Aufhebungsvertrag - Teil 25 - Folgen eines wirksamen Aufhebungsvertrages
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Tilo Schindele
Rechtsanwalt
9. Rechtsfolgen eines wirksamen Aufhebungsvertrages
Ein wirksamer Aufhebungsvertrag hat arbeitsrechtliche, sozialrechtliche und steuerrechtliche Konsequenzen.
9.1 Arbeitsrechtliche Folgen
Die gravierendste arbeitsrechtliche Folge eines wirksamen Aufhebungsvertrags ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer ist nicht länger zur Arbeit verpflichtet und der Arbeitgeber muss keine Vergütung mehr zahlen. Je nachdem, wie der Aufhebungsvertrag ausgestaltet ist, müssen nun vereinbarte Leistungen abgewickelt werden. Dazu können beispielsweise
- noch ausstehende Vergütung,
- die Abbezahlung von Überstunden,
- eine Abfindung,
- Abgeltung von Urlaubsansprüchen sowie
- Tantieme
zählen.
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer ein Zeugnis ausstellen, §§ 630 4 BGB i.V.m. 109 I 1 GewO. Es sollte besprochen werden, ob und welche Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung bestehen.
9.2 Sozialversicherungsrechtliche Folgen
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag wirkt sich sozialversicherungsrechtlich aus:
9.2.1 Beitragsfreiheit bei Abfindungszahlungen
Abfindungen, die wegen Beendigung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Entschädigung für die Zeit danach gezahlt werden, stellen kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar (Fußnote). Eine Abfindung, die zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird, ist deshalb grundsätzlich nicht beitragspflichtig. Ausnahmsweise ist sie doch beitragspflichtig, wenn es sich um verdecktes Arbeitsentgelt handelt. Das ist der Fall, wenn die Abfindung auf während der Beschäftigung vorliegende Umstände rückbezogen wird.
Beispiel (Fußnote)
Arbeitnehmer F und Arbeitgeber N vereinbaren einen Aufhebungsvertrag. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält F wie im Aufhebungsvertrag vorgesehen eine Abfindung in Höhe des noch ausstehenden Lohnes.
- Grundsätzlich ist die Abfindung beitragsfrei.
- Vorliegend entspricht die Abfindung jedoch dem noch zu zahlenden Lohn. Dieser ist beitragspflichtig.
- Deshalb ist auch die Abfindung ausnahmsweise beitragspflichtig.
Ein Fall verdeckten Arbeitsentgelts liegt auch vor, wenn die Abfindung gezahlt wird, weil während eines fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses eine Rückführung auf die tarifliche Einstufung stattfindet oder die Wochenarbeitszeit verringert wird.
9.2.2 Verlust von Ansprüchen aus betrieblicher Altersversorgung
Je nachdem, welche Voraussetzungen eine Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung aufstellt, kann der Abschluss eines Aufhebungsvertrages und damit ein früheres Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis dazu führen, dass erforderliche Grenzwerte nicht erreicht werden. Der Arbeitnehmer sollte sich daher vor Abschluss des Aufhebungsvertrags über die betriebliche Altersversorgung in seinem Unternehmen informieren und sich überlegen, welche Folgen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt für ihn konkret haben würde.
Beispiel:
Arbeitnehmer A ist seit dem 1.6.2000 bei Arbeitgeber G angestellt. Er arbeitet in einem Zulieferungsbetrieb und erhält ein Bruttomonatsgehalt von 2.700,- Euro. Nachdem die Auftragslage kontinuierlich abgenommen hat, schlägt G dem A am 1.8.2014 vor, das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2014 zu beenden. A soll eine Abfindung in Höhe von 20.250,- Euro erhalten. Für den Betrieb des A gilt eine Betriebsvereinbarung die Folgendes vorsieht:
" § 4 betriebliche Altersversorgung
Beschäftigten, die zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens mindestens 15 Jahre im Betrieb gearbeitet haben, steht ein Anspruch auf betriebliche Altersversorgung zu. Die Höhe des Anspruchs ist folgendermaßen gestaffelt: …."
Was ist A zu raten?
- Falls A zum 31.12.2014 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, erfüllt er die Voraussetzungen für die betriebliche Altersversorgung nicht, weil er vor dem 1.6.2015 noch nicht 15 Jahre im Betrieb gearbeitet hat.
- A sollte mit G verhandeln und versuchen, den Beendigungszeitpunkt bis mindestens zum 1.6.2015 hinauszuzögern. G würde sich darauf, wenn überhaupt, nur unter der Bedingung einer reduzierten Abfindung einlassen. A sollte dann ausrechnen, ob es für ihn finanziell vorteilhafter ist, die betriebliche Altersversorgung zu erhalten oder die volle Abfindung.
- Alternativ ist es möglich, dass A und G den Beendigungszeitpunkt beibehalten und G die fehlende betriebliche Altersversorgung durch eine deutlich höhere Abfindung wettmacht.
- Für sachlich-rationale Verhandlungen ist wichtig, dass sowohl A als auch G die Auswirkungen des Beendigungszeitpunkts für die betriebliche Altersversorgung im Blick haben.
9.2.3 Nichterreichen von Wartezeiten gesetzlicher Renten-/Arbeitslosenversicherung
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Aufhebungsvertrag führt gegebenenfalls dazu, dass gesetzlich normierte Wartezeiten nicht erfüllt werden. Denkbar ist das unter anderem bei der gesetzlichen Regelaltersrente gem. § 35 SGB VI sowie bei der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.
9.2.3.1 Regelaltersrente
Gem. § 35 SGB VI besteht ein Anspruch auf Regelaltersrente unter folgenden Voraussetzungen:
- Erreichen der Regelaltersgrenze (Fußnote)
- Erfüllen der allgemeinen Wartefrist (Fußnote)
Ähnlich wie bei der betrieblichen Altersversorgung kann auch bei der gesetzlichen Regelaltersrente die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag zu einem Nichterreichen der von § 35 SGB VI geforderten Regelaltersgrenze beziehungsweise zu einem Nichterreichen der allgemeinen Wartefrist führen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten dies Bedenken und im konkreten Einzelfall prüfen, welcher Beendigungszeitpunkt im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 35 SGB VI sinnvoll ist.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Aufhebungsvertrag – Die einvernehmliche Trennung im Arbeitsverhältnis“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Carolina Erb, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-89-2.
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Tilo Schindele
Rechtsanwalt
Stand: Januar 2019
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