Baumängel vor und im Prozess – Teil 17 – Außergerichtliche Streitbeilegung

6. Kapitel

Außergerichtliche Streitbeilegung

Überall dort, wo über vertragliche Rechte und Pflichten entschieden werden soll, kann - bei Zulässigkeit der Streitigkeit - der Gerichtsweg für beide Parteien eröffnet sein. Bauverfahren sind allzu häufig sehr zeitaufwendig und intensiv in der Beweisbegründung. Meist beginnt ein Bauprozess erst mit Abschluss des Bauvorhabens, da sich im Nachhinein beispielsweise oft strittige Mängel herausstellen. Manche Prozesse, die über alltägliche Streitigkeiten am Bau hinausgehen, können über mehrere Instanzen von bis zu oder auch über 10 Jahre andauern. Dies kostet natürlich beidseitig Zeit und vor allem auch Geld. Hinzu kommt, dass es sich auch auf die Geschäftsbeziehungen schädigend auswirken kann. Deshalb ist es vorteilhaft, dass die Praxis zeigt, es gibt auch andere Konfliktlösungsmöglichkeiten, mit denen bauvertragliche Streitigkeiten schnell und kompetent beigelegt oder entschieden werden können. Zeitnahe und kostengünstige Streitbeilegung ist für beide Parteien zweckdienlich und von Interesse. Das entsprechende Verfahren auszuwählen ist abhängig davon, ob die Konfliktparteien bereit sind, einvernehmlich eine Einigung zu finden oder ob sie die Entscheidung an Dritte weitergeben möchten.

6.1. Mediation

Der Begriff der Mediation (latein.) ist mit den vereinfachten Worten der friedensstiftenden und versöhnenden Vermittlung zu übersetzen. Es stellt ein professionelles und vertrauliches Verfahren dar, in welchem der Mediator als neutraler Dritter unterstützend bei der Konfliktbeseitigung mittels Darlegung von Handlungsmöglichkeiten und Lösungsansätzen zur Seite steht. Durch die Mediation sollen die vorliegenden Konflikte von den Parteien durch eine gemeinsame Kommunikation gelöst werden. Letztendlich obliegt die Entscheidung am Ende den betroffenen Teilnehmern. Diese können sich auch für einen Abbruch der Mediation entscheiden.

Der Mediator ist hierbei gemäß § 1 Absatz 2 des Mediationsgesetzes eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, welche die Parteien durch die Mediation führt. Die Parteien wählen auch hier die Person des Mediators gemeinsam aus, der dann mit diesen eine selbständige Lösung erarbeiten soll. Hinsichtlich der Auswahl eines Mediators sollte darauf geachtet werden, dass diesbezüglich noch kein staatlich anerkannter Berufsabschluss vorhanden ist bzw. der Beruf des Mediators noch nicht geschützt ist (fällt demnach nicht unter Art. 12 GG). Das Mediationsgesetz lässt in den §§ 5 und 6 jedoch Spielraum für die Bezeichnung „Zertifizierter Mediator“. Diesen qualifizierten Abschluss kann man an diversen Ausbildungsinstituten absolvieren.

Grundsätzlich läuft das Mediationsverfahren in fünf Schritten ab, vereinfacht dargestellt bedeutet dies:

  1. Vereinbarungen hinsichtlich des Verfahrens werden getroffen
  2. Bestandsaufnahme und Ermittlung der streitgegenständlichen Angelegenheiten
  3. Bearbeitung der Konfliktthemen, Feststellung der jeweiligen Parteiinteressen
  4. Lösungspunkte gemeinsam erarbeiten und bewerten
  5. Auswahl der Lösungsmöglichkeit und Beendigung des Verfahrens – bei fehlender Übereinstimmung, Beendigung des Verfahrens ohne Entscheidung

Auch wenn im Rahmen einer Mediation die Konfliktlösung eine längere Zeit in Anspruch nehmen kann, steht dieser Zeitraum in keinem Vergleich zu einem staatlichen Gerichtsverfahren, welches auch mehr als zehn Jahre andauern kann.

Kurzfazit:
Die Mediation hat den Vorteil, genau auf die individuellen Bedürfnisse der Streitparteien angepasst zu sein und Platz für das eigens verlorengegangene Rechtsempfinden wiederherzustellen. In einem Gerichtsverfahren dagegen, wird sich an Recht und Gesetz orientiert, jedoch nicht an dem eigenen Empfinden der Parteien.

Trotz der Erkenntnisse und Entwicklungen der vergangenen Jahre, dass die Mediation im Bauwesen allein hinsichtlich der Zeit- und Kostenersparnis Vorteile mit sich bringt, ist noch ein deutliches Missverhältnis zwischen der Anzahl der Bau-Mediationen und derjenigen der durchgeführten Bauprozesse erkennbar.

6.2. Schlichtung

So wie die Mediation, setzt auch die Schlichtung auf die Herbeiführung einer gütlichen Einigung der Beteiligten, ohne auf eine bindende Entscheidung des Schlichters angewiesen zu sein. Deshalb kann diese Form der außergerichtlichen Streitbeilegung auch durch einen Sachverständigen durchgeführt werden, der über ein solides juristisches Grundwissen verfügen sollte.

Hinweis: Sachverständiger als Schiedsgutachter
Die in einem Schiedsgericht zu treffende Entscheidung muss inhaltlich juristisch standhaft sein. Daraus resultiert, dass der dem Schiedsgericht Vorsitzende (in Gestalt eines Sachverständigen) nicht nur vage Kenntnisse des Verfahrensrechts nachweisen können sollte.

Der Schlichter führt, nach Vereinbarung einer Schlichtungsvereinbarung, planmäßig eine Erörterung mit den Beteiligten herbei. Grundsätzliche Voraussetzung ist – wie auch bei einer Mediation - die freiwillige Mitarbeit beider Streitbeteiligten. Der Schlichter bietet den Parteien lösungsorientierte Vorschläge an, welche jedoch nicht zwingend angenommen werden müssen. Für den Schlichter besteht auch die Möglichkeit, eine Schlichtung aus persönlichen Gründen abzulehnen, wenn sich herausstellt, dass es sich um schwierige Rechtskonflikte handelt.

Hinweis: obligatorische Schlichtung
In § 15a Abs. 1 EGZPO (Einführungsgesetz Zivilprozessordnung) ist seit einiger Zeit festgehalten, dass es vielen Bundesländern gestattet ist festzulegen, dass Konfliktparteien in bestimmten Streitigkeiten vor Klageerhebung erst eine Schlichtung durchgeführt haben müssen.

Die Dauer einer Schlichtung ist davon abhängig, wie umfassend der Streit und wie einsichtig die Beteiligten sind. Mit einer Dauer von wenigen Wochen ist bei einer Schlichtung im Normalfall zu rechnen. Die Kosten richten sich entsprechend des jeweiligen Bundeslandes an den Gebühren der jeweiligen Schlichtungsstellen. Es ist auch möglich, dass Schlichter Honorare vereinbaren können.

Die Vorteile der Schlichtung lassen sich schnell und vereinfacht aufführen: freiwillig, kurzes und flexibles Verfahren, die Kosten überschaubar und es ist keine Öffentlichkeit zugelassen – im Gegensatz zu einem gerichtlichen Verfahren.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Baumängel vor und im Prozess“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Babett Stoye LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-67-0.


 

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Stand: Januar 2017


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