Baugenehmigung – Teil 16 – Schädliche Umwelteinwirkungen

2.3.3.1.2 Schädliche Umwelteinwirkungen

Darüber hinaus werden öffentliche Belange beeinträchtigt, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt ist, § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB. Zur Bestimmung des Belangs „schädliche Umwelteinwirkungen“ kommt es maßgeblich auf den diesbezüglichen Aussagegehalt des § 3 BImSchG an. Nach § 3 Abs. 1 BImschG sind unter schädlichen Umwelteinwirkungen alle Immissionen zu verstehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Nachteile und Belästigungen sind nur erheblich, wenn sie der Umgebung nicht zugemutet werden können. Die Einwirkungen müssen nicht notwendig den Menschen betreffen; sie können sich auch auf Tiere, Pflanzen oder andere Sachen beziehen. Die Erscheinungsformen sind vielfältig (Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und Ähnliches). Bei landwirtschaftlichen Betrieben spielen insbesondere Gerüche, Lärm und Schwebstaubkonzentrationen eine Rolle.

Es soll verhindert werden, dass im Außenbereich Missstände in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht entstehen, so dass dieser öffentliche Belang eine Ausformung des Gebots der Rücksichtnahme darstellt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht für den Fall angenommen, dass ein Schweinemaststall an eine Sport- und Freizeitanlage heranrückt.

Für die Erheblichkeit von Nachteilen und Belästigungen gilt der Zumutbarkeitsmaßstab. Nach der Rechtsprechung ist die Unzumutbarkeit eine Grenze, die noch im Vorfeld dessen liegt, was der Eigentumsschutz unter enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten fordert. Das durch § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB beschrieben Gebot der Rücksichtnahme im Außenbereich ist einzelfallbezogen. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Dagegen braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind.

2.3.3.1.3 Verunstaltungsschutz und natürliche Eigenart der Landschaft

Umwelt- und naturschutzorientierte Belange sind Gegenstand des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB. Orts- und Landschaftsbild werden verunstaltet, wenn die Baulichkeiten nach Standort, Größe und Bauweise den städtebaulichen und landschaftlichen Gesamteindruck nachdrücklich beschweren. Das ist der Fall, wenn das Bauvorhaben dem Landschaftsbild in ästhetischer Weise grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Die Belange der Eigenart der Landschaft sind tangiert, wenn ein Vorhaben nach Lage, Gestaltung und Benutzung in der betreffenden Landschaft als wesensfremd erscheint.

2.3.3.1.4 Zersiedelungsverbot

Gemäß § 35 Ans. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB werden öffentliche Belange auch dann beeinträchtigt, wenn das Vorhaben die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Diese Regelung steht für das Bestreben des Gesetzes, die Entwicklung unorganischer Siedlungsstrukturen und damit jede Zersiedelung des Außenbereichs zu verhindern.

Das Wesen der Splittersiedlung ergibt sich aus der Entgegensetzung zum Ortsteil i. S. d. § 34 BauGB (oben, Punkt 1.2.1.). Auch Splittersiedlungen können einen Bebauungszusammenhang bilden; was ihnen fehlt, ist das für die Annahme eines Ortsteils erforderliche Gewicht oder die dafür notwendige organische Siedlungsstruktur. Bespiele von Splittersiedlungen sind eine Ansammlung von nur wenigen Gebäuden, eine Anhäufung behelfsmäßiger Bauten und eine völlig regellos angeordnete Bebauung.

2.3.3.2 Ungeschriebener Belang des Planungserfordernisses

Über die in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB genannten Beispielsfälle hinaus kann die Zulassung eines sonstigen Vorhabens auch daran scheitern, dass das Vorhaben wegen seines Umfangs nur im Wege förmlicher Bauleitplanung ermöglicht werden kann. Ein Planungserfordernis ist gegeben, wenn das Vorhaben aufgrund einer Konfliktlage mit hoher Intensität für die berührten privaten und öffentlichen Belange einen Koordinationsbedarf auslöst, dem nur eine Abwägung im Rahmen einer förmlichen Planung angemessen Rechnung zu tragen vermag.Ein Planungserfordernis besteht beispielsweise bei einem Kohlekraftwerk in der Nähe zu einer Wohnbebauung.

2.3.3.3 Rücksichtnahmegebot als weiterer ungeschriebener öffentlicher Belang

Zudem ist das Gebot der Rücksichtnahme als relevanter öffentlicher Belang zu beachten. Rücksicht zu nehmen ist dabei aber nur auf solche Individualinteressen, die wehrfähig sind, weil sie nach der gesetzgeberischen Wertung schützenswert sind.

2.3.3.4 Ausreichende Erschließung

Bei der Zulässigkeit von Außenbereichsvorhaben richten sich die Anforderungen an die Erschließung nach der Typik des Zulässigkeitstatbestandes des § 35 BauGB. Für alle Außenbereichsvorhaben genügt die ausreichende Erschließung. Was ausreichend ist, hängt von den Erfordernissen des jeweiligen Vorhabens ab. So kann beispielsweise für einen im Außenbereich privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb nicht eine geteerte oder betonierte Zuwegung mit einer durchgehend Begegnungsverkehr zulassenden Fahrbahnbreite verlangt werden.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Das Recht der Baugenehmigung“ von Olaf Bühler, Rechtsanwalt, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-90-8.


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