Arzthaftung – Teil 05 – Totaler Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag

2.3.1.1 Der Belegarzt

Der Belegarzt ist selbstständig tätig und schließt mit dem Patienten einen Vertrag über sämtliche ärztliche Leistungen. Der Belegarzt ist danach nicht am Krankenhaus angestellt, sondern nur berechtigt, seine Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel stationär oder teilstationär zu behandeln. Er erhält vom Krankenhaus für seine Leistungen dabei keine Vergütung. In seine Tätigkeit haftungsrechtlich einbezogen sind dabei seine eigenen wie auch die ihm nachgeordneten Ärzte. Er handelt hierbei nicht als Organ des Krankenhausträgers. Die nicht-ärztlichen, sondern pflegerischen und medizinischen Leistungen schuldet daneben das Krankenhaus aus einem zusätzlich geschlossenen Vertrag. Die Abgrenzung der der einzelnen Verantwortungsbereiche gestaltet sich hierbei in Haftungsfragen häufig besonders schwierig. Der Frage nach dem richtigen Anspruchsgegner ist deshalb im Prozess besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

2.3.1.2 Der Honorararzt

Der Honorararzt, der eine Unterform des Belegarztes darstellt, schließt mit dem Krankenhaus als niedergelassener Arzt einen Vertrag, durch den er ärztliche (Fußnote) Leistungen im Auftrag des Krankenhauses erbringt. Im Unterschied zum echten Belegarzt schließt der Patient den Vertrag mit dem Krankenhaus als Vertragspartner. Für den Patienten wird deshalb meistens nicht zu erkennen sein, ob ein Arzt als Angestellter des Krankenhauses tätig wird oder im Rahmen einer Honorararztvereinbarung.

2.3.1.3 Konsiliararzt

Unter einem Konsiliararzt ist ein Arzt zu verstehen, der im Rahmen eines Konsils (Besprechung zweier oder mehrerer Ärzte zur Sicherstellung oder Beratung über einen bestimmten Patienten über seine Diagnose und den Behandlungsverlauf) als niedergelassener Arzt hinzugezogen wird. Hierbei wird er in der Regel beratend oder unterstützend tätig. Dann handelt es sich um einen echten Konsiliararzt.
Der unechte Konsiliararzt dagegen ist ebenso niedergelassen und nicht vom Krankenhaus angestellt. Er erbringt allerdings die durch das Krankenhaus geschuldete Hauptleistung (Fußnote). In haftungsrechtlichen Belangen ist hierbei zur Findung des richtigen Anspruchsgegners eine genaue Abgrenzung der durchgeführten Tätigkeiten durchzuführen. Grundsätzlich bleibt der ursprünglich behandelnde Arzt, der den Konsilarzt zur Behandlung hinzugezogen hat, Verantwortlicher gegenüber dem Patienten und haftet. Das Verhalten des Konsiliararztes wird ihm dann zugerechnet durch § 278 BGB. Den Konsiliararzt kann daneben allerdings trotzdem die deliktische Haftung für seinerseits zu verantwortende Behandlungsfehler treffen. Handelt er allerdings als unechter Konsiliararzt, weil durch die Ausgestaltung seiner Tätigkeit (Integration in den Dienstbetrieb, regelmäßiges Tätigwerden innerhalb des Krankenhausbetriebes, kein echtes selbstständiges Arbeiten) als Organ des Krankenhauses auftritt, wird eine Haftung aus § 831 BGB angenommen.
Im Zweifel findet eine Zurechnung des Konsilarztes zum Krankenhausträger statt, wenn für den Patienten nicht klar ersichtlich ist, wer sein Vertragspartner werden wollte.

