Erbrecht für Unternehmer - Teil 12 - Pflichtteilsrecht

5.3. Pflichtteilsrecht

Das gesetzliche Pflichtteilsrecht begrenzt die Testierfreiheit des Erblassers. Der Erblasser kann seine Erben grundsätzlich frei bestimmen und daher seine gesetzlichen Erben, wie z.B. seine Kinder und seinen Ehegatten von der Erbschaft durch Enterbung ausschließen. Das Pflichtteilsrecht garantiert den von der Erbschaft ausgeschlossenen gesetzlichen Erben eine Mindestanteilhabe am Nachlass in Form eines Geldanspruchs.(Fußnote)

5.3.1. Pflichtteilsberechtigte

Zu dem pflichtteilsberechtigten Personenkreis gehören

  • die Abkömmlinge des Erblassers
  • seine Eltern und
  • sein Ehegatte (vgl. § 2303 BGB) oder ein eingetragener Lebenspartner (vgl. § 10 Abs.6 S.1 LPartG).

Jeder Stamm erhält nur einen Pflichtteil, § 2309 BGB Es findet damit keine Vervielfältigung der Pflichtteilslast statt. Dadurch wird verhindert, dass demselben Stamm mehrfach ein Pflichtteil zufällt.

Beispiel
Unternehmer U verstirbt. Seine Kinder T und S haben jeweils ein Kind. Seine Frau F und T sind vorverstorben. U berücksichtigt in seinem Testament allein seinen Studienkollegen K.

  • Grundsätzlich würde sowohl S und T, den Enkelkindern (als Abkömmlingen) als auch F ein Pflichtteilsanspruch zustehen. F ist jedoch vorverstorben, weshalb sie keinen Pflichtteilanspruch mehr geltend machen. T ist ebenso verstorben, jedoch lebt ihr Kind noch. Diesem Enkelkind steht ein Pflichtteilsanspruch zu. S hingegen lebt noch, so dass ihm als Kind des U ein Pflichtteilsanspruch zu steht. Seinem eigenen Kind hingegen steht kein Pflichtteilsrecht zu, weil S noch lebt und sein Kind unter seinen Stamm fällt. Damit haben S und das Kind der T einen Pflichtteilsanspruch.

Zu beachten ist, dass die Pflichtteilsberechtigten keine Erben sind. Demnach können sie nicht bei der Nachlassverwaltung, Erbenverwaltung etc. mitreden.

5.3.2. Enterbung

Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf den Pflichtteil nur, wenn der übergangene gesetzliche Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, also enterbt wurde. Voraussetzung dafür ist, dass der Betroffene durch wirksame Verfügung von Todes wegen von der Erbschaft ausgeschlossen wurde und er ohne die Verfügung gesetzlicher Erbe des Erblassers geworden wäre.(Fußnote)

5.3.3. Höhe des Pflichtteilsanspruchs

Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch gegen den Erben bzw. die Erbengemeinschaft. Er entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB. Damit ist für die Ermittlung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs auf die gesetzliche Erbquote abzustellen. Maßgeblich ist das, was der Betroffene als gesetzlicher Erbe geerbt hätte, wenn er nicht enterbt worden wäre.(Fußnote)

Beispiel
Unternehmer U stirbt. Er hinterlässt zwei Kinder (S und T). Sonst hat U keine Angehörigen. Seine Frau ist vor ihm verstorben. In seinem Testament setzt U nur Kind S als Erbe ein.

  • Nach den gesetzlichen Regelungen steht den Kindern je die Hälfte des Erbes zu (vgl. § 1924 BGB). Hier hat U jedoch ein Testament aufgesetzt, das der gesetzlichen Regelung vorgeht. Nach dem Testament ist S Alleinerbe. T erbt nichts. Das ist mit dem Pflichtteilsrecht nicht zu vereinbaren. Ein Pflichtteilsberechtigter soll die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erhalten. Da der gesetzliche Erbteil des Kindes T 1/2 des Erbes umfasst, beträgt der Pflichtteil 1/4 des Erbes (als Hälfte des gesetzlichen Erbteils). S hingegen erhält den Rest, somit 3/4 des Erbes.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrecht für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
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