Erbrecht für Unternehmer - Teil 23 - Gesellschaftsvertragliche Klauseln

6.3.1.2. Gesellschaftsvertragliche Klauseln

Damit sich die Gesellschaft vor unliebsamen "Eindringlingen" schützen kann, kann sie im Gesellschaftsvertrag vereinbaren, dass für den Fall des Todes eines Gesellschafters

  • eine Pflicht zur Übertragung der Mitgliedschaft durch die Erbengemeinschaft besteht oder
  • die Geschäftsanteile eingezogen werden.

Es kann allerdings nicht vereinbart werden, dass der Gesellschaftsanteil nicht vererblich ist, da der Gesellschaftsanteil nicht einfach erlöschen kann.1

Zwingend zu beachten ist, dass die Regelungen im Gesellschaftsvertrag vor denen in der letztwilligen Verfügung Vorrang haben. Gesellschaftsvertragliche Bindungen können nicht durch letztwillige Verfügungen beseitigt oder geändert werden.

6.3.1.2.1 Übertragungsklausel

Eine Übertragungsklausel begründet die Pflicht des oder der Erben, den Geschäftsanteil nach Anfall der Erbschaft an einen Dritten abzutreten. Der Nachfolger kann entweder in der Satzung selbst bestimmt werden oder durch die GmbH, die Erben oder einen Dritten ausgewählt werden. Dieser Dritte kann auch zugleich ein Erbe sein.

Übt der Begünstigte sein Recht aus, besteht seitens der GmbH die Verpflichtung ihn aufzunehmen.2

Beispiel

Erblasser E ist Gesellschafter der X GmbH. Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass bei Todesfall die Erben des E seinen Gesellschaftsanteil dem Gesellschafter Y übertragen müssen. E hinterlässt einen Sohn.

    • Der Sohn des E muss nach Erbfall dem Y den Anteil des E, der jetzt sein Anteil ist, übertragen.

Im Gesellschaftsvertrag kann für den Fall einer Übertragung des Gesellschaftsanteils die Höhe der Abfindung geregelt werden. Grundsätzlich bemisst sich die Abfindung nach dem Verkehrswert des Geschäftsanteils. Wurde eine solche vereinbart, muss in der Regel der Begünstigte diese leisten. Ausnahmsweise kann vereinbart werden, dass die Gesellschaft selbst die Abfindung zahlt.

6.3.1.2.2.Einziehungsklausel

Darüber hinaus kann im Gesellschaftsvertrag für den Fall des Todes eines Gesellschafters eine Einziehung des Gesellschaftsanteils vorgesehen werden, § 34 GmbHG. Die Gesellschaft wird in dem Fall nur mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt. Eine solche Vereinbarung bietet sich an, wenn verhindert werden soll, dass die Erben zu Gesellschaftern der GmbH werden. Ob eine Abfindung gezahlt werden muss, hängt davon ab, was gesellschaftsrechtlich vereinbart ist. Der Ausschluss einer Abfindung ist zulässig. Ist vorgesehen, dass eine Abfindung gezahlt werden soll, muss die Gesellschaft diese direkt an den Erben zahlen. Die Höhe der Abfindung richtet sich nach dem Verkehrswert des GmbH-Anteils, wenn in der Satzung nicht anders geregelt ist.

Der Anteil wird durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung eingezogen.3 Das heißt, dass der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters zunächst einmal auf die Erben übergeht und der Erbe oder die Erbengemeinschaft im ersten Moment in die Gesellschafterposition des Erblassers eintreten und seine Gesellschafterrechte geltend machen können. Es empfiehlt sich also, die Gesellschafterversammlung relativ zeitnah nach Kenntnis des Todesfalles außerplanmäßig unter Verzicht auf alle Form- und Fristvorschriften einzuberufen, um die Einbeziehung zu beschließen. Es empfiehlt sich ferner, in der Satzung festzulegen, dass den betroffenen Gesellschaftern, hier die Erben, kein Stimmrecht zusteht.

Beispiel

Erblasser E ist Gesellschafter der X GmbH. In der Satzung ist vorgesehen, dass sein Anteil eingezogen wird. E hinterlässt zwei Kinder.

    • Die Kinder werden zunächst als Erbengemeinschaft Teil der GmbH. Bis die Gesellschafterversammlung nicht durch Beschluss den Anteil einzogen hat, können die Kinder als Erbengemeinschaft die Gesellschaftsrechte geltend machen.

