Der Immobilienkaufvertrag – Teil 14 – Zeitpunkt des Besitzübergangs

3.7 Zeitpunkt des Besitzübergangs

Wann der Besitz der Immobilie auf den Käufer übergehen soll, kann grundsätzlich frei geregelt werden. Der Übergang des Besitzes meint begrifflich, den Zeitpunkt an dem der Käufer die tatsächliche Sachherrschaft an der Immobilie übernimmt.
In der Praxis ist dies der Tag der Schlüsselübergabe, ab dem der Käufer über die Immobilie frei verfügen kann (z.B. einzieht, mit Umbaumaßnahmen beginnt oder sein Geschäft eröffnet).

Im Immobilienkaufvertrag wird typischerweise vereinbart, dass der Besitz mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises und nach der Löschung bestehender Lasten auf den Käufer übergeht. Der Zeitpunkt ist allerdings frei verhandelbar und kann auch vor der vollständigen Kaufpreiszahlung liegen.

Wird die Immobilie von dem Verkäufer selbst benutzt oder bewohnt, empfiehlt es sich, zusätzlich eine Räumungspflicht bis zum Zeitpunkt des Besitzübergangs zu vereinbaren.

Aus rechtlicher Sicht erfolgt mit dem Besitzübergang zeitgleich:

  • der Gefahrübergang (§ 446 Satz 1 BGB)
  • der Übergang von Nutzungen und Lasten (§ 446 Satz 2 BGB) und
  • die Übernahme der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten bezüglich der Immobilie.

3.7.1 Gefahrübergang (§ 446 Satz 1 BGB)

Der sogenannte Gefahrübergang nach § 446 S. 1 BGB besagt, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der Immobilie auf den Käufer übergeht. Das bedeutet, dass der Käufer ab dem Zeitpunkt des Besitzübergangs das Risiko für alle "zufälligen" Beschädigungen der Immobilie trägt, wie z.B. unvorhersehbare und unbeeinflussbare Naturereignisse, die niemand zu verantworten hat.

Beispiel
Der Käufer K schließt mit dem Verkäufer V einen Immobilienkaufvertag über ein Haus. K erhält zu dem vertraglich vereinbarten Besitzübergang die Schlüssel zum Haus und zieht ein. Der Kaufpreis ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezahlt worden. Noch in der Woche des Einzugs erfolgt ein Erdbeben und das Haus wird stark beschädigt.

  • Nach § 446 S. 1 BGB trägt allein K seit der Schlüsselübergabe das Risiko für Beschädigungen durch Erdbeben. Hat er keine Versicherung abgeschlossen, die diese Schäden deckt, bleibt er auf den Reparaturkosten sitzen.
  • An der Pflicht den Kaufpreis an V zu zahlen, ändert dieses Ereignis auch nichts und er bleibt verpflichtet den Kaufpreis zu zahlen, selbst dann, wenn das Haus zerstört worden wäre.

3.7.2 Übergang von Nutzungen und Lasten (§ 446 Satz 2 BGB)

Nach § 446 Satz 2 BGB gebühren dem Käufer von der Übergabe an die Nutzungen und er ist verpflichtet die Lasten der Immobilie zu tragen.

Beispiel
Der Käufer K erwirbt zum Jahresende im November 2016 ein vermietetes Wohnhaus von dem Verkäufer V. Die Kaufpreiszahlung soll in drei Raten erfolgen und das Eigentum nach der letzten Rate (voraussichtlich Ende Januar 2017) übertragen werden. Die Übergabe des Besitzes erfolgt nach vertraglicher Vereinbarung zum 01.01.2017. Ab diesem Zeitpunkt verfügt K über alle Schlüssel. Die erste Post, die er erhält, ist der Grundsteuerbescheid, der die zu zahlende Grundsteuer mit Fälligkeit für den 15.02.2017 terminiert. Am 15.01.2017 wundert sich K, dass er noch keine Mietzahlungen erhalten hat.
Die Mieter wurden aber erst am 05.01.2017 über den Verkauf des Objektes informiert wurden und haben die Mieten am 03.01.2017 noch an V gezahlt.

  • K ist seit dem 01.01.2017 Besitzer des Hauses mit allen Rechten und Pflichten aus § 446 S. 2 BGB. Das bedeutet zum einen, dass er von V verlangen kannn ihm die Januarmieten auszuzahlen und zum anderen, dass er die Grundsteuer zahlen muss.

3.7.3 Übernahme der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten

Sobald der Käufer Besitzer der Immobilie ist treffen ihn die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten, wie z.B. das Schneeräumen im Winter, die Beseitigung von Gefahren durch Schneelawinen auf dem Dach oder herunterhängenden Eiszapfen. Ab dem Zeitpunkt des Besitzübergangs ist der Käufer dafür verantwortlich, dass keinerlei Gefahren von seinem Grundstück, einschließlich Haus, für Dritte bestehen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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Normen: § 446 S. 2 BGB, § 446 S. 1 BGB

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