Der Immobilienkaufvertrag – Teil 28 – Absicherung vor dem Vertragsschluss

6 Absicherung vor dem Vertragsschluss

Vor dem Abschluss eines Immobilienkaufvertrages sollte der Käufer einige Besonderheiten beachten, um die richtige Kaufentscheidung zu treffen.

6.1 Wertermittlung des Immobilienobjekts

Unabhängig von der Größe des geplanten Immobilienerwerbs sollte immer eine unabhängige Wertermittlung der Immobilie durchgeführt werden, um den Kaufpreis objektiv bewerten zu können. Es sollten Vergleichsobjekte begutachtet und äußere Faktoren des Umfelds je nach Art des Erwerbsobjektes in die Bewertung mit einbezogen werden.
Die örtliche Lage, die Verkehrsanbindung, Unternehmen in der Nachbarschaft, Einkaufsstraßen oder Parkplätze können - unabhängig vom baulichen Zustand - die Wertigkeit eines Objektes erheblich steigern oder senken.

Darüber hinaus spielen wirtschaftliche Faktoren eines Objekts, wie z.B. die örtlichen Grundsteuern, Gewerbesteuern, Fixkosten bei Eigentumswohnungen (z.T. aus der Hausgeldabrechnung ersichtlich) und zu erwartende Energiekosten eine Rolle bei der Wertermittlung eines Gebäudes.

Hier ist besonders eine sogenannte "Due Diligence Prüfung" zu empfehlen, bei der eine umfassende Untersuchung aller Vor- und Nachteile des Immobilienobjektes vorgenommen und der Wert sowie die Wirtschaftlichkeit ermittelt wird. Alle mit der Immobilie zusammenhängenden Unterlagen aus Belastungen, Rechten oder Verträgen (z.B. Mietverträgen) werden geprüft. Als Käufer erfährt man dabei sehr schnell, ob und welche Mängel am Objekt bestehen. Die Due-Diligence Prüfung sollte daher bestenfalls vor den wichtigen Kaufentscheidungen und den Preisverhandlungen vorgenommen werden.

6.2 Besichtigung der Immobilie

Sofern es möglich ist, sollte der Käufer das Immobilienobjekt persönlich besichtigen und gegebenenfalls einen Sachverständigen hinzuziehen, der besonderer Gegebenheiten, wie die Gebäudestruktur, Statik oder auch die Bodenbeschaffenheit prüfen und deren Zustand ermitteln kann.

In vielen Fällen lassen sich Verkäufer auf die Übernahme der hälftigen Gutachterkosten ein, insbesondere, wenn damit eine bestimmte Beschaffenheit auf Grundlage des Gutachtens vereinbart wird und damit eine gewisse Kenntnis über eventuell bestehende Mängel begründet wird, so dass die Mängelrechte des Käufers wegen dieser Mängel ausgeschlossen sind.

Beispiel
Die Vertragsparteien vereinbaren in dem Kaufvertrag eine sogenannte Sondervereinbarung mit folgendem Inhalt: "Das Bodengutachten der X GmbH wurde dem Käufer per Post übermittelt und Prüfung zur Verfügung gestellt. Der Käufer trägt damit das Risiko der Bodenverunreinigungen."

  • Der Käufer kann keine Ansprüche wegen der Bodenverunreinigung geltend machen.

6.3 Grundbucheinsicht

Vor Vertragsschuss sollte immer das Grundbuch eingesehen werden.
Die Grundbucheinsicht ist eines der sichersten Mittel, sich vor "nachträglichen Überraschungen" zu schützen, denn im Grundbuch sind alle dinglichen Rechte an einem Grundstück erfasst. Die Eintragungen im Grundbuch geben daher Transparenz und Rechtssicherheit im Grundstücksverkehr.

Für potenzielle Käufer ist die Grundbucheinsicht der sicherste Weg sich über den Bestand alter Grundschulden, Hypotheken, Vorkaufsrechte oder sonstige dinglichen Rechte, wie z.B. Wegerechte oder Nutzungsrechte zu informieren. Für alle Eintragungen im Grundbuch wird nach § 891 BGB die gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass die Eintragung richtig ist. Das bedeutet, ist ein bestimmtes Recht an einem Grundstück im Grundbuch eingetragen, wird vermutet, dass dieses Recht oder eine eingetragene Löschung rechtswirksam besteht. Umgekehrt gilt das für die gesetzliche Vermutung allerdings auch für nicht eingetragene Rechte. Das bedeutet, alle Rechte, die nicht im Grundbuch eingetragen sind, existiert. Juristisch sprich man hier von dem öffentlichen Glauben der Richtigkeit des Grundbuchs (§ 892 BGB).
Auf die Eintragungen kann man sich daher regelmäßig verlassen und erhält als Erwerber einen besonderen Schutz in Form eines sogenannten gutgläubigen Erwerbs. Erwirbt man ein Grundstück in der Annahme die Eintragungen seien richtig, gelten die Eintragungen für diesen speziellen Erwerbsfall als richtig - unabhängig von der tatsächlichen Rechtslage. So ist es zum Beispiel möglich, ein Grundstück von einer Person zu erwerben, die nicht Eigentümer des Grundstücks ist oder das Grundstück lastenfrei zu erwerben, obwohl Belastungen bestehen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erwerber gutgläubig ist, also von dem Grundbuchfehler nichts wusste und im Grundbuch kein Widerspruch eingetragen ist.

Beispiel
Käufer K will ein Grundstück von Verkäufer V kaufen, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. V erklärt, er habe das Haus von seinen Eltern geerbt. K hat keinen Grund an daran zu zweifeln. Die beiden schließen einen Kaufvertrag. K wird daraufhin als neuer Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Als K in das Objekt einzieht taucht plötzlich der Bruder des V auf und erklärt gegenüber K, dass er der wahre Eigentümer der Immobilie sei und dem Verkauf nicht zustimmt. K findet daraufhin heraus, dass tatsächlich B der Eigentümer war und das Grundbuch unrichtig gewesen ist.

  • K hat gutgläubig nach §§ 829, 873 BGB das Eigentum an dem Grundstück erworben, obwohl V nur der scheinbare Eigentümer war. K ist als Erwerber durch die Vermutung der Richtigkeit des Grundstücks nach § 829 BGB geschützt, da er gutgläubig auf die Eintragung im Grundbuch vertraut hat. B hat keine Ansprüche gegen K und muss sich allein mit V auseinandersetzen.

Im Regelfall nimmt der Notar vor der Beurkundung Einsicht in das Grundbuch. Dies ist eine seiner Amtspflichten, § 21 BeurkG. Er kann allerdings von der Grundbucheinsicht ausnahmsweise absehen, wenn ein eiliger "Notfall" vorliegt und die Vertragsparteien auf die Beurkundung ohne Grundbucheinsicht bestehen. § 21 BeurkG sieht eine solche Beurkundung ohne vorherige Grundbucheinsicht ausdrücklich vor. Um seiner Amtspflicht nachzukommen, muss der Notar die Vertragsparteien auf die durch die unterlassene Grundbucheinsicht bestehenden Risiken hinweisen. Der Hinweis ist in der Vertragsurkunde zu dokumentieren.

Unterlässt der Notar die Grundbucheinsicht von sich aus, ist dies eine Amtspflichtverletzung, die zwar nicht zur formellen Unwirksamkeit des Vertrages führt, aber Schadensersatzansprüche gegenüber dem Notar begründen kann.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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