Der Immobilienkaufvertrag – Teil 26 – Ausschluss der Anfechtung

5.3.3 Ausschluss der Anfechtung

Die Anfechtung kann regelmäßig ausgeschlossen sein, wenn

  • die 10-jährige Ausschlussfrist abgelaufen ist (§§ 121, 124 BGB)
  • der anfechtbare Kaufvertrag von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird § 144 BGB oder
  • der Anfechtungsgrund nachträglich entfallen ist.

Ein vertraglicher Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist nicht möglich.

5.3.3.1 10-jährige Ausschlussfrist

Sowohl bei der Anfechtung wegen eines Irrtums als auch bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, ist die Anfechtung nur bis zu 10 Jahre nach dem Abschluss des Immobilienkaufvertrages zulässig.

Beispiel
Der Immobilienkäufer K entdeckt 12 Jahre nach Einzug, dass sein gekauftes Haus in einer bisher zugestellten Kellerecke mit Hausschwamm befallen ist und scheinbar dort auch schon mehrfach erfolglos von dem Voreigentümer eine Beseitigung versucht wurde. Eine Aufklärung seitens des Verkäufers ist nie erfolgt.

  • K kann den Immobilienkaufvertrag wegen arglistiger Täuschung nicht mehr anfechten, da seit dem Vertragsschluss bereits mehr als 10 Jahre vergangen sind.

5.3.3.2 Bestätigung nach § 144 BGB

Stellt der Käufer z.B. fest, dass er sich geirrt hat und er deswegen den Immobilienkaufvertrag anfechten kann, erklärt er aber gegenüber dem Verkäufer, dass der Irrtum für ihn nicht relevant ist und er an dem Vertrag festhalten will, liegt eine Bestätigung des Kaufvertrages nach § 144 BGB vor. Durch die Zusage des Käufers, dass er sich über den Anfechtungsgrund bewusst ist und er an dem Kaufvertrag trotzdem festhalten will, ist die Anfechtung wegen dieses Anfechtungsgrundes ausgeschlossen. Wichtig ist allerdings, dass die Bestätigung des Anfechtungsberechtigten in derselben notariellen Form wie der Kaufvertag erklärt werden muss.

Beispiel
Verkäufer V verkauft an den Käufer K laut Immobilienkaufvertrag ein "Haus mit Seegrundstück". Der gedachte private Zugang zu dem großen See ist für K kaufentscheidend. K irrt sich allerdings darüber, dass der Zugang privat ist. Es stellt sich heraus, dass der Kiesweg entlang des Hauses ein öffentlicher Weg ist. Mangels eines eingefriedeten Grundstücksbereichs war das für K nicht erkennbar und V ging nicht davon aus, das K den Weg für einen Privatweg hielt. Bei der Besitzübergabe stellen beide den Irrtum fest.
Daraufhin entscheidet sich K trotz des Irrtums an dem Vertrag festzuhalten und trifft sich mit dem Verkäufer nochmals beim Notar. Dort erklärt K in einer notariellen Urkunde, dass er sich über seinen Anfechtungsgrund bewusst ist, aber den Vertrag nicht deswegen anfechten wird und sein Festhalten am Vertrag bestätigen möchte.

  • Eine Anfechtung des K wegen des Irrtums, dass der anliegende Weg ein Privatweg sei ist nunmehr nach § 144 BGB ausgeschlossen.

5.3.3.3 Anfechtungsgrund nachträglich weggefallen

Der Ausschluss der Anfechtung betrifft auch die Fälle, in denen aufgrund einer veränderten Sach- und Rechtslage der Anfechtungsgrund weggefallen ist (BGH, Urteil vom 1. Juli 1983, Az.: V ZR 93/82; 15. Dezember 1976, Az.: VIII ZR 97/75). Der Anfechtungsberechtigte ist dann nach § 242 BGB nicht (mehr) zur Anfechtung berechtigt, da er auch nicht (mehr) beeinträchtigt ist (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn 2228).

Beispiel
Der Käufer K hat ein Einfamilienhaus erworben, in dem das Dachgeschoss ausgebaut ist. K wusste allerdings nicht, dass der Ausbau baurechtswidrig ohne Genehmigung stattfand. Der Verkäufer hatte dies verschwiegen. Die Baugenehmigung für den erfolgten Dachausbau wird später erteilt.

  • K hätte den Kaufvertrag aufgrund arglistiger Täuschung durch V anfechten können, da dieser verschwiegen hat, dass der Dachausbau baurechtswidrig war. Nachdem die Genehmigung für den Ausbau allerdings nachträglich erfolgt ist, ist der Anfechtungsgrund weggefallen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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