Der Immobilienkaufvertrag – Teil 04 – Beurkundung beim Bauträgervertrag, Beurkundungspflicht für Vollmachten, Beurkundungspflicht für Änderung und Aufhebung des Vertrages

2.3.1.2 Beurkundung beim Bauträgervertrag

Wird ein Grundstückserwerb mit der werkvertraglichen Verpflichtung zur Errichtung eines Gebäudes verknüpft, handelt es sich bei dem Immobilienkaufvertrag regelmäßig um einen sogenannten Bauträgervertrag. Der Verkäufer des Baugrundstücks ist in der Regel zugleich das Bauunternehmen, das die darauf zu errichtende Immobilie baut und mitverkauft. Werkvertrag und Immobilienkaufvertrag bedingen sich dabei typischerweise gegenseitig, weshalb die Beurkundungspflicht sich auf beide Verträge erstreckt.

Der selbstständige Werkvertrag mit dem Bauunternehmer ist ausnahmsweise nicht beurkundungspflichtig, wenn der Immobilienkaufvertrag über das Grundstück unabhängig von dem Auftrag des Hausbaus bestehen bleibt.

Hier sind zwei Alternativen möglich:

  • Der Käufer ist im Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrages nicht zum Abschluss eines Werkvertragsschlusses mit dem verkaufenden Bauunternehmer verpflichtet (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn. 91).
  • Der Werkvertrag wird bereits vor Beurkundung des Grundstückskaufvertrages geschlossen und ist daher lediglich Motiv für den späteren Grundstückskauf (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn. 92/93).

Für den Umfang der Verpflichtung zur Beurkundung, wird im Einzelfall darauf abgestellt, ob die Parteien übereinstimmend davon ausgehen, dass der Grundstückserwerb vom Abschluss des Bauvertrags abhängt (vgl. BGH, Entscheidung vom 22.07.2010, Az.: VII ZR 246/08). Diese Abhängigkeit wird insbesondere dann angenommen, wenn sich der Bauvertrag oder das Interesse des Auftraggebers bereits auf ein bestimmtes Grundstück konkretisiert haben (vgl. BGH, Entscheidung vom 22.07.2010, Az.: VII ZR 246/08; BGH, Entscheidung vom 12.02.2009, Az.: VII ZR 230/07). Sobald eine Beurkundungspflicht besteht ist die Verknüpfung in den Immobilienkaufvertrag aufzunehmen (vgl. oben Punkt 2.3.1.1).

Beispiel
Die Firma Meier ist ein Bauunternehmen, das Eigenheime errichtet und bei entsprechendem Auftrag auch den Bauplatz verkauft. Die Firma Meier findet den interessierten Kunden Herr Müller und verabredet sich mit diesem bei dem Notar. Vor dem Termin vereinbaren die Parteien, zu verschweigen, dass der Verkauf des Bauplatzes, von dem Auftrag zur Errichtung eines Eigenheims für die Firma Meier abhängig sein soll, um damit einen Teil der Grunderwerbssteuer einzusparen.

  • Der Notar wird sich auf die Absicht der Vertragsparteien nicht einlassen, da ansonsten ein "verdeckter Bauträgervertrag" vorläge und die Parteien sich dadurch regelmäßig der Straftat der Steuerverkürzung bzw. Steuerhinterziehung schuldig machen können. Darüber hinaus ist der Immobilienkaufvertrag über das Grundstück nichtig, weil die Beurkundung fehlt, § 125 BGB. Der Werkvertrag ist nichtig nach § 139 BGB, weil der Vertrag, von dem er abhängt (der Immobilienkaufvertrag) nichtig ist (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn. 91).

2.3.1.3 Beurkundungspflicht für Vollmachten

Eine Vollmacht zum Abschluss eines Immobilienkaufvertrages ist grundsätzlich formfrei nach § 167 Abs. 2 BGB möglich. Wird sie allerdings für den Erwerb oder die Veräußerung eines Grundstücks erteilt, ist die Vollmacht, einschließlich des Vollmachtauftrags beurkundungspflichtig (vgl. Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 311b, Rn. 19; vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn.104).

