Der Immobilienkaufvertrag – Teil 05 – Folgen fehlender und fehlerhafter Beurkundung, Heilung des Formmangels der fehlenden Beurkundung

2.3.2 Folgen fehlender und fehlerhafter Beurkundung

Grundsätzlich sind alle Kaufverträge über Immobilien nichtig, die nicht in der erforderlichen notariellen Form geschlossen sind, §§ 125, 139 BGB.

Das betrifft die Fälle, wenn die notarielle Beurkundung

  • vollständig fehlt oder
  • fehlerhaft erfolgt ist.

Es gibt aber eine seltene Ausnahme, in der die Berufung auf den Formmangel als unzulässige Rechtsausübung betrachtet wird: Wenn eine Partei über längere Zeit aus dem nichtigen Vertrag Vorteile gezogen hat und sich nunmehr ihrer Verpflichtung unter Berufung auf den Formmangel entziehen will. Dann, stellt diese spätere Berufung auf die Formnichtigkeit einen Rechtsmissbrauch dar (Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.06.1996, Az.: V ZR 85/95, NJW 1996, 2503).

Dies kommt in der Praxis ausnahmslos nur dann in Betracht, wenn:

  • die Nichtigkeit des Vertrages wegen eines Formmangels mit Treu und Glauben nach § 242 BGB unvereinbar ist und
  • die andere Partei die Unwirksamkeit des Kaufvertrages nicht nur hart, sondern schlechterdings untragbar treffen würde, wie z.B. wenn die Existenz gefährdet ist oder eine besonders schwere Treuepflichtverletzung des anderen Vertragsteils vorliegt (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn. 114; BGH, Urteil vom 16.07.2004, Az.: V ZR 222/03; BGH, Urteil vom 29.01.2008, Az.: XI ZR 160/07).

2.3.3 Heilung des Formmangels der fehlenden Beurkundung

Bei Immobilienkaufverträgen sieht das Gesetz eine Heilungsmöglichkeit für nichtige Verträge wegen fehlender Beurkundung vor: Nach § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB ist der - eigentlich nichtige - Vertrag wirksam, sobald die Auflassung (§ 925 BGB) und die Grundbucheintragung ordnungsgemäß erfolgt sind. Der Immobilienkaufvertrag ist dann trotz anfänglicher Nichtigkeit wirksam, wenn er tatsächlich vollzogen wird und das Eigentum übertragen wird.

Wichtig ist hier besonders, dass die Heilung inhaltlich nur für den Beurkundungsmangel gilt und zeitlich nur solche fehlenden Beurkundungen heilt, die bis zum Auflassungszeitpunkt vorlagen. Alle sonstigen Mängel die zur Nichtigkeit führen oder Mängel wegen fehlender Beurkundung, die nach der Auflassung entstehen oder erst später festgestellt werden, können nicht geheilt werden.

Im Übrigen kann die Nichtigkeit eines Vertrages, aufgrund eines Formmangels, grundsätzlich nur durch die formgerechte Neuvornahme geheilt werden (vgl. so Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 311b, Rn. 46).

Beispiel
Der Immobilienkäufer Herr Meier und der Verkäufer Herr Schlau vereinbaren für die Eigentumsübertragung einer Gaststätte einen Kaufpreis in Höhe von 300.000,00 €. Im Kaufvertrag soll ein wesentlich geringerer Kaufpreis beurkundet werden, als Herr Meier an Herrn Schlau tatsächlich bezahlen wird. Durch diesen Schwarzkauf wollen beide Steuern und Notarkosten sparen. Die beiden lassen den Kaufvertrag mit dem falschen Preis in Höhe von 200.000,00 € beurkunden. Außerhalb des Notartermins schließen sie handschriftlich einen identischen Kaufvertrag ab, der den richtigen Kaufpreis in Höhe von 300.000,00 € enthält. Zwei Monate später wird die Auflassung erklärt und es erfolgt die Eintragung im Grundbuch zu Gunsten des Herrn Meier.

  • Der beurkundete Kaufvertrag wurde von beiden Vertragsparteien nur zum Schein geschlossen. Deshalb sind alle darin enthaltenen Willenserklärungen nach § 117 BGB nichtig. Mangels wirksamer Willenserklärungen kam vor dem Notar daher kein gültiger Kaufvertrag zustande. Der außerhalb des Notartermins abgeschlossene Kaufvertrag mit einem Kaufpreis in Höhe von 300.000,00 € ist nichtig, weil er nicht beurkundet wurde. Durch die Auflassung wurde der nicht beurkundete Kaufvertrag allerdings wirksam und der Formmangel der fehlenden Beurkundung nach § 311 b BGB geheilt. Der handschriftliche Immobilienkaufvertrag ist damit durch nachträgliche Heilung wirksam geworden und die Gaststätte wurde wirksam an Herrn Meier für 300.000,00 € verkauft.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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