Crowdfunding – Teil 05 – Plattformbetreiber mit Sitz im Ausland
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
2.2.1.1.2.3 Plattformbetreiber mit Sitz im Ausland
Auch ausländische Crowdinvesting- Plattforme benötigen eine gewerberechtliche Erlaubnis, wenn sie in Deutschland tätig werden. Eine Tätigkeit in Deutschland liegt schon dann vor, wenn Anlagen auch an das deutsche Publikum vermittelt werden sollen. Es ist nicht erforderlich, dass die Crowdinvesting-Plattform eine (Fußnote)Gesellschaft mit Sitz in Deutschland gründet. Allerdings kann der fehlende Sitz in Deutschland zu praktischen Problemen führen. Behörden halten sich häufig für unzuständig, wenn die ausländische Plattform keinen Sitz in ihrem Zuständigkeitsbereich hat. Da ein solcher Anknüpfungspunkt gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, hat diese Praxis keine rechtliche Grundlage. Dennoch scheinen manche Behörden daran festhalten zu wollen. (Fußnote).
2.2.1.2 Informations- und Prospektpflichten
Gesetzliche Informations- bzw. Prospektpflichten dienen dazu, den Anleger über das abzuschließende Geschäft im Vorfeld aufzuklären und ihm dadurch eine informierte und verantwortungsvolle Entscheidung zu ermöglichen. Prospektpflichten können dabei als eine spezielle Ausprägung der allgemeinen Informationspflichten angesehen werden. Während sich Prospektpflichten ausschließlich aus dem Kapitalmarktrecht ergeben, können sonstige Informationsrechte ihre Grundlage sowohl im Kapitalmarkt- als auch im allgemeinen Zivilrecht haben.
2.2.1.2.1 Prospektpflicht und Ausnahme
Die Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts kann sich aus verschiedenen Gesetzen, unter anderem aus der Prospektverordnung sowie aus dem Vermögensanlagengesetz ergeben. In Deutschland werden derzeit die meisten Crowdinvestments als Nachrangdarlehen herausgegeben (Fußnote) Da diese Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes darstellen, werden im Folgenden nur die Bestimmungen dieses Gesetzes näher behandelt. Die Einhaltung des Vermögensanlagengesetzes wird von der BaFin überwacht, vgl. § 3 VermAnlG.
2.2.1.2.1.1 Grundsatz: Prospektpflicht
Wer Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (Fußnote) in Deutschland öffentlich anbietet, muss einen Verkaufsprospekt veröffentlichen (Fußnote).
Anbieter und damit Verpflichteter ist derjenige, der die Vermögensanlage maßgeblich entwickelt und umsetzt (Fußnote Dies ist beim Crowdinvesting regelmäßig das kapitalsuchende Unternehmen. Das Unternehmen ist zugleich Emittent der Anlage, was unter anderem für seine Haftung relevant werden kann (Fußnote).
Bei den Crowdinvesting-Plattformen ist hingegen zu differenzieren. Plattformen, die auch eigene Projekte anbieten, sind in der Regel als Anbieter anzusehen. Auf Plattformen, die nur fremde Projekte vermitteln, trifft dies hingegen nicht zu (Fußnote). Da die Mehrheit der Crowdinvesting-Plattformen keine Eigenprojekte anbietet, hat die Prospektpflicht für die meisten Plattformen keine praktische Relevanz.
2.2.1.2.1.2 Ausnahme von der Prospektpflicht; sog. Crowdfunding- Ausnahme
Das Vermögensanlagengesetz sieht in § 2a Abs.1 bzw. 2 i. V. m. Abs.3 eine Befreiung für Anbieter bestimmter Vermögensanlagen vor. Diese sog. Crowdfunding-Ausnahme (Fußnote befreit den Anbieter von der Prospektpflicht und von den daran anknüpfenden Folgepflichten (Fußnote). Außerdem gelten die Haftungsfolgen sowie die Befugnisse der BaFin nur eingeschränkt (Fußnote).
2.2.1.2.1.2.1 Anwendungsbereich
Die Ausnahme ist ausschließlich auf partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und sog. wirtschaftlich vergleichbare Anlagen anwendbar (Fußnote), Genussrechte fallen aus dem Anwendungsbereich des § 2a Abs.1 bzw. 2 i. V. m. Abs.3 VermAnlG heraus. (Fußnote). Da Genussrechte (Fußnote) Nachrangdarlehen sehr ähnlich und von diesen in der Praxis häufig nur schwer abgrenzbar sind, ist diese Unterscheidung allerdings kaum nachvollziehbar (Fußnote).
Genussrechte und partiarische Darlehen unterscheiden sich im Wesentlichen darin, dass bei partiarischen Darlehen grundsätzlich keine Verlustbeteiligung vorgesehen ist.
2.2.1.2.1.2.2 Vertrieb ausschließlich über eine Internetplattform
Die wichtigste Voraussetzung der Crowdfunding-Ausnahme ist, dass die Anlagen ausschließlich über eine Internet-Dienstleistungsplattform (Fußnote) vertrieben werden, vgl. § 2a Abs.3 VermAnlG. Der Vertrieb muss außerdem als Anlageberatung oder Anlagevermittlung im Sinne des Vermögensanlagengesetzes anzusehen sein (Fußnote). Dies ist in der Crowdinvesting-Praxis in der Regel unproblematisch.
Mit dieser Einschränkung versucht der Gesetzgeber, sich die sogenannte Gatekeeper-Funktion der Crowdfunding-Plattformen zunutze zu machen. Plattformen haben regelmäßig kein Interesse daran, dass von ihnen angebotene Projekte scheitern oder negative Schlagzeilen machen. Zum einen schaden solche Projekte der eigenen Reputation der Plattform, zum anderen lassen sich dabei häufig auch die eigenen Provisionsansprüche nicht realisieren. Deshalb nehmen Plattformen eine teilweise strenge Vorauswahl vor (Fußnote). Dieser Auswahlprozess steht gewissermaßen als Garant für die Seriosität der angebotenen Projekte, aber auch für die Einhaltung der gesetzlichen Informationspflichten. Deshalb ist in solchen Fällen die Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts aus Sicht des Gesetzgebers ausnahmsweise nicht erforderlich.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Crowdfunding“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2020, www.vmur.de
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Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin