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Das neue Familienrecht 2012 - Teil 2 - Versorgungsausgleich

2. Zugewinnausgleich

Zugewinnausgleich ist vereinfacht ausgedrückt die Vermögensauseinandersetzung der Eheleute anlässlich der Scheidung. Hierbei wird ein Vergleich zwischen dem Anfangsvermögen (Vermögen zum Zeitpunkt des standesamtlichen Hochzeitsdatums) und dem Endvermögen eines jeweiligen Ehegatten (das ist das Vermögen an dem Tag der Zustellung des Scheidungsantrags) vorgenommen. Zugewinn ist der Zuwachs zwischen dem Anfangsvermögen und dem Endvermögen eines jeweiligen Ehegatten.
Der Ehegatte, der einen höheren Zuwachs (Zugewinn) während der Ehe zu verzeichnen hat, ist dem anderen in der Hälfte dieser Höhe in Geld ausgleichspflichtig.
Das Anfangsvermögen wird inflationsbereinigt indexiert, um den Kaufkraftschwund auszugleichen. Die Indexzahlen ergeben sich aus den entsprechenden Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes bzw. entsprechender Behörden und sind im Internet abrufbar.
Neu und wichtig ist, dass es jetzt auch ein sogenanntes negatives Anfangsvermögen gibt. D.h., wenn ein Ehegatte mit Schulden in die Ehe ging und während der Ehe seine Schulden abbezahlt hat und jetzt am Ende der Ehe schuldenfrei ist (sonst aber kein weiteres Vermögen hat), ist die Schuldentilgung jetzt als Zugewinn zu werten. Auch das negative Anfangsvermögen wird inflationsbereinigt indexiert, was insbesondere bei hohen Schulden zu Beginn der Ehe erhebliche Auswirkungen auf das Zugewinnergebnis haben kann. Man sollte also im Streitfall darauf achten, dass der andere Ehegatte insbesondere auch seine Schulden zu Beginn der Ehe mitteilt.

Eine weitere wichtige Neuregelung im Zugewinnausgleich ist ein zusätzlicher Auskunfts- und Beleganspruch über das Vermögen (Aktiva und Passiva) des jeweiligen Ehegatten zum Zeitpunkt der Trennung.
Der Gesetzgeber wollte damit die nach frühem Recht an der Tagesordnung liegenden Manipulationen (insbesondere Vermögensreduzierungen) zwischen dem Zeitpunkt der Trennung und dem Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags (Endvermögensstichtag) verhindern bzw. zumindest sanktionieren. Weil der Zugewinn eines jeweiligen Ehegatten erst berechnet werden kann, wenn der Scheidungsantrag zugestellt und damit exakt an diesem Tag auch der sogenannte Endvermögensstichtag ausgelöst wird, konnte nach früherem Recht ein Ehegatte in der Zeit von Trennung bis Zustellung des Scheidungsantrags ( i.d. Regel also mindestens 1 Jahr lang) sein Vermögen durchaus erfolgreich verschieben und damit der Zugewinnberechnung zu Lasten des anderen Ehegatten entziehen.

Nach neuem Recht vergleicht man jetzt das Vermögen eines jeden Ehegatten zum Zeitpunkt der Trennung und zum Zeitpunkt des Endvermögensstichtags (Zustellungsdatum Scheidungsantrag). Und ist das Vermögen des Ehegatten in diesem Zeitraum erheblich verringert worden, so muss dieser Ehegatte darlegen und nachweisen, wo das Vermögen in dieser Zeit geblieben ist bzw. wie es verwendet wurde. Kann er dies nicht nachvollziehbar/ plausibel darlegen und beweisen, wird er so behandelt, als hätte er am Endvermögensstichtag zumindest noch ein gleich hohes Vermögen wie zum Zeitpunkt der Trennung. Deshalb sollte man anlässlich der Trennung bereits darauf bestehen, dass eine solche Auskunft auch erteilt und belegt wird. Wenn sich der andere Ehegatte loyal verhält, so hat keiner etwas zu befürchten. Allerdings hat der Gesetzgeber die Beweislast für den Trennungszeitpunkt dem Ehegatten auferlegt, der sich auf den Trennungszeitpunkt und den an diesem Tag bestehenden Auskunfts- und Beleganspruch beruft. Dies hat insbesondere in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten verursacht, wenn der andere Ehegatte den Trennungszeitpunkt einfach bestreitet oder einen anderen (für ihn günstigeren) Trennungstag für richtig hält. Es ist deshalb dringend empfehlenswert, den Zeitpunkt der Trennung nachweisbar zu dokumentieren (z.B. in einem Schreiben an den anderen Ehegatten in Zusammenhang mit einer Haushaltsaufteilung). Um seiner dann einmal errechneten Zugewinnausgleichspflicht nachzukommen, muss der ausgleichsverpflichtete Ehegatte notfalls sein gesamtes Endvermögen einsetzen. Hat er allerdings illoyal sein Vermögen bis dahin vermindert, muss er sich notfalls auch verschulden (Kredit aufnehmen), um die Zugewinnausgleichsforderung zu erfüllen. Im schlimmsten Fall muss er in die Insolvenz.