6.3.1.2.3. Auflösungsklausel

In der Satzung kann zudem festgelegt werden, dass sich die GmbH mit dem Tod eines Gesellschafters auflöst. Da die Erben Teil der Gesellschaft geworden sind, wird das Vermögen der Gesellschaft auf diese entsprechend der Anteile aufgeteilt.

Beispiel

Erblasser E ist Teil der X GmbH. In der Satzung wurde vereinbart, dass bei Tod eines Gesellschafters sich die Gesellschaft auflöst. E hinterlässt einen Sohn.

    • Der Sohn ist Erbe des E und damit in den Gesellschaftsanteil eingetreten. Er wird damit an dem Vermögen der Gesellschaft im Wege der Liquidation beteiligt.

6.3.1.3. Steuern

Die Vererbung eines GmbH-Anteils löst verschiedene steuerliche Vorgänge aus.

6.3.1.3.1. Erbschaftssteuer

Der GmbH-Anteil geht, auch wenn eine Einziehungs- oder Übertragungsklausel vereinbart ist, zunächst auf die Erbengemeinschaft über. Es liegt ein steuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen vor, vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Jedem Erben wird entsprechend seiner Erbquote der Geschäftsanteil zugeordnet.

Der Erwerb des Anteils steht aber unter einer aufschiebenden Bedingung. Erfüllen die Erben ihre Verpflichtung und treten den Anteil ab, tritt das gezahlte Abtretungsentgelt an die Stelle des Geschäftsanteils. Wurde kein Abtretungsentgelt aber eine Abfindung gezahlt, kann dies ähnliche Folgen auslösen.

Übertrift der Wert der Abtretung den des jeweiligen Freibetrages des Erben, fällt die Erbschaftssteuer an.

Erwirbt ein verbleibender Gesellschafter den Anteil aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Übertragungsverpflichtung, ist dies als Schenkung auf den Todesfalls (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 ErbStG) oder als Schenkung nach § 7 Abs. 7 S. 2 ErbStG steuerpflichtig, wenn der Wert des Anteils den Abfindungsanspruch übersteigt.

6.3.1.3.2. Einkommenssteuer

Die Einziehung des Gesellschaftsanteils, sofern die Abfindung nicht überhöht ist, stellt eine entgeltliche Anteilsveräußerung dar. Diese ist einkommenssteuerrelevant.

Wenn ein Miterbe aufgrund der Abtretungsklausel den Gesellschaftsanteil zu Alleineigentum übernimmt, ist dies eine anteilige Veräußerung nach § 17 EStG durch die anderen Miterben, wenn der Erbe der den Gesellschaftsanteil übernimmt, dafür eine Ausgleichszahlung vornimmt. Veräußerungsgewinne im Sinne des § 17 EStG werden nur zur Hälfte der Besteuerung unterworfen.

Beispiel

Erblasser E ist Gesellschafter der X GmbH. Die X GmbH besteht aus zwei Gesellschaftern. Der Gesellschaftsvertrag sieht eine Abtretung an den anderen Gesellschafter vor. E hinterlässt seine Ehefrau sowie einen Sohn. Der Wert des Gesellschaftsanteils beträgt 50.000 €. E und S treten den Anteil an den anderen Gesellschafter für 50.000 € ab.

    • E und S haben jeweils 25.000 € für den Anteil erhalten. Diese entgeltliche Veräußerung ist Einkommenssteuerpflichtig.

Übernimmt ein Erbe aufgrund von einer Übertragungsklausel einen Gesellschaftsanteil, stellt dies eine anteilige Veräußerung iSd. § 17 EStG dar.

Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Einziehungs- oder Übertragungsklausel, kann es trotzdem sein, dass ein Miterbe Alleineigentümer des GmbH-Anteils wird. Leistet dieser Miterbe den anderen Erben eine Abfindung, dann liegt darin ebenfalls ein Veräußerungsgeschäft im Sinnen des § 17 EStG vor.

Steuerrechtlich ist es empfehlenswert, zu vermeiden, dass der Anteil zunächst in das Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gelangt. Der Unternehmensnachfolger sollte im vornherein als Alleinerbe eingesetzt werden und für die andern Erben sollten Vermächtnisse vorgesehen werden. Der Alleinerbe kann das Vermächtnis dann erwerbsmindernd ansetzen. Einkommenssteuerrechtlich ist die Erfüllung des Vermächtnisses neutral und damit unentgeltlich.


[1] Sänger, § 17 Rn. 762; Michalski, § 30 II 1 Rn. 1167.

[2] Michalski, § 30 II 2Rn. 1170.

[3] Michalski, § 30 II 2 Rn. 1171.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrecht für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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