DIE HANDELSVERTRETERPROVISION - EINFÜHRUNG - Teil 6 - Provisionspflichtige Geschäfte des Handelsvertreters: Problemfälle der Provision (1)

7. Problemfälle der Provision

Es gibt eine Reihe von provisionsrechtlichen Fallgestaltungen, die problematisch sein können:

  • Mehrere Handelsvertreter sind an Geschäftsvermittlung beteiligt. Wer kriegt die Provision (Fußnote)
  • Bezirksprovision bei Geschäften mit Haupt- und Zweigniederlassungen (Fußnote)
  • Sitzverlegung von Bezirkskunden (7.3.)
  • Provision bei Messegeschäften (7.4.)
  • Provision bei Eigengeschäften (7.5.)
  • Bezirksprovision bei schuldhafter Untätigkeit des Handelsvertreters (Fußnote)
  • Bezirksprovision bei Krankheit (7.7.)

7.1. Beteiligung mehrerer Handelsvertreter am Abschluss des Geschäfts

Bei der Beteiligung mehrerer Handelsvertreter am Geschäftsabschluss sind zwei Fallkonstellationen möglich:

  • Die Handelsvertreter werden nacheinander tätig (Fußnote)
  • Die Handelsvertreter werden nebeneinander tätig (Fußnote)

In beiden Fällen ist vorauszusetzen, dass die beteiligten Handelsvertreter beim Geschäftsabschluss in befugter Weise mitgewirkt haben.

7.1.1. Tätigwerden nacheinander

Werden die Handelsvertreter als Vermittlungs- und Abschlussvertreter (Fußnote) nacheinander tätig, steht grundsätzlich nur dem ausgeschiedenen Handelsvertreter ein Anspruch auf Die Handelsvertreterprovision zu. Der Nachfolger geht leer aus. Einzige Ausnahme bildet die Provisionsteilung zwischen ausgeschiedenem Handelsvertreter und dessen Nachfolger gem. § 87 Abs. 3 Satz 2 HGB.

Die gleiche Regelung gilt auch für den Bezirksvertreter, § 87 Abs. 2 HGB. Steht die Provision dem Vorgänger zu, hat der nachfolgende Handelsvertreter keinen Provisionsanspruch.

Hier soll die Ausführungen zur Provision bei überwiegender Geschäftsvermittlung durch den Vorgänger Fußnote) verwiesen werden.

7.1.2. Tätigwerden nebeneinander

Umstritten ist die folgende nicht geregelte Rechtslage: Mehrere Handelsvertreter werden berechtigterweise nebeneinander tätig und sind für den Geschäftsabschluss mitursächlich geworden.

In diesen Fällen ergibt sich eine sog. Provisionskollision auch: Provisionskonkurrenz.

Sind mehrere Handelsvertreter für den Geschäftsabschluss ursächlich geworden, richtet sich der Anspruch auf Provision zunächst nach der vertraglichen Vereinbarung mit dem Unternehmer. Der Unternehmer sollte durch entsprechende Vereinbarung in seinen Handelsvertreterverträgen einer solchen Provisionskollision vorbeugen.

Beispiele:

  • Unternehmer und Handelsvertreter vereinbaren, dass nur demjenigen Handelsvertreter ein Provisionsanspruch zustehen soll, der den Geschäftsabschluss maßgeblich herbeigeführt hat.
  • Die Parteien vereinbaren, dass bei Vermittlungstätigkeit mehrerer Handelsvertreter eine gleiche Teilung der Provision zwischen den Handelsvertretern erfolgt, unabhängig vom Grad ihrer Mitursächlichkeit.

Besteht keine vertragliche Vereinbarung, so sieht die Rechtsprechung vor, dass jeder ursächlich tätig gewordene Handelsvertreter einen eigenständigen vollen Provisionsanspruch hat.

7.2. Geschäfte mit Haupt- und Zweigniederlassungen

Problematisch können Geschäfte mit Haupt- und/oder Zweigniederlassungen sein, die in jeweils unterschiedlichen Vertreterbezirken liegen.

Welcher Bezirksvertreter hat in diesen Fällen Anspruch auf Provision?
Grundsätzlich gilt bei Bezirksvertretern gem. § 87 Abs. 2 HGB, dass alle Geschäfte, die zwischen dem vertretenen Unternehmer einerseits und bezirkszugehörigen Kunden andererseits zustande kommen, für den Bezirksvertreter provisionspflichtig sind.

An diesem Grundsatz ändert sich nichts, wenn es sich um Geschäfte mit Haupt- oder Zweigniederlassungen handelt, die in verschiedenen Vertreterbezirken liegen. Es kommt in diesen Fällen entscheidend darauf an, ob die Haupt- oder Zweigniederlassung das Geschäft in selbständiger Entscheidungsbefugnis abgeschlossen hat:

Ordert die Zweigniederlassung aufgrund ihrer Entscheidungsfreiheit und Selbstständigkeit eine Bestellung, erwirbt der Bezirksvertreter einen Provisionsanspruch, in dessen Bezirk die Zweigniederlassung ihren Sitz hat. Der für die Hauptniederlassung zuständige Bezirksvertreter kann keine Provisionsansprüche geltend machen.

Erteilt umgekehrt die Hauptniederlassung einen Auftrag, erhält derjenige Bezirksvertreter einen Anspruch auf Provision, in dessen Bezirk die Hauptniederlassung ihren Sitz hat. Der für den Hauptniederlassungsbezirk zuständige Handelsvertreter erhält den Provisionsanspruch auch dann, wenn die Lieferung an eine bezirksfremde Zweigniederlassung erfolgt.

In Einzelfällen kann die Beurteilung schwierig sein, ob eine Zweigniederlassung rechtlich selbständig ist und Entscheidungsfreiheit besitzt.

7.3. Sitzverlegung eines Bezirkskunden

Ob ein Geschäft für den Bezirksvertreter (Fußnote) weiterhin provisionspflichtig ist, kann problematisch sein, wenn ein Bezirkskunde seinen Sitz in einen anderen Vertretungsbezirk verlegt.

Meinungsverschiedenheiten gibt es oft darüber, wenn es sich bei dem Kunden um eine für den bisherigen Bezirksvertreter wesentliche Geschäftsverbindung gehandelt hat. Für den bisher zuständigen Bezirksvertreter besteht ein Anspruch auf Provision für die Geschäfte, die vor der Sitzverlegung des Kunden zustande gekommen sind. Aus den Geschäften, die erst nach der Sitzverlegung zustande kommen, entsteht nur dem Handelsvertreter eine Bezirksprovision, in dessen Bezirk der Kunde seinen Sitz verlegt hat .


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Juli 2007


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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  • Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
  • Schuldübernahme des vorhergehenden Franchisenehmers nach 25 HGB als Risiko bei der Fortführung Franchisestandorte durch neue Franchisenehmer
  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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