Arztpraxis – Kauf und Übergang – Teil 08 – Kündigung: allgeime Voraussetzungen und aus Anlass des Praxisüberganges

VI. Kündigung

1. Allgemeine Voraussetzungen

Die Kündigung stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar, d.h. mit Zugang, eventuell nach Ablauf einer Kündigungsfrist bei der ordentlichen Kündigung (§ 622 BGB), wird das Arbeitsverhältnis rechtsgestaltend beendet. Eine Annahme der Kündigung oder eine Mitwirkungshandlung durch den Arbeitnehmer ist nicht erforderlich. Sie kann grundsätzlich jederzeit und an jedem Ort „ausgesprochen“ werden. Eine einmal „ausgesprochene“ Kündigung kann nicht zurückgenommen werden.

Der Wille des kündigenden Praxisinhabers, das Arbeitsverhältnis einseitig zu beenden, muss klar und eindeutig aus seiner Erklärung hervorgehen. Die Kündigung hat nach § 623 BGB zwingend schriftlich zu erfolgen. Es ist nicht erforderlich, dass die Worte „kündigen“ oder „Kündigung“ enthalten sind. Es genügt also jede Formulierung, durch die er dem Arbeitnehmer eindeutig seinen Willen kundgibt, dass Arbeitsverhältnis zu lösen. Entscheidend ist gem. § 130 BGB der Empfängerhorizont. Die Nichteinhaltung der Schriftform führt zur Nichtigkeit der Kündigung, § 125 BGB.

Das Gesetz schreibt eine vorherige Anhörung des Gekündigten, außer bei einer Verdachtskündigung nicht vor; die Anhörung wird in der Praxis aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers allerdings zu empfehlen sein.

Das Kündigungsschreiben sollte dem Mitarbeiter Punkt für Punkt vorgelesen werden. Der Mitarbeiter ist berechtigt auf Nachfrage den Kündigungsgrund zu erfahren. Er ist auf die Meldung bei der Bundesagentur für Arbeit hinzuweisen. Um eventuelle Beweisschwierigkeiten bei einer drohenden Kündigungsschutzklage zu vermeiden, sollte bei dem Zugang der Kündigung eine dritte Person anwesend sein (Zeuge). Ist dies nicht möglich, ist ratsam die Kündigung vom Betroffenen unterschreiben zu lassen. Weitere Möglichkeiten sind der Einwurf der Kündigung in den Hausbriefkasten, Einschreiben mit Rückschein, Einwurfeinschreiben oder Zustellung durch Gerichtsvollzieher.

Der Praxisinhaber kann sich bei der Abgabe der Kündigung vertreten lassen, § 164 I, III BGB. Die Kündigung ist bei einer wirksamen Bevollmächtigung im Innenverhältnis unwirksam, wenn der Vertreter nicht eine Vollmachtsurkunde vorlegt und der andere die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Eine Vollmachtsurkunde steht einer entsprechenden Mitteilung des Vertretenen an den Erklärungsempfänger gleich, § 174 I BGB.

Des Weiteren darf kein besonderer Kündigungsschutz bestehen, z.B. § 9 MuSchG, § 15 KSchG etc.

2. Kündigung aus Anlass des Praxisüberganges

Dem Arbeitnehmer ist nicht aus Anlass des Betriebsüberganges zu kündigen. Der Praxisübergang darf nicht der Beweggrund/das Motiv bzw. Anlass für die Kündigung des Arbeitnehmers sein(Fußnote). Es ist von der Kündigung aus Anlass des Betriebsübergangs auszugehen, wenn andere sachliche Gründe, die aus sich heraus die Kündigung rechtfertigen, nicht vorhanden sind(Fußnote). Dabei muss der bisherige Praxisinhaber im Zeitpunkt der Kündigung den Betriebsübergang bereits geplant und dieser bereits konkrete Formen angenommen haben, die den Praxisübergang aus Sicht des Veräußernden vorbereiten und ermöglichen sollen. Eine entsprechende Kündigung ist unwirksam.

