Der Immobilienkaufvertrag – Teil 02 – Sicherung des schuldrechtlichen Vertrages - Vormerkung

2.2.3 Sicherung des schuldrechtlichen Vertrages: Vormerkung

Vor der eigentumsverschaffenden Auflassung samt Eintragung, wird bei dem Immobilienerwerb häufig ein besonderer Rechtsakt vorgeschaltet, der die gegenseitigen Ansprüche des Veräußerers und des Käufers sichern soll. Dies ist die sogenannte Vormerkung nach § 883 BGB, die auch als Auflassungsvormerkung oder Übereignungsvormerkung bezeichnet wird.

Die Vormerkung dient der Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs auf Einräumung, Aufhebung oder Änderung eines Grundstücksrechts. Um diese Sicherung zu erreichen, wird das Bestehen eines Anspruchs in das Grundbuch bei dem vertragsgegenständlichen Grundstück eingetragen. Das zu sichernde Recht ist somit für jedermann ersichtlich im Grundbuch eingetragen und damit vorgemerkt. Bei dem Immobilienerwerb wird regelmäßig der Anspruch des Käufers auf Übertragung des Grundstücks eingetragen und durch die Vormerkung gesichert.

2.2.3.1 Sinn und Zweck der Vormerkung

Bei dem Immobilienkauf ergibt sich der Sinn und Zweck der Vormerkung aus dem Sicherungsbedürfnis der Vertragsparteien für ihre Ansprüche aus dem Kaufvertrag, denn bei Vertragsschluss werden die Leistungen der Kaufpreiszahlung und der Eigentumsübertragung nicht gleichzeitig erfüllt. Vielmehr sind die Zahlung des Immobilienkaufpreises und die Eigentumsübertragung zeitlich nachgeschaltet. Beide Leistungen können unabhängig voneinander erfolgen.

2.2.3.2 Absicherung des Käufers

Zahlt der Käufer den vollen Kaufpreis, ohne dass bereits die Auflassung vorgenommen ist, besteht das Risiko, dass es zu keiner Eigentumseintragung zu seinen Gunsten kommt. Solange keine grundbuchrechtliche Eintragung besteht hat er keine Rechte am vertragsgegenständlichen Grundstück. Die allein vertragliche Erklärung zur Eigentumsverschaffung ohne Auflassung reicht nicht um den Anspruch auf Eigentumserwerb durchzusetzen.

Durch die Eintragung einer Vormerkung ins Grundbuch, werden die Rechte und die Kaufpreiszahlungen des Immobilienerwerbers abgesichert. Der Erwerber erhält ein eingetragenes Recht am Grundstück, das den Veräußerer hindert, das Grundstück zwischen Abschluss des Immobilienkaufvertrages und Eintragung des Erwerbers im Grundbuch an einen Dritten zu verkaufen oder nach dem Kaufvertragsabschluss noch Hypotheken oder Grundschulden eintragen zu lassen, § 883 Abs. 2 BGB. Die Auflassungsvormerkung wirkt als Sperre zum Schutz des Käufers, vor nachteiligen späteren Veränderungen im Grundbuch (vgl. Bassenge, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 883 Rn. 3 und 14).

Damit der Käufer die Kaufpreiszahlung nicht vorleisten muss, empfiehlt es sich, die Eintragung der Vormerkung mit dem Fälligkeitszeitpunkt des Kaufpreises zu verknüpfen. Der Kaufpreis ist dann erst zu bezahlen, wenn die Vormerkung eingetragen ist.

Beispiel
Herr Müller (M) verkauft seine Eigentumswohnung an das Ehepaar Ehrlich (E). Im Grundbuch bestehen keine eingetragenen Lasten an der Eigentumswohnung und so schließen die Parteien einen wirksamen Immobilienkaufvertrag über die Eigentumswohnung. Zwei Wochen nach Vertragsabschluss wird zu Gunsten des Ehepaars E eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen und der Kaufpreis fällig gestellt. Eine Woche später bietet Immobilienhändler (I) dem M einen höheren Kaufpreis. Daraufhin verkauft M das Grundstück in einem neuen Immobilienkaufvertrag an I und lässt das Grundstück sogleich an I auf, der als neuer Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wird.