Die notarielle Beurkundung der Vollmacht ist daher in folgenden Fällen erforderlich:

  • die Vollmacht ist Teil eines formbedürftigen einheitlichen Immobilienvertrages
  • wenn sie für den Vollmachtgeber eine rechtliche oder tatsächliche Bindung zur Grundstückveräußerung oder zum Grundstückserwerb begründet (vgl. Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 311b, Rn. 19)
  • die Vollmacht wird im Zusammenhang mit dem Immobilienvertrag für die Vornahme der Auflassung erteilt (vgl. Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 311b, Rn. 22).

Beispiel
Der alleinige Immobilieneigentümer I will sein Hofgrundstück für 500.000,00 € veräußern und beauftragt den Makler M mit der Veräußerung der Immobilie. Nach kurzer Zeit findet M den Kaufinteressent K der sich zu einem Kaufvertragsabschluss bereit erklärt. I gibt M den Auftrag sich vollständig um die Veräußerung zu kümmern, ihn bei den Notarterminen und der späteren Auflassung zu vertreten und erteilt dafür eine unwiderrufliche Vollmacht.

  • Die erteilte Vollmacht und der zu Grunde liegende Auftrag für die Immobilienveräußerung und die Auflassung sind hier formbedürftig. Durch die unwiderrufliche Vollmacht zur Grundstückveräußerung entsteht für I eine direkte rechtliche Bindungswirkung hinsichtlich des formbedürftigen Immobiliengeschäfts. Die Vollmacht und der Auftrag müssen daher notariell beurkundet werden.

2.3.1.4 Beurkundungspflicht für Änderung und Aufhebung des Vertrages

Wollen der Käufer oder der Verkäufer nach Abschluss des Immobilienkaufvertrages Änderungen oder Ergänzungen im Vertrag vornehmen, sind diese von der Beurkundungspflicht erfasst (vgl. Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 311b, Rn. 41; vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn.108). Es reicht nicht, selbst handschriftlich Änderungen vorzunehmen. Die Kaufvertragsparteien müssen alle Zusätze, Erweiterungen, Kürzungen oder sonstige Änderungen notariell beurkunden lassen nach § 311b BGB.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht in Einzelfällen (vgl. Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 311b, Rn. 42 ff) bei Änderungen, die

  • weder eine Erweiterung noch Verschärfung der Veräußerungs- oder Erwerbspflicht vorsehen, wenn z.B. der vereinbarten Frist für ein vertragliches Rücktrittsrecht verlängert wird (so nach BGH 66, 270), die Änderung sonstiger Rücktrittsvoraussetzungen ist allerdings beurkundungsbedürftig (BGH, Entscheidung vom 08.04.1988, Az.: V ZR 260/86).
  • lediglich deklaratorischer Natur sind und den Inhalt der gegenseitigen Leistungspflichten im Kern unberührt lassen (Behebung von Abwicklungsschwierigkeiten bei Festlegung eines anderen Zahlungsweges)
  • nach der Auflassung vorgenommen werden sollen (nicht bei Änderungen der Voraussetzungen für die Vornahme der Auflassung).

Wollen die Kaufvertragsparteien den Immobilienkaufvertrag aufheben, kommt es für die Formbedürftigkeit der Aufhebungsvereinbarung darauf an, ob der Kaufvertrag bereits vollzogen ist oder nicht:

  • Ist der Kaufpreis gezahlt und die Auflassung mit Eigentumsumschreibung vollzogen, muss der Aushebungsvertrag notariell beurkundet werden, da es sich auch hier um eine Grundstücksübertragung handelt.
  • Ist der Kaufvertrag noch nicht vollzogen, ist die Aufhebung des Vertrages nur dann formbedürftig, wenn bereits ein Anwartschaftsrecht des Erwerbers entstanden ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Auflassung bereits erklärt ist und entweder die Vormerkung eingetragen oder bereits ein Antrag auf Umschreibung des Eigentums gestellt ist (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn.112; vgl. Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 311b, Rn. 40 ff).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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