Aufhebungsvertrag - Teil 06 - Vereinbarung zur Umwandlung

3.6 Vereinbarung zur Umwandlung eines unbefristeten Arbeitsvertrags in einen befristeten Arbeitsvertrag

Es liegt nahe den Aufhebungsvertrag funktionswidrig als Instrument dazu zu benutzen, einen unbefristeten Arbeitsvertrag in ein befristetes Arbeitsverhältnis umzuwandeln. Dies erklärt sich damit, dass insbesondere Arbeitgeber den Vorteil, dass Aufhebungsverträge anders als Änderungskündigungen gerichtlich weniger kontrolliert werden für sich nutzen möchten. Ein Aufhebungsvertrag ist jedoch in seiner Natur nach auf endgültige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgerichtet. Deshalb ist es funktionswidrig und mithin unzulässig, ihn so auszugestalten, dass er auf die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. Das Bundesarbeitsgericht hält einen Aufhebungsvertrag ohne sachlichen Grund für die anschließende Befristung für unwirksam (BAG, Urteil vom 12. 01. 2000 - 7 AZR 48/99, NZA 2000, 718).

Ausnahmsweise kann ein Aufhebungsvertrag mit dem Ziel der Beendigung des bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnisses und dem Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses zulässig sein. Die Zulässigkeit richtet sich danach, ob ein sachlicher Grund iSd § 14 I 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) vorliegt. Die Anforderungen für das Vorliegen eines sachlichen Grundes entsprechen denen der nachträglichen Befristung eines ursprünglich unbefristet geschlossenen Vertrages.
Gem. § 14 I 2 TzBfG liegt insbesondere in folgenden Fällen ein sachlicher Grund vor:

  • der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung besteht nur vorübergehend
  • die Befristung erfolgt im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern
  • der Arbeitnehmer wird zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt
  • die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung
  • die Befristung erfolgt zur Erprobung
  • in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe rechtfertigen die Befristung
  • der Arbeitnehmer wird aus Haushaltsmitteln vergütet, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
  • die Befristung beruht auf einem gerichtlichen Vergleich

Beispiel (vgl. BAG, Urteil vom 12.01.2000 - 7 AZR 48/99, NZA 2000, 718):
K war seit 1982 als Betriebselektriker unbefristet an der technischen Universität Dresden (T) beschäftigt. Aufgrund eines bevorstehenden Personalabbaus schaute er sich nach einer neuen Stelle bei T um. Am 17.12.1992 teilte T dem K mit, er könne eine freie Stelle besetzen. Die freie Stelle ist intern mit einem "kw-Vermerk" zum 31.12.1996 versehen, was bedeutet, dass sie auf Dauer wegfallen wird. Das ist K nicht bekannt. Am 7.1.1994 unterschreiben K und T einen Vertrag, der die einvernehmliche Beendigung von Ks Arbeitsverhältnis zum 31.12.1996 festlegt. Eine Abfindung für K wird nicht vereinbart. Wurde das Arbeitsverhältnis des K zum 31.12.1996 beendet?

  • Der Vertrag vom 7.1.1994 ist ein Aufhebungsvertrag. Durch ihn ist das Arbeitsverhältnis des K grundsätzlich zum 31.12.1996 beendet worden.
  • Der Aufhebungsvertrag ist jedoch unwirksam, wenn er einer nachträglichen Befristung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses gleichkommt, die sachlich nicht gerechtfertigt ist. Zwar unterliegt ein Aufhebungsvertrag grundsätzlich keiner gerichtlichen Befristungskontrolle und ist ohne besondere Gründe zulässig, aber ausnahmsweise gilt etwas Anderes: Ein Aufhebungsvertrag, der nicht auf die Beendigung, sondern auf eine befristete Fortsetzung eines Dauerarbeitsverhältnisses gerichtet ist, bedarf zu seiner Wirksamkeit eines sachlichen Grundes i.S.d. § 14 TzBfG. Hintergrund dafür ist, dass ein Aufhebungsvertrag letzteren Formats sonst funktionswidrig eingesetzt werden könnte, um die Befristungskontrolle i.S.d. § 14 TzBfG zu umgehen. Vorliegend wurde der Aufhebungsvertrag bereits am 7.1.1994 geschlossen, das Beendigungsdatum aber erst auf den 31.12.1996 gelegt. Dieser lange Zeitraum spricht dafür, dass der Aufhebungsvertrag auf eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtet war. Auf eine Umgehung der Befristungskontrolle deutet weiter hin, dass K keine Abfindung erhalten soll. Für die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags ist daher das Vorliegen eines sachlichen Grundes i.S.d. § 14 I 1 TzBfG erforderlich. Ein solcher ist nicht ersichtlich.
  • Der Aufhebungsvertrag ist deshalb unwirksam. Das Arbeitsverhältnis des K ist nicht zum 31.12.1996 beendet worden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Aufhebungsvertrag – Die einvernehmliche Trennung im Arbeitsverhältnis“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Carolina Erb erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-89-2.


Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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