Der Immobilienkaufvertrag – Teil 16 – Haftung und Rechtsfolgen bei Sach- und Rechtsmängeln

4 Haftung und Rechtsfolgen bei Sach- und Rechtsmängeln

Das Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels ist beim Immobilienkaufvertrag einer der Hauptgründe für Auseinandersetzungen zwischen den Kaufvertragsparteien. Konkrete vertragliche Regelungen, z.B.

  • zur Kenntnis bestimmter Mängel
  • dem Umfang der Haftung und
  • den Rechten bei einem Sach- bzw. Rechtsmangel

können spätere Streitigkeiten vermeiden. Wichtig ist, dass die Parteien die Begrifflichkeiten des Sach- und Rechtsmangels, sowie die gesetzlichen Rahmenbedingungen kennen, um im Einzelfall eine geeignete Vereinbarung zu treffen.

4.1 Sachmängel

Unter den Begriff des Sachmangels im Sinne des § 434 BGB fallen ganz allgemein, alle Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit eines Gegenstandes. Für die Immobilie kommt es daher zunächst darauf an, was konkret vereinbart wurde. So können der Abnutzungsgrad oder eine Baufälligkeit usw. bereits im Vertrag genannt sein, dann liegt insoweit kein Mangel mehr vor.

Besteht keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung zum Immobilienzustand, gilt die Immobilie als sachmängelbehaftet, wenn

  • sie sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet
  • im Übrigen wenn sie sich nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet und nicht die übliche Beschaffenheit aufweist, die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Bei Fertighäusern stellen zudem noch Montagemängel oder eine Falschlieferung einen Sachmangel dar.

In der Praxis sind bei Immobilien typischerweise folgende Mängel zu finden:

  • Mängel oder Schäden an der Bausubstanz des Gebäudes, wie Risse in der Fassade, Schimmel oder Hausschwamm
  • morsche Balken
  • ein undichtes Dach
  • beschädigte Wasser- oder Heizungsrohre
  • eine kaputte Heizungsanlage oder
  • Altlasten im Boden, wie Bodenverunreinigungen mit Altöl oder Reste einer früheren Mülldeponie.

4.2 Rechtsmängel

Eine Immobilie ist mit einem sogenannten Rechtsmangel nach § 435 BGB behaftet, wenn ein Dritter (eine Person, ein Unternehmen oder auch eine Bank etc.)

  • ohne Wissen des Käufers Rechte (durch Belastungen) an der Immobilie hat oder
  • Rechte besitzt, die über das hinausgehen, was dem Käufer bei Abschluss des Immobilienkaufvertrages bekannt war oder
  • ein im Grundbuch eingetragenes, aber nicht bestehendes, Recht besitzt (sog. Buchrecht).

Sollen Rechte Dritter von dem Käufer der Immobilie mit übernommen werden, muss dies ausnahmslos vertraglich geregelt werden. Anderenfalls, besteht an der Immobilie ein Rechtsmangel, der dem Käufer gegen den Verkäufer verschiedene Rechte aus der Sachmangelhaftung gibt (vgl. oben unter Übernahme bestehender Lasten Punkt 3.6.2).

Beispiel
Der Immobilienkäufer M erwirbt von dem Verkäufer V mit notariellem Kaufvertrag ein lastenfreies Grundstück mit Einfamilienhaus. Für die Bank der Mutter des V ist aus alten Tagen noch eine Grundschuld eingetragen, die aber bereits seit Jahrzehnten abgezahlt wurde und lediglich nicht gelöscht ist.

  • Die Immobilie ist mit einem Rechtsmangel behaftet, da an der Immobilie noch ein Buchrecht der Bank besteht. M kann die Mängelrechte aus § 437 BGB geltend machen und von V insbesondere die Löschung dieses Buchrechts verlangen.

4.3 Rechte des Käufers bei Mängeln

Wurde die Haftung nicht vollständig durch einen Gewährleistungsausschluss ausgeschlossen, können dem Erwerber der Immobilie nach der Feststellung des Mangels verschiedene Rechte zustehen, die sich zum Teil gegenseitig ergänzen oder ausschließen.

Stellt der Käufer einer Immobilie einen Sachmangel oder einen Rechtsmangel fest, kann er nach § 437 BGB, unter den jeweiligen besonderen Voraussetzungen

  • Nacherfüllung nach § 439 BGB verlangen
  • vom Vertrag zurücktreten nach §§ 440,323, 326 Abs. 5 BGB oder nach § 441 BGB den Kaufpreis mindern und
  • Schadensersatz oder Ersatz der vergeblichen Aufwendungen (Notarkosten etc.) verlangen nach §§ 440, 280, 281,283, 311a und 284 BGB.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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