Crowdfunding – Teil 03 – Rechtliche Rahmenbedingungen
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
2.2 Die Rechtlichen Rahmenbedingungen
Die meisten Aspekte des Crowdinvestings sind von den geltenden rechtlichen – europäischen oder mitgliedstaatlichen – Rechtsnormen unmittelbar oder mittelbar erfasst. Im Folgenden wird ein Überblick über die wichtigsten für das Crowdinvesting einschlägigen Bestimmungen gegeben.
2.2.1 Deutsche Rechtslage
Sowohl Plattformbetreiber als auch kapitalsuchende Unternehmen müssen beim Crowdinvesting eine Reihe von gesetzlichen Pflichten beachten. Diese Pflichten können sich entweder aus kapitalmarktrechtlichen oder aus allgemeinen gewerberechtlichen und zivilrechtlichen Normen ergeben. Inhaltlich handelt es sich überwiegend um Erlaubnis- sowie Prospekt- und sonstige Informationspflichten.
2.2.1.1 Erlaubnispflicht
Crowdinvesting- Plattforme müssen je nach Geschäftsmodell verschiedene gesetzlichen Anforderungen erfüllen, insbesondere kann die Tätigkeit des Plattformbetreibers erlaubnispflichtig sein. Die Erlaubnispflichtigkeit ist eine Frage des Einzelfalles und hängt von der Funktionsweise der konkreten Plattform ab.
Betreiber von Crowdivesting- Plattformen benötigen grundsätzlich eine gewerberechtliche Genehmigung (Fußnote). Eine Erlaubnispflicht kann sich jedoch auch aus dem Kreditwesengesetz (Fußnote), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (Fußnote), dem Geldwäschegesetz (Fußnote) oder sonstigen Gesetzen - beispielsweise aus dem Wertpapierhandelsgesetz (Fußnote) - ergeben (Fußnote).
2.2.1.1.1 Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz
Eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz kann erforderlich sein, wenn der Betrieb der Plattform ein Bankgeschäft oder eine Finanzdienstleistung darstellt.
2.2.1.1.1.1 Erlaubnispflicht als Anlagevermittler
Wer im Inland Bankgeschäfte (Fußnote) oder Finanzdienstleistungen (Fußnote) gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erbringen will, benötigt eine Erlaubnis, vgl. § 32 KWG. Finanzdienstleistungen sind in § 1 Abs. 1a KWG aufgeführt und erfassen unter anderem die Anlagevermittlung sowie die Anlageberatung, vgl. Ziffer 1 sowie 1a. Geschäfte werden dann gewerbsmäßig betrieben, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Betreiber einen Gewinn erzielen will (Fußnote). Die Entgeltlichkeit kann dabei ein Indiz für die Gewinnerzielungsabsicht sein (Fußnote). Da die meisten Plattformbetreiber für die Nutzung der Plattform jedenfalls von den kapitalsuchenden Unternehmen eine Provision verlangen (Fußnote), ist von der Gewerbsmäßigkeit in der Regel auszugehen. Bei den bei Crowdinvesting üblichen Beteiligungen handelt es sich um Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes und somit um Finanzinstrumente im Sinne des KWG. Dasselbe gilt für Wertpapiere, vgl. Aktien § 1 Abs. 11 Nr.1 KWG bzw. Anleihen, vgl. § 1 Abs. 11 Nr.3 KWG (Fußnote)
Die Leistungen von Crowdfunding -Plattformen sind aufsichtsrechtlich meistens als Anlagevermittlung gem. § 1 Abs. 1a S.2 Nr.2 KWG zu qualifizieren (Fußnote). Nach Auffassung der BaFin wird anlagevermittelnd tätig, wer als Bote die Willenserklärung des Anlegers an den Vertragspartner - hier also an das kapitalsuchende Unternehmen – weiterleitet (Fußnote). Die Erklärung des Anlegers muss dabei unmittelbar auf die Anschaffung oder Veräußerung eines Finanzinstrumentes (Fußnote) gerichtet sein (Fußnote). Ein persönlicher Kontakt zwischen dem Anleger und dem Vermittler ist nicht erforderlich. Ausreichend ist eine rein elektronische Weiterleitung der Erklärung des Anlegers (Fußnote). Anlagevermittelnd handelt auch derjenige, der zielgerichtet die Abschlussbereitschaft des Anlegers fördert, damit dieser ein Geschäft mit einem Dritten abschließt (Fußnote). Es ist nicht erforderlich, dass das Geschäft unmittelbar durch die Bemühungen des Vermittlers zustande kommt. Vielmehr reichen bereits zielgerichtete Unterstützungshandlungen aus (Fußnote).
Einfacher ausgedrückt: praktisch alle Tätigkeiten von Dritten, die den Erwerb einer Vermögensanlage zielgerichtet fördern und erleichtern, sind Anlagevermittlung im Sinne des Aufsichtsrechts.
Crowdinvesting- Plattformen stellen eine technische Infrastruktur zur Verfügung, die Anleger und Anbieter beim Investitionsprozess unmittelbar unterstützen. Der Erwerb der Beteiligung wird über die Plattform abgewickelt, regelmäßig kommt es dabei auch zu einem direkten Vertragsschluss. Jedenfalls wird dieser über die Plattform angebahnt und vorbereitet.
Eine solche Leistung erfüllt ohne Weiteres die Kriterien der Anlagevermittlung im aufsichtsrechtlichen Sinne. Eine Anlageberatung im Sinne des § 1 Abs.1 S.2 Nr.1a KWG liegt hingegen in der Regel nicht vor. Anlageberatung setzt voraus, dass gegenüber dem einzelnen Anleger eine Empfehlung abgegeben wird. Eine solche Leistung bieten die meisten Crowdinvesting- Plattformen nicht an (Fußnote).
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Crowdfunding“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2020, www.vmur.de
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Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
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