Baumängel vor und im Prozess – Teil 26 – Die Haftung des Architekten für Mängel

9. Kapitel

Die Haftung des Architekten für Mängel

Auch die Architekten eines Bauwerkes können zur Haftung bei Mängeln in die Pflicht genommen werden. Hierzu ist festzuhalten, dass die Haftung nur im Rahmen der eigenen Werke erfolgen kann. Hauptaufgaben eines Architekten sind vor allem die Planung, Beratung und auch die Baubetreuung. Die Vertretung des Bauherrn hinsichtlich der Bauüberwachung ist ebenso davon erfasst. Für die Haftung des Architekten ist eine Abweichung vom Leistungs-Soll zum Leistungs-Ist maßgebend. Der Fehler kann dann in einer mangelhaften Planung oder auch in einer fehlerhaften Bauüberwachung liegen.

9.1. Haftung bei Mängeln des Architektenwerks

Mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe[1] wird wiederholt der weit verbreitete Irrtum korrigiert, dass im Rahmen des Gewährleistungsrechts (auch hinsichtlich der Architektenhaftung) ein Schaden vorliegen muss, um einen Anspruch auf Mängelfreiheit oder –beseitigung inne zu haben. Umgangssprachlich wird leider nicht zwischen Mangel und Schaden differenziert, auch wenn sie völlig unterschiedlich sind (die Unterscheidung hierzu bereits unter 1.2.). Der Anspruch des Bauherren gegen den Architekten auf bspw. Nacherfüllung / Schadensersatz ist im Rahmen des vertraglichen Gewährleistungsrechts auf die Mängelfreiheit und nicht primär auf die Schadensbeseitigung gerichtet.

9.1.1. Der Architektenvertrag

Nach dem BGB existiert kein eigener Architekten- oder Ingenieurvertrag. Diese werden nach allgemeiner Auffassung als Werkverträge im Sinne des § 631 BGB qualifiziert. Das ist nicht nur bei der Übertragung der gesamten Bauphase, sondern auch bei der Beauftragung von Einzelleistungen der Fall.[2] Sowohl der Architekt als auch der Ingenieur schulden nicht das Bauwerk ansich, sondern die planerische Grundlage für dessen Entstehung. Es wird mithin ein mangelfreies Werk, zu welchem die Planung bei einem Architekten zählt, geschuldet. Dabei ist zu beachten, dass die Planung dauerhaft genehmigungsfähig und wirtschaftlich sei muss.[3]

Das Schlussrechnungshonorar von Architekten wird nicht alleine deshalb fällig, weil die Leistungen erbracht worden sind und eine prüffähige Schlussrechnung gestellt wird, es ist vielmehr erforderlich, dass vorab eine Abnahme zu den erfolgten Leistung durchgeführt worden ist.

9.1.2. Abgrenzung Vertragliche und deliktische Haftung

Der Architekt hat nicht nur Pflichten gegenüber dem Bauherrn, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass während der Bauwerkserrichtung Dritte nicht geschädigt werden. Daraus resultiert neben der vertraglichen Haftung auch u. U. eine solche aus Unerlaubter Handlung (Delikt).

9.1.2.1. Vertragliche Haftung

Wie bereits festgestellt, ist der Architektenvertrag ein Werkvertrag gemäß § 631 BGB. Hieraus ergeben sich folglich Ansprüche des Bauherrn gegenüber dem Architekten entsprechend der werksvertraglichen Haftungsgrundlagen nach den §§ 631 ff. BGB.

Wenn die Bauherren einen Mangel anzeigen möchten, müssen sie diesen nur so schildern, wie sie ihn auch subjektiv wahrgenommen haben.

Bei nicht ordnungsgemäßer Leistungserbringung des Architekten gelten folgende Gewährleistungsansprüche:

  • Der Architekt hat einen Anspruch auf Nachbesserung oder Neuherstellung.
  • Der Bauherr hat nach Ablauf der Nacherfüllungsfrist selbst die Möglichkeit, die Nachbesserung vorzunehmen. Dies löst dann einen Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Architekten aus.
  • Weiterhin kann der Bauherr den Rücktritt vom Vertrag, die Minderung der Honorarzahlung oder auch das Recht auf Schadensersatz bzw. vergeblicher Aufwendungen geltend machen.

Die Haftung des Architekten gilt dann als ausgeschlossen, wenn dieser in zulässiger Weise das Risiko der Mangelhaftigkeit seines Gewerkes im Wege einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung auf den Auftraggeber überträgt.[4] Auch nach Vertragsschluss ist eine Risikoübernahme seitens des Bauherrn noch möglich.

Anmerkung Berufshaftpflicht:
Jedem Bauherrn ist zu raten, vor Vertragsabschluss den Architekten auf seine Berufshaftpflichtversicherung anzusprechenbzw. sich nachweisen zu lassen. Denn nicht jeder Architekt ist trotz Verpflichtung hierzu, entsprechend versichert.
Maßgebend für die Berufshaftpflicht des Architekten ist die Tatsache, dass es sich bei den zu leistenden Pflichten um solche handelt, die speziell dem Berufsbild des Architekten zuzurechnen sind. Die Pflichten außerhalb, wie die Haus- und Eigentumsverwaltung, sind nicht versichert.[5]

9.1.2.2. Deliktische Haftung

Der Architekt muss gewährleisten, dass weder der Bauherr noch andere Personen, an ihrem Eigentum oder ihrer Gesundheit einen Schaden erleiden. Dies betrifft auch den Fall, wenn der Architekt bei der Unternehmerauswahl nicht die nötige Sorgfalt hat walten lassen hat und bei Dritten nun ein Schaden eintritt. Diese Art der Haftung bezeichnet die Haftung aus unerlaubter Handlung entsprechend den §§ 823 ff. BGB.

Voraussetzungen für eine deliktische Haftung des Architekten aus unerlaubter Handlung sind neben dem zumindest fahrlässigen (also schuldhaftem im Sinne des § 276 BGB) Verhalten des Architekten auch ein vorhersehbar und vermeidbarer Schadenseintritt.


[1] Urteil vom 29.11.2013 zum Aktenzeichen 13 U 80/12.

[2] BGH in NJW, 2002, 749.

[3] Hartmann, HOAI 2013, Band 2, S. 5.

[4] Ganten, Architektenrecht aktuell, S. 172.

[5] Architektenkammer Niedersachsen, Leitfaden für Architekten, S. 12.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Baumängel vor und im Prozess“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Babett Stoye LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-67-0.


 

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Stand: Januar 2017


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