Baugenehmigung – Teil 13 – Ausnahmen und Befreiungen

2.2.3 Ausnahmen und Befreiungen nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 BauGB

Eine Befreiung von den Prüfungsmaßstäben nach § 34 Abs. 1 BauGB sieht das BauGB nicht vor. Vielmehr enthält diese Vorschrift einen weit gefassten Maßstab, der bereits unmittelbar das umfasst, was bei Bebauungsplänen erst durch eine Befreiung ermöglicht werden könnte.

Etwas anderes gilt jedoch für Vorhaben, deren Zulässigkeit sich nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet. Gemäß § 34 Abs. 2 Hs. 1 BauGB sind die nach den Baugebotsvorschriften der BauNVO allgemein zulässigen Vorhaben auch im Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 2 BauGB allgemein zulässig. Daneben gilt der jeweilige Katalog der in den Baugebieten ausnahmsweise zulässigen Vorhaben.

Nach § 34 Abs. 2 Hs. 2 BauGB ist weiterhin § 31 Abs. 2 für die Befreiung entsprechend anzuwenden. Insoweit wird auf Punkt 1.1.3. verwiesen. Auch insofern wird der nicht beplante Innenbereich dem beplanten Bereich gleichgestellt.

2.2.4 Beteiligung der Gemeinde

Die Zulassung von Vorhaben nach § 34 BauGB ist verfahrensrechtlich vom Einvernehmen der Gemeinde abhängig, § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB. Gemäß § 36 Abs. 2 BauGB darf das Einvernehmen nur aus den § 34 BauGB ergebenden Gründen versagt werden. Wird das Einvernehmen rechtmäßig verweigert, dann kann die Baugenehmigungsbehörde die Baugenehmigung nicht erteilen. Etwas anderes gilt, wenn die Gemeinde selbst Baugenehmigungsbehörde ist. Dann ist es der Gemeinde verwehrt, von sich aus dem Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB zu eröffnen und das Einvernehmen zu versagen.

2.2.5 Drittschutz

2.2.5.1 § 34 Abs. 1 BauGB

Grundsätzlich ist das Rücksichtnahmegebot in dem Begriff des „Einfügens“ verankert, deshalb kommt dem § 34 Abs. 1 BauGB eine partiell nachbarschützende Wirkung zu. Es kommt jedoch auf eine jeweilige Einzelbeurteilung an.

2.2.5.2 § 34 Abs. 2 BauGB

§ 34 Abs. 2 BauGB ist generell drittschützend, weil dieser auf die Gebietsarten der BauNVO abstellt.

2.3 Außenbereich, § 35 Abs. 1 BauGB

Außenbereich ist derjenige Teil des Gemeindegebiets, der nicht qualifiziert oder vorhabenbezogen beplant (§ 30 Abs. 1, Abs. 2 BauGB) ist und auch keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil (§ 34 BauGB) bildet. Damit wird der Außenbereich nicht durch bestimmte Begriffsmerkmale, sondern negativ bestimmt. Außenbereich ist daher die Gesamtheit der von den §§ 30 Abs. 1, Abs. 2 und 34 BauGB nicht erfassten Flächen des Gemeindegebiets. Dadurch wird sichergestellt, dass ein Vorhaben immer einem der drei städtebaulichen Bereiche der §§ 30, 34 oder 35 BauGB zugeordnet werden kann.

Zielsetzung des § 35 BauGB ist die weitestgehende Freihaltung des Außenbereichs von Bebauung und damit eine möglichst umfassende Schonung unbebauter Landschaft.

Vom Aufbau her unterscheidet § 35 BauGB zwischen privilegierten Vorhaben gem. § 35 Abs. 1 BauGB und sonstigen Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB.

2.3.1 Die Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 BauGB

§ 35 Abs. 1 BauGB zählt abschließend die Vorhaben auf, die nach Auffassung des Gesetzgebers im Außenbereich zulässig sind, wenn ihnen öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Sie werden als „privilegierte Vorhaben“ bezeichnet.

Der abschließende Katalog des § 35 Abs. 1 BauGB enthält Vorhaben, die

    • einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb (Nr. 1) oder
    • einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung (Nr. 2) dienen,
    • die ortsgebunden sind (Nr. 3) oder
    • wegen ihrer Anforderungen, Auswirkungen oder Zweckbestimmung außenbereichsbezogen sind (Nr. 4),
    • der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie (Nr. 5)
    • der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen bestimmter Betriebsformen (Nr. 6),
    • der Kernenergie (Nr. 7) oder
    • der solaren Strahlungsenergie (Nr. 8) dienen.

Um zu verhindern, dass das Gesetz umgangen und der Außenbereich zersiedelt wird, setzt die Privilegierung eines Vorhabens in allen Varianten des § 35 Abs. 1 BauGB voraus, dass die Zuordnung des jeweiligen Vorhabens zu dem die Privilegierung rechtfertigenden Zweck auf Dauer gewährleistet ist.

Im Folgenden wird auf Nr. 1 und Nr. 4-8 näher eingegangen.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Das Recht der Baugenehmigung“ von Olaf Bühler, Rechtsanwalt, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-90-8.


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