Baumängel vor und im Prozess – Teil 23 – Die prozessuale Behandlung - Klagearten

8. Kapitel

Die prozessuale Behandlung - Klagearten

8.1. Klagen des Auftraggebers

Ist die Bauleistung durch den Bauunternehmer mit Schäden behaftet, welche durch nachweisbare und ihm zuzurechnende Mängel verursacht worden sind, hat der Auftraggeber die Möglichkeit, im Wege der sogenannten Leistungsklage seine Mängelansprüche geltend machen. Mit einer Leistungsklage im Sinne des Bauwerkvertragsrechts verfolgt der Kläger sein Bestreben, vom Beklagten eine bestimmte Leistung (Handlung, Dulden oder Unterlassen) zu erreichen. Wenn jedoch diese Mängel, die den Schaden verursacht haben sollen, noch ungewiss sind, also lediglich zu befürchten und schwer nachweisbar sind, hat die Leistungsklage keine Aussicht auf Erfolg.

Feststellungsklage:
Mit der Erhebung der Feststellungsklage, geht es um die Klärung, ob ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht. Zu beachten ist, dass ein eigenes rechtliches Interesse des Klägers an einer alsbaldigen Feststellung der begehrten Angelegenheit, beispielsweise eines Mangels Zulässigkeitsvoraussetzung für Feststellungsklage ist Besteht die Möglichkeit, bereits hinsichtlich des in Rede stehenden Mangels diesen vollstreckbar einzugrenzen und seine Beseitigung zu verlangen, so hat die Leistungsklage Vorrang vor einer etwa möglichen Feststellungsklage und letztere wäre unzulässig.

Leistungsklage:
Bei einer Klage auf Schadensersatz aufgrund zurechenbarer Mängel ist die Leistungsklage als richtige Klageart zu wählen. Der Bauherr muss dabei die Höhe des betreffenden Schadens genau beziffern und begründen. Tritt der Fall ein, dass der Kläger den Schaden nicht genau beziffern kann, muss er Tatsachen vorbringen, wonach das Gericht Schätzungen zur Anspruchshöhe vornehmen kann.(Fußnote)

Damit die Klage erfolgreich ist, muss der Kläger zunächst einen Schaden vorliegen haben, um dann seine Gewährleistungsansprüche im Wege der Leistungsklage geltend machen zu können. Denn solange der geltend gemachte Schaden noch nicht zu Tage getreten ist, können auch keine Mängelbeseitigungskosten ermittelt werden.

Das Leistungsurteil besteht aus zwei Teilen: aus der Feststellung der Leistungspflicht und aus dem so genannten Leistungsbefehl,(Fußnote) der Zahlungspflicht beispielsweise.

Beispiel für einen Klageantrag einer Leistungsklage:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen in das Ermessen des Gerichts gestellten angemessenen Vorschuss in Höhe von mindestens 20.000 EUR nebst 8 % seit dem 01.01.2016 zu bezahlen.

Eine Feststellungsklage betreffend eine künftige Schadenersatzpflicht ist möglich, wenn sich z.B. Ausführungs- und Konstruktionsfehler zeigen und damit ein Schadenseintritt zu drohen scheint.(Fußnote) Hieran sind jedoch sehr enge Voraussetzungen geknüpft, die selbst der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung 2010 an einen anderen Senat weiterleiten musste. Begründet hat der BGH seine Entscheidung damit, dass kein Schadenseintritt (in diesem Fall) vorliegen muss, dass es dem Bauherrn nicht zugemutet werden kann, den Eintritt des Schadens sogar über den Ablauf der Verjährungsfrist hinaus abzuwarten. Dies sei nicht nahvollziehbar, allerdings für jeden Baurechtsfall gesondert zu prüfen. Hier kommt auch die Abwägung der verschiedenen Interessen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zum Tragen.
Tritt die Möglichkeit einer Bezifferung der Klage während des laufenden Verfahrens ein, so muss die Klageart von der Feststellungs- zur Leistungsklage umgestellt werden, also eine Klageänderung beantragt werden, da in diesem Moment das für eine Feststellungsklage erforderliche rechtliche Interesse an der reinen Feststellung ohne entsprechende Leistungspflicht entfällt.

8.1.1. Klage auf Vorschuss

Der Auftraggeber kann nach §§ 633 Abs. 3 BGB, 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B einen Erstattungsanspruch der Kosten für die Mängelbeseitigung gegenüber dem Bauunternehmer gerichtlich durch Klageeinreichung geltend machen. Voraussetzung hierfür ist einerseits das Verstreichen der gesetzten Frist zur Mängelbeseitigung oder andererseits die Verweigerung der Mängelbeseitigung des Bauunternehmers bereits vor Abnahme des Werkes.(Fußnote) Problematisch war lange Zeit, ob der Auftraggeber die Kosten der vorgenommenen Mängelbeseitigung selbst tragen muss oder ob er bereits vor der Ausführung der Ausbesserungsarbeiten einen Kostenvorschuss gegenüber dem Auftragnehmer geltend machen kann. 1967 hat der BGH(Fußnote) in seiner weitreichenden Entscheidung festgestellt, dass es nicht zu Lasten des Auftraggebers gehen kann, wenn sich der Bauunternehmer bei nicht mangelfreier Leistung mit der Nachbesserungsverpflichtung in Verzug befindet. Hierbei hätte dann der Bauherr die Kosten vorzustrecken. Dieser sollte aber nicht schlechter gestellt werden als der Unternehmer, welcher grundlos die Mängelbeseitigung verweigert hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Auftraggeber eines Bauvertrags vom Auftragnehmer Kostenvorschuss für die zur Beseitigung von Mängeln erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der Auftraggeber muss jedoch den Mangel mit dem erhaltenen Kostenvorschuss beseitigen wollen und können.(Fußnote) Hinsichtlich der Höhe des Kostenvorschussanspruchs müssen sich diese an den voraussichtlichen und mutmaßlichen Kosten ausrichten.

Zusammenfassung Voraussetzungen:

1. Der Auftraggeber muss einen fälligen und durchsetzbaren Nachbesserungsanspruch vorweisen können.
2. Die Nachbesserung muss objektiv möglich sein.
3. Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer vorab schriftlich zur Nachbesserung aufgefordert haben. Dies erfordert eine angemessene und gesetzte Frist, welche fruchtlos verstrichen sein muss.
4. Erforderlichkeit der Aufwendungen zur Mängelbeseitigung.

Kein Kostenvorschussanspruch:

1. Der Auftraggeber beabsichtigt nicht, den Vorschuss zur Mängelbeseitigung zu verwenden, sondern strebt stattdessen eine Minderung oder einen Schadensersatz an, trotz fehlender Voraussetzungen hierfür.(Fußnote)
2. Die Mängelbeseitigung wird nicht ausgeführt, wodurch der Auftragnehmer seinen bereits geleisteten Kostenvorschuss zurückfordern kann.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Baumängel vor und im Prozess“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Babett Stoye LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-67-0.


 

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Stand: Januar 2017


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