Vermögensänderungen nach Zustellung des Scheidungsantrags können die Anspruchshöhe entgegen bisheriger Rechtslage auch nicht mehr beeinflussen. Die Höhe der Ausgleichsforderung ist also auf den Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags festgeschrieben, § 1384 BGB. Wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte also nach der Zustellung des Scheidungsantrag eine Vermögensminderung erleiden musste (gleich warum) kann er die von ihm zu zahlende Zugewinnausgleichsforderung also nicht mehr auf das zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Ehescheidung (nur) noch bei ihm vorhandene Vermögen beschränken. Zur Zahlung fällig wird der berechnete Zugewinnausgleich aber wie bisher erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung und ist im gesetzlicher Höhe von da an verzinslich.

Eine weitere wichtige Neuregelung betrifft den Hausrat. Ehegemeinsamer Hausrat wird im Zugewinn überhaupt nicht berücksichtigt, sondern unterliegt im Streitfall ausschließlich der Hausratsteilung. Hausratsgegenstände die nachweislich einem Ehegatten zu Alleineigentum zuzuordnen sind, unterfallen allerdings dem Endvermögen des jeweiligen Ehegatten und unterliegen damit im Ergebnis dem Zugewinnausgleich. Je nach dem welcher Ehegatte zugewinnausgleichspflichtig ist, kann es für diesen also von erheblicher Bedeutung sein, ob ein Haushaltsgegenstand der Haushaltsteilung zuzuordnen ist, oder dem Zugewinnausgleich unterfällt. Dies betrifft insbesondere das Dauerstreitthema „Pkw“.

Im Hinblick auf die Neuregelung des Versorgungsausgleichs (siehe Teil 3. dieser Serie) können auch Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht noch dem Zugewinnausgleich zugeordnet werden, sofern ein entsprechendes Wahlrecht rechtzeitig ausgeübt wird. Und ist dann z.B. durch Ehevertrag zuvor der Zugewinnausgleich ausgeschlossen worden, ist diese Versicherung für den anderen Ehegatten nicht mehr erreichbar, auch nicht über den Versorgungsausgleich.

Eine weitere wichtige Neuregelung im Zugewinnausgleich ist die Sicherung vor illoyalen Vermögensverfügungen bzw. einer Gefährdung des Zugewinnausgleichsanspruchs. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Zugewinnausgleich erleichtert. Es besteht die Möglichkeit einer vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft. Es kann auch auf sofortige Zahlung geklagt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der Zugewinn überhaupt durch entsprechende wechselseitige Auskunftserteilung berechnet werden kann. Voraussetzung für einen vorzeitigen Zu-gewinnausgleich sind alternativ, dass:

  1. die Ehegatten seit mindestens 3 Jahren getrennt leben, oder
  2. Handlungen der in §§ 1365 oder 1375 Abs. 2 bezeichneten Art zu befürchten sind (ein Ehegatte beabsichtigt z.B. über einen Vermögensgegenstand zu Verfügen, der sein wesentliches Vermögen darstellt oder verschiebt Gelder) und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der Aus-gleichsforderung zu besorgen ist, oder
  3. der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat und anzunehmen ist, dass er Sie in Zukunft nicht erfüllen wird, oder
  4. oder der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert, oder sich ohne ausreichenden Grund bis zur Erhebung der Klage auf Auskunft beharrlich geweigert hat, den anderen Ehegatten über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.

In diesen Fällen tritt für die Berechnung des Zugewinns und die Höhe des Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstandes (Zustellung des Scheidungsantrags) nunmehr der Zeitpunkt der entsprechenden Klagerhebung. Die Sicherung der Ausgleichsforderung infolge der vorzeitigen Aufhebung des Zugewinnausgleichs erfolgt durch den Arrest nach § 916 ZPO.

Neu ist auch die Regelung in § 1390 BGB. Danach kann ein ausgleichspflichtiger Ehegatte von einem Dritten Ersatz des Wertes einer unentgeltlichen Zuwendung (Schenkung) des ausgleichspflichtigen Ehegatten an diesen Dritten verlangen, wenn:

  1. der ausgleichspflichtige Ehegatte die unentgeltliche Zuwendung an den Dritten in der Absicht gemacht hat, den ausgleichsberechtigten Ehegatten zu benachteiligen, und
  2. die Höhe der Ausgleichsforderung und den Wert den Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhandenen Vermögens des ausgleichspflichtigen Ehegatten übersteigt.

Es kann grundsätzlich gegen den Dritten direkt eine Zahlungsklage eingereicht werden. Der Dritter haftet in voller Höhe auch dann, wenn die Ausgleichsforderung das Endvermögen nur teilweise übersteigt. Der illoyale handelnde Ehegatte und der begünstigte Dritte haften dem zugewinnberechtigten Ehegatten als Gesamtschuldner. Der Dritte kann wie bisher die Zahlung durch die Herausgabe des erlangten Gegenstandes abwenden.


 

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Stand: April 2012


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