Baugenehmigung – Teil 18 – Ersatzbau für ein zerstörtes Gebäude

2.4.1.3 Ersatzbau für ein zerstörtes Gebäude

Die in Abs. 4 genannten öffentlichen Belange können in den Fällen des § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB dem Ersatzbau für ein zerstörtes Gebäude nicht entgegengehalten werden. Damit wird der Wiederaufbau eines zulässigerweise errichteten Gebäudes – also nicht nur eines Wohngebäudes – begünstigt.

Das Gebäude muss durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstört worden sein. Die Zerstörung darf daher nicht vom Eigentümer selbst bewirkt worden sein.
Als Brand kommt auch die von einem Dritten verübte Brandstiftung in Betracht, sofern sie der Eigentümer nicht selbst veranlasst hat. Naturereignisse sind zum Beispiel Sturmschäden, Erdbeben, Erdrutsche oder Überschwemmungen. Die Zerstörung durch andere außergewöhnliche Ereignisse betrifft beispielsweise Gasexplosionen, Einwirkungen durch militärische Manöver oder Flugzeugabstürze.
Zu beachten ist zudem, dass der Wiederaufbau des Gebäudes alsbald erfolgen muss. Er muss sich zeitlich so eng an das vorherige Bestehen des zerstörten Bauwerks anschließen, dass er in der durch die Umgebung und nachwirkend auch noch durch das zerstörte Gebäude geprägten Situation „nicht als etwas fremdartig Neues, sondern als Ersatz und Fortführung des zerstörten Gebäudes erscheint“.

2.4.1.4 Änderung oder Nutzungsänderung erhaltenswerter Gebäude

Die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden im Außenbereich können nach § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BauGB die in § 35 Abs. 4 bezeichneten öffentlichen Belange nicht entgegengehalten werden. Die Erleichterung bezieht sich auf Gebäude jeder Art. Die baulichen Änderungen oder Nutzungsänderungen können auch mehr als nur unwesentlich sein. Der Änderung sind dadurch Grenzen gesetzt, dass der neue Verwendungszweck die landschaftsprägende Wirkung des Gebäudes nicht beeinträchtigen darf. Ausgeschlossen sind daher vor allem Veränderungen, die einer Neuerrichtung oder Erweiterung gleichkommen. Als Gebäude, die das Bild der Kulturlandschaft prägen, kommen beispielsweise Burgen, Türme, Fachwerkhäuser, Wind- und Wassermühlen in Betracht.

2.4.1.5 Erweiterung von Wohngebäuden

§ 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 BauGB begünstigt die Erweiterung von zulässigerweise errichteten Wohngebäuden, sofern die Erweiterung angemessen ist.

Von einer Erweiterung kann nur solange gesprochen werden, wie das Gebäude keine qualitative Änderung erfährt. Eine solche qualitative Änderung würde beispielsweise die Umwandlung eines Kleinsiedlungshauses in ein villenähnliches Einfamilienhaus bedeuten.

Maß der Angemessenheit ist das Maß der baulichen Nutzung, insbesondere die Grund- und Geschossfläche. Eine Erweiterung um mehr als die Hälfte des vorhandenen Bestands ist demnach nicht mehr als angemessen einzustufen.
Gegenstand der Erweiterung kann auch die Einrichtung einer weiteren, zweiten Wohnung sein. Dabei ist eine Erweiterung nur angemessen, die gerade der Wohnverbesserung des Eigentümers und seiner Familienangehörigen dient.


2.4.1.6 Erweiterung gewerblicher Betriebe

§ 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 6 BauGB erleichtert die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise im Außenbereich errichteten gewerblichen Betriebs. Nicht erfasst wird dabei die Nutzungsänderung.

Eine Erweiterung setzt einen funktionalen Bezug zwischen dem vorhandenen Betrieb und dem geplanten Vorhaben voraus. Ein solcher funktionaler Zusammenhang fehlt, wenn das Erweiterungsvorhaben deutlich abgesetzt vom baulichen Bestand ausgeführt werden soll.

Die Erweiterung muss im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen sein. Das ist unter Würdigung der betrieblichen Belange, des Standorts und der Auswirkungen auf den Außenbereich zu ermitteln. Maßstab für die Angemessenheit im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude ist das Verhältnis von vorhandenem und hinzutretendem Baubestand. Dabei darf es nicht zu einer erheblichen, unverhältnismäßigen zusätzlichen Beeinträchtigung von Außenbereichsbelangen kommen. Im Verhältnis zum Betrieb muss die Erweiterung den betrieblichen Erfordernissen entsprechen, wobei von der bisherigen Struktur und Größenordnung des Betriebs auszugehen ist.


2.4.2 Ausführung der Vorhaben und Einvernehmen der Gemeinde

§ 35 Abs. 5 S. 1 BauGB enthält eine Bestimmung über die Ausführung von Vorhaben im Außenbereich. Diese Vorschrift verpflichtet dazu, die nach § 35 Abs. 1 bis 4 BauGB zulässigen Vorhaben in einer flächensparenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen, d.h. dass mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden soll und Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen sind. Das verpflichtet den Bauherrn insbesondere zur Begrenzung der zu bebauenden Fläche.

Über Vorhaben, die nach § 35 BauGB zugelassen werden sollen, darf gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB nur positiv entschieden werden, wenn zuvor das Einvernehmen der Gemeinde eingeholt wurde.
Gemäß § 36 Abs. 1 S. 4 BauGB kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.
Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen gemäß § 36 Abs. 2 BauGB nur aus den sich aus § 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden (hierzu gilt das bereits oben Gesagte). Weiterhin enthält § 36 Abs. 2 BauGB eine Fiktion zur Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens. Danach gelten Einvernehmen und Zustimmung als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Baugenehmigungsbehörde verweigert werden.

2.4.3 Drittschutz

§ 35 Abs. und Abs. 2 BauGB haben keine generell nachbarschützende Funktion. Beiden Vorschriften kommt lediglich eine partiell nachbarschützende Wirkung zu. Das Rücksichtnahmegebot als öffentlicher Belang ist in § 35 Abs. 3 BauGB verankert.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Das Recht der Baugenehmigung“ von Olaf Bühler, Rechtsanwalt, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-90-8.


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