Baugenehmigung – Teil 15 – Förderung der Wind- und Wasserenerige

2.3.1.3 Förderung der Wind- und Wasserenergiegewinnung

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB sind Vorhaben privilegiert, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dienen. Bei Anlagen zur Forschung und/oder Entwicklung setzt das voraus, dass der Bauherr auf der Grundlage eines Forschungs- oder Entwicklungskonzepts plausibel darlegen kann, dass die Anlage nach gegenwärtigem Kenntnisstand geeignet ist, die Nutzung der Windenergie mehr als nur unerheblich zu verbessern, aber noch praktisch erprobt werden muss. Zudem muss das Konzept die hinreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit und die Dauerhaftigkeit des Privilegierungszwecks bieten.

Die Privilegierung umfasst alles, was der Wind- oder Wasserenergieanlage dient. Dabei sind die für § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entwickelten Grundsätze heranzuziehen (siehe oben).

2.3.1.4 Förderung der energetischen Nutzung von Biomasse

Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sind Vorhaben zur Nutzung der aus Biomasse erzeugten Energie privilegiert.

Die Vorschrift dient dem Klimaschutz, der Ressourcenschonung und soll zu einer flexiblen und effizienten Energienutzung beitragen, aber auch den Strukturwandel in der Landwirtschaft unterstützen. Die Norm setzt voraus, dass die Anlage in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb steht, die Biomasse überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus ihm und aus nahe gelegenen Betrieben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 BauGB stammt, je Hofstelle oder Betriebsort nur eine Anlage betrieben wird, die Feuerungswärmeleistung der Anlage 2,0 MW nicht überschreitet und, wenn es sich um Biomasseanlagen handelt, die ausschließlich Biogas erzeugen, die Höchstleistung nicht mehr als 2,3 Mio. Normkubikmeter Biogas pro Jahr beträgt.

2.3.1.5 Kernenergieanlagen

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB ist eine Anlage, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, privilegiert. Bei derartigen Vorhaben handelt es sich beispielsweise um Kernkraftwerke, Wiederaufbereitungsanlagen, Zwischen- und Endlager, Sammelstellen für radioaktive Abfälle.

Von der Privilegierung ausgenommen ist die Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität. Nicht von der Ausnahme erfasst wird die Elektrizitätserzeugung zu anderen als gewerblichen Zwecken. Daher bleibt insbesondere die Neuerrichtung von Forschungsanlagen bauplanungsrechtlich privilegiert, auch wenn die Erzeugung von Kernenergie durch Kernspaltung erfolgt.

2.3.2 Die nicht-privilegierten Vorhaben des § 35 Abs. 2 BauGB

Alle Vorhaben, die nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sind, fasst § 35 Abs. 2 BauGB unter dem Begriff „sonstigen Vorhaben“ zusammen. Hierunter fallen vor allem Wohnhäuser außerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs, Wochenend- und Ferienhäuser.

2.3.3 Öffentliche Belange und gesicherte Erschließung

Der maßgebliche Unterschied bei der Beurteilung der Zulässigkeit privilegierter Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB) ist, dass sonstige Vorhaben nur zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Privilegierte Vorhaben sind demgegenüber bereits zulässig, wenn ihnen öffentliche Belange nicht entgegenstehen.

Aus der Beschränkung der Zulassung der sonstigen Vorhaben wird gemeinhin gefolgert, dass sonstige Vorhaben nur ausnahmsweise zulässig sein sollen, die Bebauung des Außenbereichs mit sonstigen Vorhaben mithin möglichst unterbleiben soll.

Ob die Ausführung oder Benutzung des Vorhabens öffentliche Belange beeinträchtigt, wird dadurch ermittelt, dass die öffentlichen Belange zu gewichten und gegen das Vorhaben abzuwägen sind. In dieser Abwägung kommt dem sonstigen Vorhaben nur ein verhältnismäßig geringes Gewicht zu, so dass es sich – anders als das privilegierte Vorhaben – regelmäßig gegenüber den von ihm berührten öffentlichen Belangen nicht durchzusetzen vermag.

2.3.3.1 Katalog des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB

§ 35 Abs. 3 S. 1 BauGB regelt, wann insbesondere eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt.

Danach liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben

    • den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (Nr. 1)
    • den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans widerspricht (Nr. 2)
    • schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (Nr. 3)
    • unwirtschaftliche Aufwendungen erfordert (Nr. 4)
    • Belange des Natur- und Landschaftsschutzes, Boden- oder Denkmalschutzes beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet (Nr. 5)
    • Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt (Nr. 6)
    • Splittersiedlung befürchten lässt (Nr. 7) oder
    • die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört (Nr. 8)

2.3.3.1.1 Flächennutzungsplan

Anders als bei privilegierten Vorhaben stellt ein Widerspruch des beabsichtigten (sonstigen) Bauvorhabens zum Flächennutzungsplan regelmäßig eine Beeinträchtigung des öffentlichen Belanges dar. Der Flächennutzungsplan ist die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen und zwar grundsätzlich für das gesamte Gemeindegebiet, § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB. Das BauGB gibt den Gemeinden zwei Instrumente für ihre Bauleitplanung in die Hand: den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan, § 1 Abs. 2 BauGB. Der Flächennutzungsplan wird im Gesetz als vorbereitender und der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan legaldefiniert.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Das Recht der Baugenehmigung“ von Olaf Bühler, Rechtsanwalt, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-90-8.


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