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Baugenehmigung – Teil 06 – Kerngebiete

2.1.2.2.2.3 Kerngebiete

Aufgrund der allgemeinen Zweckbestimmung des § 7 Abs. 1 BauNVO, wonach Kerngebiete vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dienen, herrschen in diesem Baugebiet solche Anlagen und Einrichtungen vor, die durch einen größeren, unter Umständen überörtlichen Einzugsbereich und daraus resultierenden starken Publikumsverkehr charakterisiert sind. Deshalb handelt es sich hierbei insbesondere um die Innenstädte der Großstädte, aber auch um Zentren von Stadtbezirken oder von kleineren und mittleren Städten.1

Klassische Kerngebietsnutzungen sind Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und kerngebietstypische Vergnügungsstätten wie Diskotheken und Kinos.2

Kerngebiete haben die zentrale Funktionen mit vielfältigen Nutzungen und einem – urbanen – Angebot an Gütern und Dienstleistungen für Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs.3

2.1.2.2.2.4 urbane Gebiete

Das erst durch Novelle 2017 in die BauNVO aufgenommene urbane Gebiet gem. § 6 a BauNVO dient dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören. Die Nutzungsmischung muss nicht gleichgewichtig sein.

Grundsätzlich zulässig im urbanen Gebiet sind Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

Ausnahmsweise zulässig in urbanen Gebieten sind Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, und Tankstellen.

Besonderheit es urbanen Gebiets, das eingerichtet wurde, um in städtischen Lagen eine höhere bauliche Dichte und andere Nutzungsmischungen zu ermöglichen, als dies in den herkömmlichen besonderen Wohngebieten möglich war, ist gem. Abs. 4 die Festsetzungsmöglichkeit von unterschiedlichen Nutzungen für verschiedene Geschosse des gleichen Gebäudes, so z. B. dass im Erdgeschoss Wohnnutzung nur in der straßenabgewandten Seite oder aber ab einem bestimmten Geschossig nur Wohnnutzung zulässig ist.

2.1.2.2.3 Gewerbliche Nutzung

Betriebe zur gewerblichen Nutzung sind Gewerbe- und Industriegebiete.4

2.1.2.2.3.1 Gewerbegebiete

Gewerbebetriebe dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, § 8 Abs. 1 BauNVO.5

Allgemein zulässig sind zunächst Gewerbebetriebe aller Art6, einschließlich der Prostitution7 Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe. Der sehr weite Begriff des „Gewerbebetriebs aller Art“ ist von der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets her dahin einzuschränken, dass nur solche Gewerbebetriebe zulässig sind, die im Einklang mit der von der BauNVO vorausgesetzten typischen Funktionen dieses Gebietes stehen und nicht anderen Baugebieten ausdrücklich oder nach ihrer allgemeinen Zweckbestimmung zugewiesen sind.8 Daraus folgt, dass im Gewerbegebiet alle Gewerbegebiete unzulässig sind, die erheblich belästigen. Diese gehören grundsätzlich ins Industriegebiet. Ob Belästigungen zu erwarten sind, ist auf Grund einer typisierenden Betrachtungsweise zu beurteilen.9

Ausnahmsweise zugelassen werden können betriebsbezogene Wohnungen.

Betriebswohnungen sind Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind.10 Folglich muss zwischen den Wohnungen einerseits und dem Betrieb andererseits ein funktionaler Zusammenhang bestehen.11 Laut dem Bundesverwaltungsgericht soll die Anwesenheit der Bereitschaftspersonen nicht zwingend erforderlich sein, sondern es genügen, dass sie aufgrund der grundsätzlich vom Betreiber zu verantwortenden Betriebsabläufe objektiv sinnvoll ist, was durch eine Erreichbarkeit durch Mobiltelefon oder Anrufumleitung nicht ausgeschlossen werde.12

Zudem können ausnahmsweise zugelassen werden Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke und Vergnügungsstätten.13

2.1.2.2.3.2 Industriegebiete

Industriegebiete nach § 9 BauNVO sind wie Gewerbegebiete der Ansiedlung von Gewerbebetrieben vorbehalten. Im Gegensatz zu den Gewerbegebieten dienen die Industriegebiete jedoch ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieb, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.14

Allgemein zulässig sind daher Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe sowie Tankstellen.15

Da das Industriegebiet das Gebiet mit dem höchstzulässigen Störungsgrad darstellt, dürfen in seinem Einwirkungsbereich andere störungsempfindliche Nutzungen, die zu Einschränkungen der industriellen Nutzung führen, nicht zugelassen werden.16

Ausnahmsweise zulässig sind – im Rahmen der Zweckbestimmung des Industriegebietes – betriebsgebundene Wohnungen und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.17

2.1.2.2.4 Sondergebiete

Die BauNVO unterscheidet zwischen Sondergebiete, die der Erholung dienen (§ 10 BauNVO) und sonstige Sondergebiete (§ 11 BauNVO).

Aus § 10 Abs. 1 BauNVO folgt, dass als Sondergebiete, die der Erholung dienen, insbesondere Wochenendhausgebiete, Ferienhausgebiete und Campingplatzgebiete in Betracht kommen. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Daher sind auch andere der Erholung dienende Sondergebiete möglich, beispielsweise ein Wassersportgebiet18 oder ein Sportzentrum mit Erholungsfunktion.19

Nach § 11 Abs. 1 BauNVO sind sonstige Sondergebiete Gebiete, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Bei sonstigen Sondergebieten müssen Zweckbestimmung und Art der Nutzung im Bebauungsplan festgesetzt werden. Zudem muss es sich von den anderen Baugebieten der BauNVO wesentlich unterscheiden.20


[1] Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öfftl BauR, § 6 Rn. 52.

[2] Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öfftl BauR, § 6 Rn. 53.

[3] BVerwG, Beschl. v.28.7.1988 – 4 B 119.88.

[4] Finkelnburg/Ortloff, Öfftl BauR I, S. 154.

[5] Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauNVO Komm, § 8 Rn. 1.

[6] BVerwGE 68, 213, 214.

[6] BVerwG, NVwZ-RR 1996, 84.

[7] BVerwGE 90, 140, 145.

[8] Finkelnburg/Ortloff, Öfftl BauR I, S.

[9] Pützenbacher, in: Bönker/Bischopink, BauNVO Komm, § 8 Rn. 110.

[10] BVerwG, Urt. v. 16.3.1984 – 4 C 50.80.

[11] BVerwG, Beschl. v. 22.6.1999 – 4 B 46.99.

[12] vgl. BVerwG, NVwZ 2002, 1384, 1385.

[13] Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauNVO Komm, § 8 Rn. 11 ff.

[14] Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauNVO Komm, § 9 Rn. 1.

[15] Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öfftl BauR, § 6 Rn. 58.

[16] BVerwG v. 24.2.2000 – 4 C 23.98.

[17] Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauNVO Komm, § 9 Rn. 7, 8.

[18] BVerwG, BRS 33 Nr. 31.

[19] Finkelburg/Ortloff/Kment, Öfftl BauR I, S. 157.

[20] Finkelburg/Ortloff/Kment, Öfftl BauR I, S. 159; BVerwG 134, 117, 120.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der Baugenehmigung“ von Olaf Bühler, Rechtsanwalt erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-90-8.


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