Der Immobilienkaufvertrag – Teil 11 – Ehepaar, Erbengemeinschaft, Stellvertretung, fehlende Geschäftsfähigkeit bei Vertragsschluss

3.3.2 Ehepaar

Verkauft ein Ehepaar eine Immobilie, ist je nach Güterstand der Eheleute die Mitwirkung nur eines oder beider Eheleute erforderlich.

3.3.2.1 Güterstand der Zugewinngemeinschaft §§ 1365 ff. BGB

Lebt ein Ehepaar in dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1365 BGB hat jeder Ehegatte sein eigenes Vermögen und verwaltet dies selbstständig.

Besitzt ein Ehepartner im Güterstand der Zugewinngemeinschaft eine Immobilie im Alleineigentum kann er grundsätzlich allein darüber verfügen. Aufgrund der gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen nach §§ 1365 und 1369 BGB ist das aber nur möglich, solange der Gegenstand über den verfügt wird, nicht (nahezu) das gesamte Vermögen des jeweiligen Ehepartners ausmacht und der Vertragspartner nicht weiß, dass sein Gegenüber (fast) das ganze Vermögen veräußern will. Verfügungen über das Vermögen im Ganzen liegen nach der Rechtsprechung des BGH, dann vor, wenn ein Ehegatte bei kleineren Vermögen mehr als 85 % und bei größeren Vermögen mehr als 90% seines Vermögens überträgt (BGH, Urteil vom 16. Januar 2013, Az.: XII ZR 141/10). Von einem größeren Vermögen spricht der BGH regelmäßig ab einem Wert von mehr als 300.000,00 € (vgl. Senatsurteil vom 13. März 1991, Az.: XII ZR 79/90).

Alle Verfügungen über Vermögensbestandteile oder Immobilien, die nicht das ganze Vermögen ausmachen bleiben zustimmungsfrei.

Beispiel
Die Eheleute Meier leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Herr Meier verkauft mit notarieller Urkunde vom 01. Juli 2016 ein ihm gehörendes Hausgrundstück, an das Immobilienunternehmen I zu einem Kaufpreis von 200.000 €, der auch dem Wert des Grundstücks entspricht. Neben diesem umfasst das Vermögen des Herrn Meier noch zwei weitere Häuser im Wert von je 200,000,00 € von dem eines der Familienwohnsitz ist. Dazu kommt ein Barvermögen von 65.000,00 auf dem Bankkonto des Herrn Meier.

o Das Vermögen des Herrn Meier beläuft sich insgesamt auf 3 x 200.000,00 € + 65.000,00 €= 665.000,00 € und stellt im Sinne der Rechtsprechung ein großes Vermögen dar. Bei diesem sind nur Verfügungen über mehr als 90% zustimmungspflichtig. Herr Meier will aber nur über einen Anteil von 200.000,00 € verfügen und damit über weit weniger als 90% des gesamten Vermögens. Das Geschäft ist daher zustimmungsfrei.

3.3.2.2 Güterstand der Gütergemeinschaft

Ein Ehepartner kann ohne Beteiligung des anderen "nichts" verkaufen und erwerben. Der Besitz und das Eigentum der Eheleute ist sogenanntes Gesamtgut (§1416ff BGB) und damit gemeinschaftliches Eigentum. Die Ehegatten haben kein Vermögen im Alleineigentum und können solches auch nicht erwerben.

Beispiel
Zum Notartermin erscheinen der Verkäufer V und der Käufer K. Es soll ein Immobilienkaufvertrag über das von V und seiner Ehefrau E bewohnte Eigenheim geschlossen werden. Der Notar findet durch Nachfrage heraus, dass V und seine Ehefrau im Güterstand der Gütergemeinschaft leben.

  • Der Notar wird V darauf hinweisen, dass V das im Gesamtgut stehende Haus nicht allein verkaufen kann. Nur mit Einwilligung der E und ihrer Beteiligung am Vertragsschluss kann ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen werden (§ 1424 BGB).

3.3.3 Erbengemeinschaft

Ist auf der Seite des Veräußerers eine Erbengemeinschaft oder eine andere Art von Gesamthandsgemeinschaft (vgl. oben Punkt 3.2.3) zu finden, ist die Verfügungsbeschränkung durch die gesamthänderische Bindung zu beachten, die dem einzelnen Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft eine freie Verfügung über seinen Anteil am Ganzen verbietet. Regelmäßig bedarf eine wirksame Verfügung der Mitwirkung und Einwilligung aller Gesamthandseigentümer.

Beispiel
Nach dem Tod des Immobilieneigentümers I erben seine fünf Enkel seine Villa am Stadtrand im Wert von 1,5 Mio. Euro zu gleichen Teilen. Sie werden zu Miterben. Der jüngste Miterbe J ist an einem schnellen Verkauf der Villa interessiert und findet sofort einen geeigneten Kaufinteressenten K.

  • Um die Immobilie aus dem gemeinsamen Erbe verkaufen zu können, muss die Zustimmung aller Erben der Erbengemeinschaft nach § 2032 BGB vorliegen.

3.3.4 Stellvertretung

Die Stellvertretung beim Abschluss des Immobilienkaufvertrages kommt in verschiedenen Konstellationen in Betracht, wie zum Beispiel eine Vertretung durch den Makler bei Privatpersonen die sich im Ausland aufhalten, Unternehmen oder Gemeinschaften. Hier gelten grundsätzlich die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen zur rechtsgeschäftlichen Vertretung und Vollmacht nach §§ 164 ff. BGB. Da es sich um die Vertretung bei einem Grundstücksgeschäft handelt ist die Vollmacht und der entsprechende Auftrag zur Vertretung beurkundungspflichtig (vgl. oben Punkt 2.3.1.3).

3.3.5 Fehlende Geschäftsfähigkeit bei Vertragsschluss

Ein Immobilienkaufvertrag kann grundsätzlich nur zwischen Personen geschlossen werden, die voll geschäftsfähig sind. Soll daher ein Vertrag mit einer beschränkt geschäftsfähigen Person (wie z.B. einem Minderjährigen) oder einer nicht geschäftsfähigen Person (wie z.B. einer verstandesmäßig eingeschränkten Person) geschlossen werden, darf dies nur mit der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (§ 1629 BGB) oder Betreuers (§§ 1896 ff. BGB) erfolgen, die allerdings alleine noch nicht ausreicht.

Bei Grundstücksgeschäften ist immer die vorherige Einwilligung des Familiengerichts bei Minderjährigen (§§ 1643, 1821 f. BGB) oder des Betreuungsgerichts bei Betreuten (§§ 1896 ff, 1902, 1903, 1908 i Abs. 1, 1821 f. BGB) notwendig ist.

Wird der Einwilligungsvorbehalt nicht beachtet, ist der Vertrag schwebend unwirksam (§ 108 BGB) und kann nur wirksam werden, wenn eine nachträgliche Zustimmung des Gerichts erfolgt. Verweigert das Gericht die Genehmigung ist der abgeschlossene Immobilienkaufvertrag unwirksam.

Beispiel
Der 10-jährige M lebt nach dem Tod seiner Mutter bei dem allein erziehungsberechtigten Vater und dessen Lebensgefährtin. Als seine Großmutter G verstirbt, wird M als Alleinerbe mit einem Einfamilienhaus beerbt. Der Vater will das Haus für M verkaufen.

  • Für die Vornahme eines wirksamen Immobilienverkaufs durch den Vater als gesetzlichen Vertreter muss die vorherige Einwilligung des Familiengerichts eingeholt werden, §§ 1643, 1821 f. BGB


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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