2.3.2 Totaler Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag

Der totale Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag bezeichnet eine Vertragskonstruktion, in der der Patient einen Vertrag mit dem Krankenhausträger schließt und zusätzliche Wahlleistungen (in der Regel durch einen bestimmten Arzt) mit einem Arzt vereinbart. In Abgrenzung zum einheitlichen Krankenhausvertrag ist hierbei der liquidationsberechtigte leitende Krankenhausarzt aus seinem Zusatzvertrag zur persönlichen Behandlung des Patienten verpflichtet (Fußnote). Der Krankenhausträger schuldet daneben grundsätzlich die Unterbringung und Verpflegung, sowie die umfassende ärztliche Behandlung des Patienten. Der Krankenhausträger haftet hierbei für das Fehlverhalten aller ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter einschließlich des Arztes, der den Zusatzvertrag mit dem Patienten geschlossen hat. Der Patient will regelmäßig durch die zusätzliche Vereinbarung mit dem Arzt nur "Wahlleistungen hinzukaufen" und nicht auf die Haftung des Krankenhausträgers verzichten. Eine Haftungsbeschränkung des Krankenhauses soll deshalb aus diesem Zusatzvertrag nicht entstehen, sodass bei einer Vertragsverletzung des Arztzusatzvertrages die ärztliche Haftung neben die des Krankenhausträgers tritt. Beide haften dann als Gesamtschuldner.
Ausnahmen hiervon kann es dann geben, wenn dies ausdrücklich in dem Vertrag zwischen Arzt und Krankenhausträger geregelt ist. Dadurch kann die Haftung des Krankenhausträgers begrenzt sein. Voraussetzung dafür, dass diese Begrenzung wirksam und danach der Arzt für eigenes Verhalten nur selbst haftbar gemacht werden kann, ist allerdings, dass wegen der dargelegten Erwartungshaltung des Patienten eine solche Ausnahmeregelung klar zum Ausdruck kommen und sich- sofern keine mündliche Erklärung erfolgt- innerhalb des durch die Unterschrift des Patienten gedeckten Vertragstextes befinden muss und damit unmissverständlich dargestellt wird (Fußnote).

Beispiel für die Haftung aus gespaltenem Vertrag
Patient X schließt zu seiner stationären Behandlung einen totalen Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag mit dem Chefarzt. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Fußnote) des Krankenhausvertrages findet sich ein Hinweis darauf, dass die Haftung des Krankenhausträgers insofern beschränkt wird, dass für Fehlverhalten des Arztes dieser nur selbst in Anspruch genommen werden kann. Der Patient X wird bei Vertragsschluss nicht im Besonderen auf diese Beschränkung hingewiesen. Während der Behandlung unterläuft dem Chefarzt dann ein Behandlungsfehler, der X nimmt deshalb den Krankenhausträger in Anspruch. Dieser macht geltend, dass aufgrund der AGB-Klausel keine Ansprüche gegen ihn bestehen könnten.

  • Der Haftungsausschluss gegenüber dem Patienten ist hier nicht wirksam. Eine deutliche Aufklärung über die Haftungsverteilung hat gerade nicht stattgefunden, sodass der X darauf vertrauen durfte, dass der Krankenhausträger ihm gegenüber in der Haftungsverantwortung ist. Der Chefarzt sowie der Krankenhausträger haften somit als Gesamtschuldner, der X kann beide nebeneinander oder einzeln auf den gesamten Schadensbetrag in Anspruch nehmen.

Die Abgrenzung, ob ein einheitlicher Vertrag mit dem Krankenhausträger vorliegt oder die Wahlleistung durch einen zusätzlichen Vertrag mit dem Arzt geschlossen wird, ist einzelfallabhängig und bestimmt sich nach den konkreten Vereinbarungen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Arzthaftung - Nachweis und Durchsetzung von Ansprüchen bei ärztlichen Behandlungsfehlern“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Magdalena Mahrenholtz, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-86-1.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Michael Kaiser berät und vertritt seit vielen Jahren Patienten, Ärzte und Gesundheitsorganisationen bei Rechtsfragen um Arztrecht/Medizinrecht.
Er vertritt Krankenversicherungsnehmer bei der Durchsetzung von Ansprüchen auf Krankenversicherungsleistungen gegen Krankenkassen. Insbesondere die Übernahme der Kosten für neue, vielversprechende, aber noch nicht anerkannte Behandlungsmethoden durch die Krankenkassen liegt ihm am Herzen.
Er vertritt Patienten und Ärzte bei Arzthaftungsfällen. Er vertritt Ärzte beim Streit um die Vergütung bei Kassen- oder Privatpatienten und bearbeitet berufs- und standesrechtliche Fragestellungen, z.B. die Grenzen zulässiger Werbung, patent- und markenrechtliche Probleme oder Regressansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung.
Michael Kaiser begleitet Ärzte bei der Gründung und Auseinandersetzung von Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften sowie bei der Praxisnachfolge.

Rechtsanwalt Michael Kaiser hat veröffentlicht:

  • Arztpraxis – Kauf und Übergang, Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Arztrecht/Medizinrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Arzthaftung: Die Haftung des Arztes für Behandlungsfehler
  • Die Ärztegesellschaft: Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft
  • Arzthonorar und Kassenärztliche Vereinigung: Abrechnung und Regress
  • Vergütungsansprüche von Ärzten und Therapeuten

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