieren (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn. 2240/2241).

Damit sichert der Verkäufer sich hinsichtlich seiner Aufklärungspflichten ab und schafft Raum für einen Ausschluss bestimmter Mängelansprüche. Es kann ihm dann bezüglich dieser Mängel nicht vorgeworfen werden, Aufklärungspflichten vernachlässigt zu haben oder dem Käufer keine ausreichende Möglichkeit gegeben zu haben, sich von bestimmten Mängeln Kenntnis zu verschaffen.

Durch eine umfassende Besichtigung wird nämlich indiziert, dass sich der Käufer zumindest von offensichtlichen und mit bloßem Auge erkennbaren Mängeln Kenntnis verschaffen konnte und daher ein Gewährleistungsrecht insoweit ausgeschlossen ist. Durch die Mitteilung und Übersendung aller wesentlichen Unterlagen, wie z.B. Korrespondenz mit Mietern über Minderungstatbestände, kann er sich im Regelfall auch dem Vorwurf eines arglistig verschwiegenen Mangels entziehen.

Dazu kann zum Beispiel erklärt werden, dass

  • der Käufer die Immobilie besichtigt hat und sich von dem Zustand überzeugen konnte
  • der Verkäufer davon ausgeht, dass dem Käufer alle üblicherweise relevanten Informationen für einen Kaufentschluss vorliegen
  • dass dem Verkäufer keine (weiteren "unsichtbaren") Mängel bekannt sind.

In der Praxis finden sich dazu häufig Formulierungen wie "verkauft, wie gesehen" oder "gekauft wie es steht und liegt".

Ein vollständiger Gewährleistungsausschluss kann dadurch nicht vereinbart werden. Durch solche Formulierungen können lediglich sogenannte offene Mängel ausgeschlossen werden, die bei einer Besichtigung durch Augenscheinnahme ohne Zuziehung eines Sachverständigen erkennbar sind; versteckte Mängel werden hiervon nicht erfasst.

Bei einer Formulierung, wie etwa "gekauft wie besichtigt" haftet der Verkäufer weiterhin für verdeckte Mängel und für alle Mängel, die nach der Besichtigung aber vor Gefahrübergang entstanden sind. (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn. 2252)

Bei einer Formulierung wie z.B. "ohne Garantie" ist gar kein Haftungsausschluss gegeben. Es handelt sich um eine reine Klarstellung, dass weder eine selbstständige Garantie noch eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliege (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn. 2252). Ein Ausschluss der gesetzlichen Mängelgewährleistungsrechte erfolgt damit nicht.

7.2 Erweiterung oder Beschränkung des Gewährleistungsausschlusses

In den meisten Immobilienkaufverträgen wird versucht, einen umfassenden Ausschluss für die Gewährleistungsrechte zu vereinbaren (vgl. oben Ausführungen zur Sach- und Rechtsmängelhaftung Punkt 4). Meist erfolgt dies allerdings nur für die Sachmängelhaftung. Die Haftung für Rechtsmängel bleibt bestehen. In anderen Fällen, wie z.B. bei Neubauten ist selbst ein vollständiger Gewährleistungsausschluss nicht gewünscht. Vertraglich bleibt den Parteien die Möglichkeit den Ausschluss der Gewährleistung durch spezielle Vereinbarungen zu erweitern oder zu beschränken.

7.2.1 Erweiterung des Gewährleistungsausschlusses für Rechtsmängel durch Übernahmevereinbarung

Die Erweiterung des Gewährleistungsausschlusses ist für all diejenigen Rechtsmängel zu empfehlen, die bekannt sind und vom Erwerber geduldet werden sollen. Es empfiehlt sich insoweit eine sogenannte vertragliche Übernahmevereinbarung. Nach § 435 S.1 BGB sind nämlich solche Mängel keine Rechtsmängel, die der Käufer im Kaufvertrag übernommen hat.

Erforderlich ist eine ausdrückliche Vereinbarung in der Vertragsurkunde, welche Rechtsmängel der Käufer weiterhin duldet und auch in Zukunft hinnimmt und übernimmt (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn. 2243).

Diese Übernahmevereinbarung wird meistens unter dem Punkt "Lasten" im Immobilienkaufvertrag geregelt.

In der Regel werden folgende Rechtsmängel in einer Übernahmevereinbarung von dem Käufer übernommen:

  • im Grundbuch eingetragenen Rechte, selbst wenn sie in Wirklichkeit gar nicht mehr bestehen (§ 435 S. 2 BGB),
  • Dienstbarkeiten (wie z.B. ein Wegerecht, ein Mitbenutzungsrecht der Nachbarn für den Hof etc.)
  • Miet- und Pachtverhältnisse.

Beispiel
Der Käufer K und der Verkäufer V schließen einen Immobilienkaufvertrag in dem Folgendes vereinbart ist:
"Der bezeichnete Kaufgegenstand ist ein Zweifamilienhaus, das mit einem Wegerecht der Nachbarn als Zufahrtsstraße zu dem anliegenden See belastet ist. Eine Hälfte des Zweifamilienhauses ist vermietet (…) Der Käufer verpflichtet sich die vertragsgegenständlichen Lasten zu übernehmen. Weitere Belastungen bestehen nicht…".

  • Die Vermietung und das Wegerecht der Nachbarn sind rechtliche Belastungen der Immobilie. Durch die Vereinbarung der Übernahme dieser Belastungen sind spätere Ansprüche insoweit ausgeschlossen. K kann also nicht behaupten durch die Belastungen lägen Rechtsmängel vor, die ihn zu Gewährleistungsansprüchen gegenüber V berechtigen würden.

7.2.2 Beschränkung der Haftung für einzelne Sachmängelmängel

In den Fällen in denen die Vertragsparteien die Sachmängelhaftung einschränken wollen, ohne einen vollständigen Gewährleistungsausschluss zu vereinbaren, können Sie vereinbaren, dass ein bestimmter Mangel vom Käufer ausdrücklich akzeptiert wird. Die Haftung des Verkäufers ist dann bezüglich dieses einen Sachmangels ausgeschlossen.

7.2.3 Beschaffenheitsvereinbarungen im Kaufvertrag

Mit einer Beschaffenheitsvereinbarung für die Immobilie kann die Sachmängelhaftung auf eine bestimmte Beschaffenheit beschränkt werden. Wurde eine bestimmte Beschaffenheit nämlich ausdrücklich vertraglich vereinbart, liegt ein Sachmangel nur dann vor, wenn diese vereinbarte Beschaffenheit nicht gegeben ist. Auf den allgemeinen Qualitätsstandard und die Eignung der Immobilie zu einer vorausgesetzten oder gewöhnlichen Verwendung, kommt es dann nicht an.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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