  • Der Eigentumserwerb des I an der Eigentumswohnung des M konnte gegenüber dem Ehepaar Ehrlich nicht wirksam erfolgen. Deren Anspruch auf Eigentumserwerb war nämlich durch die Vormerkung nach § 883 Abs. 2 S. 2 BGB gesichert sind. Durch diesen "zweiten" Verkauf der Eigentumswohnung würde das Recht der Eheleute vereitelt werden und deshalb ist der Eigentumserwerb des I gegenüber E nach § 883 Abs. 2 S. 1 BGB unwirksam. Die Eheleute können von M verlangen, dass er ihnen das Eigentum an der Eigentumswohnung, wie im Kaufvertrag vereinbart, verschafft (§ 433 Abs. 1 BGB) und die notwendige Auflassungserklärung gemäß § 925 BGB abgibt.

2.2.3.3 Absicherung des Verkäufers

Die Vormerkung sichert den Verkäufer vor einem zu schnellen Eigentumsverlust ab, da für den Käufer zunächst nur das "Recht zum Vollerwerb" in das Grundbuch eingetragen wird.
Würde der Verkäufer sofort die Auflassung erklären und die Eintragung des Käufers bewilligen, verschafft er diesem einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erwerb des Eigentums, unabhängig davon ob der Kaufpreis bereits gezahlt ist. Damit würde er riskieren, dass er sein Eigentum verliert ohne als Gegenleistung die Kaufpreiszahlung zu erhalten. Regelmäßig wird vereinbart, dass der Notar erst bei vollständiger Kaufpreiszahlung die Löschung der Vormerkung und Eintragung des Eigentumswechsels veranlassen soll. Der Verkäufer wird so vor einem Eigentumsverlust vor vollständiger Kaufpreiszahlung geschützt.

2.2.3.4 Voraussetzungen der Vormerkung

Damit eine Vormerkung zu Gunsten des Käufers eingetragen werden kann, müssen gemäß §§ 883, 885 BGB folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Bestehen eines vormerkungsfähigen Anspruchs
  • Bewilligung (oder einstweilige Verfügung) des Veräußerers
  • Eintragung in das Grundbuch

Ein vormerkungsfähiger Anspruch ist ein bestehender auf eine dingliche Rechtänderung bezogener Anspruch, wie er z.B. bei einem notariell beurkundeten Immobilienkaufvertrag besteht. Insoweit erhält der Käufer den schuldrechtlichen Anspruch auf die dingliche Rechtsänderung der Eigentümerstellung an einem Grundstück. Sobald der Kaufvertrag unterschrieben ist, besteht der Anspruch rechtsverbindlich. Soll ein zukünftiger Anspruch, wie z.B. ein Kaufangebot, im Grundbuch vorgemerkt werden, geht das nur dann, wenn der Anspruch bereits rechtsverbindlich soweit vorbereitet ist, dass die Entstehung nur noch vom Willen des künftigen Berechtigten abhängt (BGHZ12, 115, 118; Kropholler, BGB Studienkommentar, 10. Auflage, § 883 Rn. 3)

Für die Eintragung der Vormerkung ist, wie bei der Auflassung, vorher eine entsprechende Bewilligung der Vormerkung zu erklären. Die Erklärung kann bei dem Grundbuchamt oder gegenüber dem Inhaber des zu sichernden Anspruchs erfolgen, muss aber nach § 29 GBO in notariell beurkundeter Form vorliegen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


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Stand: Januar 2017


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Portrait Michael-Kaiser Michael Kaiser, Rechtsanwalt


Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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