Der Immobilienkaufvertrag – Teil 13 – Lastenfreier Erwerb des Eigentums

3.6 Lastenfreier Erwerb des Eigentums

In der Regel vereinbaren die Parteien, dass der Verkäufer verpflichtet ist, dem Erwerber lastenfreies Eigentum zu übertragen. Dies bedeutet, dass keine Rechte Dritter, wie Beschränkungen oder Belastungen, an der Immobilie bestehen dürfen. Typische Belastungen sind eingetragene Grundschulden, Hypotheken, Vorkaufsrechte oder Nutzungsrechte (z.B. Wegerecht oder Wohnrecht), Pacht- und Mietverträge.

Entscheidend ist, dass alle Lasten die auf dem Grundstück liegen und aus denen ein Dritter Rechte gegen den Eigentümer geltend machen kann, Rechtsmängel darstellen können (vgl. zum Begriff des Rechtsmangels unter Punkt 4.2). Die Folge wären Gewährleistungsansprüche des Käufers, wenn die Immobilie mit den Lasten gekauft wird. Bestehen daher Lasten an dem Grundstück, ist es empfehlenswert, in dem Kaufvertrag eine sogenannte Löschungsvereinbarung zu treffen oder die Übernahme der Lasten durch den Käufer zu vereinbaren. Bei gesetzlichen Vorkaufsrechten hat der Verkäufer den Nachweis zu erbringen, dass der Vorkaufsberechtigte seine Rechte nicht ausübt.

3.6.1 Löschungsvereinbarung

Bei der Löschungsvereinbarung wird in dem Immobilienkaufvertrag vereinbart, dass der Verkäufer die Eintragungen der (bestehenden) Lasten im Grundbuch (wie z.B. eine Grundschuld oder Hypothek) löschen lassen muss. Die Löschung ist dem Käufer nachzuweisen. Im Kaufvertrag wird die Erbringung des Nachweises der Lastenfreistellung durch Löschung regelmäßig als Voraussetzung an die Kaufpreisfälligkeit geknüpft. Damit wird gewährleistet, dass der Käufer nicht vor der Lastenfreiheit bezahlt.

Beispiel
Der Eigentümer E hat sein Hausgrundstück mit einer Grundschuld belastet. Als er das Hausgrundstück verkaufen will, vereinbart er mit den Käufern im Immobilienkaufvertrag, dass er verpflichtet ist, die bestehende Grundschuld löschen zu lassen und dies gegenüber den Käufern nachzuweisen. Der Kaufpreis soll erst fällig sein, wenn die Löschung der Grundschuld nachgewiesen ist.

  • Es wurde eine Lastenfreistellung vereinbart. Die Käufer erwerben in einem solchen Fall das Eigentum an dem Grundstück ohne die Grundschuld, nachdem der E die Löschung im Grundbuch erwirkt hat.

3.6.2 Vereinbarung der Übernahme bestimmter Lasten

Den Parteien steht es allerdings frei, ob die Belastungen gelöscht werden sollen oder nicht. Anstelle der Löschung kann eine Übernahme einzelner oder aller Belastungen vereinbart werden.

Beispiel
Das Immobilienobjekt des Herr Meier M soll verkauft werden. Es handelt sich dabei, um ein Einfamilienhaus an einem Badesee. Das Grundstück ist privates Eigentum des M und es bestehen keine öffentlichen Rechte der Gemeinde hinsichtlich des Grundstücks. Allerdings ist zu Gunsten der Nachbarn des M ein Wegerecht für einen kleinen Kiesweg im Grundbuch eingetragen, der von dem Grundstück der Nachbarn, über sein Grundstück bis zum Badesee reicht. Daneben ist fälschlicherweise eine Grundschuld zu Gunsten seiner Bank eingetragen, die noch nicht gelöscht wurde. Das Darlehen das damit besichert wurde hat M schon vor Jahren zurückgezahlt. Der Kaufinteressent K würde das Grundstück des M gerne kaufen wollen, wenn die Grundschuld gelöscht ist, das Wegerecht stört ihn nicht.

  • Die K können mit M eine Lastenfreistellung hinsichtlich der Grundschuld und eine Übernahme der Belastung durch das Wegerecht vereinbaren. M müsste dann die Grundschuld löschen lassen, bevor die Kaufpreiszahlung und Eigentumsübertragung vollzogen wird. Ist K Eigentümer geworden, können sich die Nachbarn auch ihm gegenüber auf das Wegerecht berufen und den Kiesweg nutzen.

Für den Käufer ist immer Vorsicht geboten, wenn er die Verpflichtungen des Verkäufers übernimmt. Es sollte eine genaue Prüfung der mit der Belastung zusammenhängenden Verträge und deren Vertragsstand vorgenommen werden.

3.6.3 Bescheinigung über Verzicht des Vorkaufsberechtigten

Bei einem Vorkaufsrecht handelt es sich um eine gesetzlich oder vertraglich eingeräumte Belastung des Grundstücks, das dem Vorkaufsberechtigten das Recht einräumt die Immobilie bei deren Verkauf zu den aktuellen Verkaufsbedingungen zu erwerben. Eine Übernahmevereinbarung ist daher mit dem Inhalt dieser rechtlichen Belastung unvereinbar. Eine Löschung aus dem Grundbuch ist nur möglich, wenn es sich um ein vertragliches Vorkaufsrecht handelt, das im Grundbuch eingetragen ist.

Daher kann bei gesetzlichen oder sonstigen nicht eingetragenen Vorkaufsrechten lediglich eine Verzichtserklärung des Vorkaufsberechtigten ausschließen, dass diese Belastung beim Kaufvertragsabschluss noch vorliegt. Diese Verzichtserklärung wird auch als sogenannter "Negativattest" bezeichnet und muss klarstellen, dass der Vorkaufsberechtigte sein Recht nicht ausübt und endgültig verzichtet.

In der Praxis sind besonders zwei gesetzliche Vorkaufsrechte relevant, bei denen eine Verzichtserklärung notwendig ist:

  • das Vorkaufsrecht der Gemeinde nach § 24 BauGB und
  • das Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 BGB.

Eine Gemeinde hat beim Verkauf von Grundstücken nach § 24 BauGB ein Vorkaufsrecht, wenn das Grundstück

  • im Geltungsbereich eines Bebauungsplans für öffentliche Zwecke ausgewiesenen Flächen liegt,
  • sich in förmlich ausgewiesenen Umlegungs-, Sanierungs-, Erhaltungs- oder Überschwemmungsgebieten befindet,
  • unbebaute Fläche darstellt, die im Flächennutzungsplan als Wohngebiet ausgewiesen ist,
  • unbebaut ist und in einem Wohngebiet im Innenbereich außerhalb eines Bebauungsplans liegt.

Das Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 BGB bei Umwandlung der Mietwohnung in eine Eigentumswohnung gilt ausschließlich für den ersten Verkaufsfall nach der Aufteilung in Wohnungseigentum.

Beispiel
Die Mietwohnungen der Baugesellschaft X sollen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Der Mieter M ist mit seiner angemieteten Wohnung davon betroffen.

  • § 577 BGB gibt dem Mieter M ein Vorkaufsrecht für die, von ihm bewohnte, Wohnung, sobald diese verkauft werden soll.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Das Referat Immobilienrecht wird bei Brennecke & Partner Rechtsanwälte betreut von:

Portrait Michael-Kaiser Michael Kaiser, Rechtsanwalt


Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Michael Kaiser unter:
Mail:kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

Normen: § 577 BGB

Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosImmobilienrecht