Bilanzierung – Teil 27 – Ansatz der Rückstellungen


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


9.1.3 Ansatz der Rückstellungen

Welche Rückstellungen zu bilden sind, regelt abschließend § 249 HGB. Es gibt fünf Rück-stellungsarten die der Gesetzgeber nennt:

  • Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB.
  • Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB (Drohverlustrückstellungen).
  • Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden § 249 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 HGB.
  • Rückstellungen für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden § 249 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 HGB.
  • Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB.

9.1.3.1 Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zu bilden, wenn eine wirtschaftlich belastende Verpflichtung gegenüber Dritten vorliegt und diese Verpflichtung wahrscheinlich, aber noch nicht sicher ist.

Beispiel
Eine zukünftige Steuerverpflichtung gegenüber der Finanzverwaltung entsteht am 31.12.01.
Es wird eine Rückstellung in der Bilanz in Höhe von 1.000,- € gebildet. Nach dem die Steuererklärung abgegeben wurde, geht der Steuerbescheid zu, der eine Steuer in Höhe von 800,- € festsetzt. Nachdem der Steuerbescheid zugegangen ist, ist die Höhe der zu bezahlenden Steuer nicht mehr ungewiss. Am 23.09.02 wird die Steuer bezahlt.

  • Es wird folgende Buchung zum 31.12.01 vorgenommen:
    Gewerbesteueraufwand an Gewerbesteuerrückstellung 1.000,- €
    Mit dem Zugang des Steuerbescheides liegt keine ungewisse Verbindlichkeit mehr vor, denn nunmehr ist klar wieviel und wann zu zahlen ist. Es wird damit folgende Buchung zum 23.9.02 vorgenommen:
    Gewerbesteuerrückstellung 1.000,- an Bank 800,- € und Erträge aus der Auflösung von Rückstellung 200,- €

9.1.3.2 Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB (Drohverlustrückstellungen)

Ein schwebendes Geschäft besteht vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Verpflichtungsgeschäft) bis zur Erfüllung des Vertrages (Erfüllungsgeschäft). Buchhalterisch wird ein schwebendes Geschäft nicht erfasst. Wenn aber am Bilanzstichtag feststeht, dass aus einem schwebenden Geschäft ein Verlust droht, so ist aus Gründen der kaufmännischen Vorsicht eine entsprechende Rückstellung zu bilden. Auf der Beschaffungsseite ergeben sich drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, wenn der vertraglich vereinbarte Einkaufspreis am Bilanzstichtag über den Wiederbeschaffungskosten der bestellten Waren liegt. Auf der Absatzseite ergeben sich drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, wenn der vertraglich vereinbarte Verkaufspreis am Bilanzstichtag unter den zu erwartenden Selbstkosten liegt.

Beispiel
Unternehmer Müller schließt mit einem Großkunden am 02.12.01 einen Kaufvertrag über die Lieferung von 1.000 einfarbigen Standard Shirts zum Kaufpreis von 10,- € netto pro Shirt. Liefertermin soll der 20.03.02 sein. Müller bezieht die Shirts selbst erst im Januar 02. Am Bilanzstichtag zum 31.12.01 steigt der für Müller relevante Einkaufspreis der Shirts auf 12 € pro Shirt.

  • Am 31.12.01 hat Müller folgende Buchung vorzunehmen:
    sonstiger betrieblicher Aufwand an Drohverlustrückstellung 2.000,- €

Wenn das Geschäft realisiert ist, lautet der Buchungssatz zum 31.12.02: Wareneingang an Verbindlichkeiten Lieferungen und Leistungen 12.000,- € Drohverlustrückstellungen an sonstiger betrieblicher Ertrag 2.000,- €.

Wenn Müller die Shirts als Handelsware eingekauft hätte, also im Geschäftsjahr 01 bezogen hätte, hätte die für 12.000,- € eingekauften Shirts als Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens zum Bilanzstichtag bewerten müssen. Der Niederstwert-Test hätte eine Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert von 10.000,- € erfordert. So wäre auch in diesem Fall der Verlust also schon in 01 zu berücksichtigen, allerdings auf einem anderen Wege.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bilanzierung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6.


 

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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
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Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

Eine steuerberatende Tätigkeit kann Frau Rechtsanwältin Dibbelt nicht erbringen. Bei Bedarf empfiehlt sie gerne einen geeigneten Kontakt.

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 

Normen: § 249 HGB

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