Gleiches gilt, wenn der Praxisübergang der wesentliche mitbestimmende Anlass für die Kündigung war. Reine Ursächlichkeit ist nicht ausreichend.

Eine Kündigung durch den bisherigen Praxisinhaber ist auch dann wegen dem Praxisübergang unwirksam, wenn der erwerbende Arzt die Übernahme der Praxis von der Kündigung eines bestimmten Arbeitnehmers abhängig macht, weil ihm dieser beispielsweise „zu teuer“ ist(Fußnote). Der Sinn und Zweck des § 613 a BGB soll die Vertragsparteien gerade daran hindern, den Betriebsübergang zur Kündigung unliebsamer Arbeitnehmer zu benutzen.

Ob es letztendlich zu einem Praxisübergang kommt ist unerheblich. Ein späteres Scheitern des Vertrages oder eine unerwartete Fortführung der Praxis führen nicht zu einer Wirksamkeit der zuvor ausgesprochenen Kündigung(Fußnote).

3. Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen

Obwohl die Kündigung aus Anlass des Praxisüberganges nicht wirksam ist, ist eine Kündigung aus anderen Gründen möglich.

a. Ordentliche Kündigung

aa. Kündigungsfrist

Entscheidend bei der ordentlichen Kündigung ist die Einhaltung der Kündigungsfristen nach § 622 BGB, die sich nach der Betriebszugehörigkeit des Gekündigten in der Praxis bemisst.

Gem. § 622 II BGB beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb

1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2. fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3. acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4. zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,z
5. wölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6. fünfzehn Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7. zwanzig Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Arztpraxis – Kauf und Übergang“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Michael Kaiser, auf Arztrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Carola Ritterbach, auf Steuerrecht spezialisierte Rechtsanwältin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0.


 

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Stand: Januar 2016


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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Michael Kaiser berät und vertritt seit vielen Jahren Patienten, Ärzte und Gesundheitsorganisationen bei Rechtsfragen um Arztrecht/Medizinrecht.
Er vertritt Krankenversicherungsnehmer bei der Durchsetzung von Ansprüchen auf Krankenversicherungsleistungen gegen Krankenkassen. Insbesondere die Übernahme der Kosten für neue, vielversprechende, aber noch nicht anerkannte Behandlungsmethoden durch die Krankenkassen liegt ihm am Herzen.
Er vertritt Patienten und Ärzte bei Arzthaftungsfällen. Er vertritt Ärzte beim Streit um die Vergütung bei Kassen- oder Privatpatienten und bearbeitet berufs- und standesrechtliche Fragestellungen, z.B. die Grenzen zulässiger Werbung, patent- und markenrechtliche Probleme oder Regressansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung.
Michael Kaiser begleitet Ärzte bei der Gründung und Auseinandersetzung von Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften sowie bei der Praxisnachfolge.

Rechtsanwalt Michael Kaiser hat veröffentlicht:

  • Arztpraxis – Kauf und Übergang, Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Arztrecht/Medizinrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Arzthaftung: Die Haftung des Arztes für Behandlungsfehler
  • Die Ärztegesellschaft: Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft
  • Arzthonorar und Kassenärztliche Vereinigung: Abrechnung und Regress
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Sie bietet im Bereich des Kapitalmarktrechts folgende Vorträge an:

  • Bilanzoptimierung und Ratingverbesserung durch Finanzierung
  • Unternehmerische Beteiligungen - Das Für und Wieder
  • Freie Finanzanlagenberater und -vermittler: Was ist gegenüber den Kunden zu beachten?


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Gericht / Az.: BAG, BB 1983, 2116; BAG, NZA 1986, 522; BAG, DB 1983, 2116
Normen: § 662 BGB, § 15 KSchG

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