Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Teil 28 – Befreiung vom Verbot der Selbstkontrahierung

1.5.5. Befreiung vom Verbot der Selbstkontrahierung

§ 181 BGB verbietet das Insichgeschäft. Bei einem Insichgeschäft handelt nur eine Person, z.B. als Privatperson auf der einen Seite und als Organ (Geschäftsführer einer GmbH) auf der anderen Seite.
Dies kann auf Grund der verschiedenen Interessen und unterschiedlichen Rechten und Pflichten zu Interessenskonflikten führen. Bei einer GmbH besteht z.B. die Pflicht, Geschäfte im Interesse der GmbH zu tätigen, während eine Privatperson nur seine eigenen Interessen zu beachten hat.

Beispiel:

A ist Geschäftsführer der Vermögen Bereicherungs GmbH und arbeitet zugleich als Aktienhändler. A darf für die GmbH keine risikoreichen Aktien von sich selbst erwerben, nur um dafür eine hohe Provision als Aktienverkäufer zu erhalten. Ein solches Risikogeschäft, das dem Geschäftsführer A eine Provision einbringt stellt ein verbotenes Insichgeschäft dar.
Durch die Satzung kann ein Geschäftsführer vom Verbot der Insichgeschäfte befreit werden. Durch eine Ermächtigung zum Abschluss von Insichgeschäften kann in das Vermögen der GmbH durch das Handeln einer einzigen Person in erheblicher Weise eingegriffen werden. Diesem Risiko sollten sich Gesellschafter, bevor sie einem Geschäftsführer eine Ermächtigung zu Insichgeschäften erteilen, bewusst sein. Eine Ermächtigung zum Abschluss von Insichgeschäften schränkt die gegenseitige Kontrolle erheblich ein.

Durch eine Regelung, mit der die Befreiung von Insichgeschäften betrags- und geschäftsabhängig gemacht wird, wird das Interesse der GmbH, an einer wirksamen und effektiven Geschäftsführer und die Vermögenserhaltung gewahrt

Beispiel:

A, B und C haben die Gummibaum Pflege GmbH gegründet. Sie sind zu gleichen Teilen Gesellschafter und wollen, dass A die Geschäfte alleine führt. Dabei wollen sie aber vermeiden, dass er hinter dem Rücken der anderen tätig wird und sie betrügt. Deswegen ist in der Satzung Folgendes geregelt:

§ 16 Befreiung von der Selbstkontrahierung
1. Der alleiniger Geschäftsführer ist vom Verbot der Selbstkontrahierung befreit.
2. Die Befreiung gilt nicht für Geschäfte, die hinsichtlich des Vermögens der GmbH ein erhebliches Risiko darstellen, wie der Kauf von Grundstück, Sachwerten oder Aktien, die einen Betrag in Höhe von 10.000 € übersteigen. Für diese Geschäfte muss der Geschäftsführer vorher die Einwilligung der Gesellschafterversammlung einholen. Die Befreiung des Selbstkontrahierens für solche Geschäfte kann mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.
3. Tätigt der Geschäftsführer trotz des Verbots und ohne vorherige Einwilligung solche Geschäfte, kann die Gesellschafterversammlung diese Geschäfte im Nachhinein mit Beschluss genehmigen.
4. Ist der Geschäftsführer auch Gesellschafter, darf er bei den unter Ziff. 2 und 3 aufgeführten Beschlussfassungen nicht mitstimmen.
5. Für einen durch Missachtung der in dieser Vorschrift aufgestellten Regelung entstandenen Schaden haftet der Geschäftsführer.

Beispiel:

Der Gesellschafter-Geschäftsführer C der A-GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb von Elektronikfilialen ist, besitzt mehrere bebaubare Grundstücke in seinem Privatbesitz. Als die GmbH expandieren will, verkauft er der GmbH das Grundstücke X für 50.000 € und das Grundstück Y für 80.000 €. Durch die Satzung ist er nicht von Insichgeschäften befreit. Er will mit dem Verkaufserlös private Schulden tilgen. Als Gesellschafter D von den Verkäufen erfährt, beruft er die Gesellschafterversammlung ein, die einen Gutachter für die Bewertung der beiden Grundstücke beauftragt. Das Gutachten ergibt, dass das Grundstück X einen Verkehrswert von 60.000 € hat und das Grundstück Y nur einen von 30.000 €.
Deswegen beschließen die Gesellschafter, den Verkauf des Grundstücks X zu genehmigen. Den Verkauf des Grundstück Y genehmigen sie nicht. Der Kaufvertrag ist damit unwirksam. Der Gesellschafter-Geschäftsführer G muss der GmbH den Kaufbetrag zurückerstatten und ggf. Schadensersatz leisten.

Eine Einmann-GmbH sollte satzungsmäßig immer die Befreiung des Selbstkontrahierens regeln.

Ist in der Satzung einer KG bei einer GmbH & Co. KG eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot für die GmbH als persönlich haftende Komplementärin geregelt, muss der Geschäftsführer der GmbH nicht mehr von der Selbstkontrahierung befreit werden.

Beispiel:

A ist Geschäftsführer der X-GmbH, die wiederum Komplementärin der X-GmbH & Co. KG ist. Die X-GmbH & Co. KG wird durch die X-GmbH vertreten. A ist durch die Satzung der X-GmbH und durch die Satzung der X-GmbH & Co. KG von dem Selbstkontrahierungsverbot befreit. A will für die KG ein Grundstück von der GmbH erwerben. Dies ist aufgrund der Befreiung vom Verbot möglich.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Die GmbH Satzung in Theorie und Praxis“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Fabian Dietz, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-40-3.


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Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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  • Wahl des Firmennamens
  • Gesellschaftsgründungen:
    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Liquidation von Gesellschaften
  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
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Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 181 BGB

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