Werbeanlagen – Teil 02 – Sichtbarkeit und Funktion

2.2 Vom öffentlichen Verkehrsraum sichtbar

Als weiteres Erfordernis muss die Werbung vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sein. Der öffentliche Verkehrsraum ist dabei weit gefasst. Verkehr meint nicht nur den Straßenverkehr, sondern vielmehr Publikumsverkehr. Es gehören alle öffentlichen Straßen und öffentlich gewidmeten Wege dazu. Ebenso sind Plätze, die privater Verfügungsbefugnis unterliegen aber von einer unbestimmten Vielzahl von Personen betreten werden dürfen, davon erfasst.

Nicht gefordert wird allerdings, dass die Werbung selbst im öffentlichen Verkehrsraum steht. Es genügt prinzipiell der optische Kontakt mit der Werbeanlage.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass jegliche Werbung im Innenraum eines Gebäudes davon nicht erfasst ist, wenn sie nicht durch die Öffentlichkeit wahrgenommen werden kann.

Beispiel 1:
Unternehmer U hat ein großes Ladengeschäft an einer Hauptverkehrsstraße in der Stadt S. Er will hinter den großen Schaufenstern moderne LED-Leinwände anbringen, auf denen er Werbung für seine Produkte machen will. Unterfallen die Werbetafeln der Definition aus § 2 Abs. 9 S.1 LBO BW?

  • Die LED-Leinwände unterfallen dann der Definition aus § 2 Abs. 9 S.1 LBO BW, wenn sie vom öffentlichen Verkehr aus sichtbar sind. Diese befindet sich zwar im Innenraum des Geschäftes von Unternehmer U, allerdings sind sie durch die großen Schaufenster von der Straße aus sichtbar. Dabei handelt es sich um öffentlichen Verkehrsraum. Daher fallen die LED-Leinwände unter die Definition.

Beispiel 2:
Unternehmer U aus der Gemeinde G plant eine Werbeaktion. Er will sein Logo auf einer Bande im Stadion des regionalen Fußballvereins der G platzieren. Handelt es sich dabei um einen öffentlichen Verkehrsraum?

  • Bei Bandenwerbung ist die Situation schwieriger. Einerseits sind Sportplätze oder Stadien bauliche Anlagen, sodass sich die Bandenwerbung dann im inneren einer baulichen Anlage befindet. Andererseits sind die Sportplätze und Stadien der Öffentlichkeit zugänglich. Daher wird man wohl ehr davon ausgehen müssen, dass es sich um öffentlichen Verkehrsraum handelt.

2.3 Werbende Funktion

Als weitere Voraussetzung muss von der Anlage eine werbende Funktion ausgehen. Dass dies ein wesentlicher Faktor für eine Werbeanlage ist, ergibt sich eigentlich schon aus der Natur der Werbeanlagen. Sinn muss es sein, einen Werbeerfolg zu erzielen und die Aufmerksamkeit auf die Anlage selbst zu lenken. Somit sind Anlagen, die lediglich auf sich selbst hinweisen, davon nicht erfasst. Es muss zusätzlich auf andere Gegenstände, Leistungen oder Gewerbe hingewiesen werden. Ob von einer Anlage tatsächlich eine werbende Funktion ausgeht, kann nur im konkreten Einzelfall geprüft werden. Es müssen dabei die örtlichen und sonstigen Gegebenheiten mitberücksichtig werden.

Die Hinweisfunktion muss sich aber nicht unbedingt auf ein klassisches Gewerbe oder Handwerk richten. Vielmehr genügt es auch, wenn auf politische, kulturelle oder auch religiöse Zwecke hingewiesen wird.

Beispiel 1:
Der Unternehmer U betreibt ein Autohaus. Zu Webezwecken stellt U zwei Fahnenmasten auf. Zwischen die beiden Masten spannt er dann immer ein Banner, welches auf die aktuellen Angebote und Aktionen hinweist. Erfüllen diese Fahnenmasten eine werbende Funktion?

  • Die werbende Funktion ist ziemlich offensichtlich. Die Banner weisen auf den Gewerbebetrieb des U hin und bewerben die speziellen Angebote. Dabei ist zu beachten, dass Banner und Masten als einheitliche Anlage gesehen werden.

Beispiel 2:
Fußballfan F stellt einen Fahnenmast in seinem privaten Garten auf, um daran die Fahne seines Lieblingsvereines B zu befestigen. Handelt es sich dabei um eine Werbeanlage im baurechtlichen Sinne mit einer werbenden Funktion?

  • Auch hier sind die Umstände des Einzelfalles entscheidend. Dazu sind der Standort und die Zweckbestimmung des Fahnenmastes zu berücksichtigen. Vorliegend stellte der F, als Fußballfan, eine Fahne in seinem Garten auf, ohne damit einen weiteren Zeck zu verfolgen. Die Fahne soll nur seine Affektion zu seinem Lieblingsverein zur Schau stellen. Unter diesen Umständen ist die aufgestellte Fahne nicht als Werbeanlage im baurechtlichen Sinne zu betrachten.

Beispiel 3:
Der Discobetreiber D wünscht sich mehr Kunden. Um dies zu erreichen stellt er einen sogenannten Skybeamer auf. Dieser projiziert in der Nacht einen Lichtstrahl in den Himmel, der auch aus größerer Entfernung noch zu sehen ist. Hat der Skybeamer eine werbende Funktion?

  • Hierbei sind wieder die Umstände des Einzelfalles zu beachten. Jedoch geht die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass ein solcher Himmelsstrahler, für sich genommen, schon ein Hinweis dafür ist, dass sich eine Diskothek in dessen Nähe befindet. Dies kommt daher, weil nämlich solche vergleichbaren Anlagen öfters von Discotheken oder ähnlichen Vergnügungsstätten benutzt werden. Die werbende Funktion liegt dann im Hinweis auf die Diskothek.

Erfüllt eine Anlage alle eben genannten Voraussetzungen, so handelt es sich sowohl in bauplanungsrechtlicher, wie auch bauordnungsrechtlicher Hinsicht, um eine Werbeanlage.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Zulässigkeit von Werbeanlagen“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2016, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-006-9.


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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