Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 04 – Modifikationen der Zugewinngemeinschaft

2.1.5.2 Modifikationen der Zugewinngemeinschaft

Durch ehevertragliche Modifikationen des Zugewinnausgleichs kann die Zugewinngemeinschaft an die Situation und die Interessen einer Unternehmerehe angepasst werden.

2.1.5.2.1 Ausschluss des Zugewinnausgleichs

Der Zugewinnausgleichsanspruch kann auf verschiedene Art und Weise ausgeschlossen werden:

  • genereller Ausschluss
  • Bedingungen und Befristungen
  • Dauerhafte oder einmalige Kompensationsleistungen

2.1.5.2.1.1 Genereller Ausschluss

Ein genereller Ausschluss des Zugewinnausgleichs führt dazu, dass sich die Ehe an eine Ehe mit vereinbarter Gütertrennung angleicht. Allerdings bestehen die Verfügungsbeschränkungen der Zugewinngemeinschaft weiterhin. Diese Situation kann unbillig sein, wenn der nicht unternehmerisch tätige Ehegatte aufgrund seiner Stellung während der Ehe, etwa weil er die Kindererziehung übernommen hat, mittellos bleibt und durch die Scheidung finanziellen Gefahren ausgesetzt wird. Zudem findet auch im Todesfall keine finanzielle Unterstützung durch den Zugewinnausgleich statt.

Beispiel
Unternehmer U und seine Ehefrau F vereinbaren in ihrem Ehevertrag für den Scheidungsfall, dass kein Zugewinnausgleich gezahlt werden soll. Für U ist dies vorteilhaft, da im Scheidungsfall keine Ausgleichsforderung seiner Frau entsteht.

  • F wird im Scheidungsfall so behandelt, als hätte sie mit U in Gütertrennung gelebt. Sie erhält keinen Ausgleich aufgrund der Scheidung.

Solche finanziellen Nachteile sind im Rahmen einer Ehe meist nicht gewollt. Um diese zu vermeiden, kann der gesetzliche Güterstand mit dem Zugewinnausgleichsanspruch grundsätzlich bestehen bleiben. Es bieten sich aber Modifikationen an, die die besonderen Interessen der Ehepartner berücksichtigen und rechtlich umsetzen können.

2.1.5.2.1.2 Bedingungen und Befristungen

Eine Auszahlung des Zugewinnausgleichs kann durch einen Ehevertrag an Bedingungen oder Befristungen geknüpft werden, die die Ehe als solche betreffen.

Beispiel
Unternehmer U und seine ebenfalls berufstätige Ehefrau F vereinbaren einen Ausschluss des Zugewinns. Allerdings fügen sie für den Fall, dass F aufgrund von Schwangerschaft und Kindesbetreuung nicht arbeiten kann, eine auflösende Bedingung ein, wonach der Ausschluss des Zugewinnausgleichs aufgehoben wird. Kombiniert werden kann diese Bedingung mit einer Befristung für einen bestimmten Zeitabschnitt, bspw. für die Dauer der Kindesbetreuung oder bis das Kind ein gewisses Alter erreicht oder die F wieder eine Erwerbstätigkeit angetreten hat.

  • Durch eine solche Regelung wird der das Kind betreuende Ehegatte zwar finanziell abgesichert, aber die Schwierigkeiten des Ausgleichsanspruchs, vor allem im unternehmerischen Bereich, bleiben bestehen.

2.1.5.2.1.3 Dauerhafte oder einmalige Kompensationsleistungen

Statt dem Zugewinn können dauerhafte oder einmalige Kompensationsleistungen vereinbart werden.

Beispiel
Unternehmer U und seine Ehefrau F vereinbaren in ihrem Ehevertrag für den Scheidungsfall, dass der Zugewinnausgleichsanspruch zwar ausgeschlossen wird, aber dass die F dafür das Wohnhaus der Familie als einmalige Kompensationsleistung übertragen bekommt.

Unbilligkeiten können sich dann ergeben, wenn eine solche Vereinbarung zu Beginn der Ehe geschlossen wird. Dann könnten sich die damit verknüpften Erwartungen, also die Kompensation des ausgeschlossenen Ausgleichsanspruchs etwa aufgrund kurzer Ehedauer, nicht bewahrheiten. Kompensationsleistung und der hypothetische Zugewinnausgleichsanspruch stünden nicht mehr in Relation zueinander. Um diese Situation zu umgehen, kann die Kompensation von der Dauer der Ehe abhängig gemacht werden. Dann könnte entweder eine während der Ehe laufende, in bestimmten Abständen zu erbringende Geldleistung vereinbart werden oder eine einmalige Leistung im Scheidungsfall, die mit der Dauer der Ehe korreliert.

Durch den Ausschluss des Zugewinnausgleichs umgeht der Unternehmer die sonstigen Unternehmensbewertungsprobleme und Liquiditätsbelastungen im Scheidungsfall. Allerdings wird der weniger vermögendere Ehegatte einem solchen Ausschluss regelmäßig nur dann zustimmen, wenn er dafür eine ausreichende Kompensationsleistung erhält. Die Verpflichtung zu einer Kompensationsleistung kann sich für den Unternehmer vor- und nachteilhaft auswirken. Die vereinbarte Leistung kann sich aufgrund unvorhergesehener Veränderungen als zu hoch darstellen. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn das Unternehmen des zum Ausgleich verpflichteten Ehegatten nicht in dem Maße wächst, wie es vorhergesehen wurde. Vorteilhaft hingegen stellt sich die Umgehung der Zugewinnausgleichsproblematik dar. Zudem kann eine Kompensationsleistung auch weit unter dem Wert des hypothetisch zu erbringenden Zugewinnausgleichs liegen und damit im Gesamtergebnis finanziell entlastend sein. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Höhe der Ausgleichsforderung vertraglich beschränkt ist und sich der Unternehmer im Vorfeld auf diese finanzielle Belastung einstellen kann. Wenn die Ehegatten sich darüber einigen können, dass der Zugewinnausgleich zwar ausgeschlossen wird aber eine eheabhängige Kompensationsleistung an diese Stelle treten soll, ist das für den unternehmerisch tätigen Ehegatten die wohl angenehmste und das Unternehmervermögen am umfassendsten schützende Lösung.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.


 

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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

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Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
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Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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