Erbrecht für Unternehmer - Teil 07 - Verfügungen von Todes wegen

4.2 Verfügungen von Todes wegen

Der Begriff "Verfügungen von Todes wegen" ist eine Sammelbezeichnung für Testamente und Erbverträge.(Fußnote)

4.2.1 Testament

Das Testament, auch letztwillige Verfügung genannt, ist eine einseitige Verfügung von Todes wegen, § 1937 BGB.(Fußnote) Es gibt verschiedene Formen von Testamenten:

  • Ordentliches öffentliches Testament
  • Ordentliches eigenhändiges Testament
  • Außerordentliches Testament
  • Gemeinschaftliches Testament

Grundsätzlich besteht für den Erben Testierfreiheit. Der Erblasser muss, um ein wirksames Testament zu erstellen, testierfähig sein.

4.2.1.1 Testierfähigkeit

Das Testament ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Daher muss der Erblasser testierfähig ist. Die Testierfähigkeit ist eine besondere Art der Geschäftsfähigkeit. Der Erblasser muss das 16. Lebensjahr vollendet haben, § 2229 Abs. 2 BGB, um ein Testament erstellen zu können. Kinder, die unter 16 Jahre alt sind, können kein Testament errichten. Unter 18-jährige Personen können kein eigenhändiges Testament errichten, sondern nur ein öffentliches.

Der Erblasser darf nicht einer Geistesstörung oder Ähnlichem unterliegen, so dass er nicht in der Lage ist, die Bedeutung seiner Testamentserklärung abzusehen. Dann wäre er testierunfähig, §§ 104, 2229 Abs.4 BGB.(Fußnote)

Der Erblasser muss seine Verfügung von Todes wegen persönlich errichten. Eine Stellvertretung ist ausgeschlossen. Hilfe, in Form von Beratung, ist hingegen zulässig. Wichtig ist allein, dass die Verfügung selbst durch den Erblasser erfolgt.(Fußnote)

Beispiel
Erblasser E möchte ein Testament aufsetzen. Seine Tochter möchte ihm helfen und setzt ein Testament auf. Dort regelt sie sein Vermögen so, wie sie denkt, dass es sinnvoll sei. Anschließend unterzeichnet E das Testament.

  • Das Testament ist unwirksam.

4.2.1.2 Testierfreiheit

Testierfreiheit meint, dass der Erblasser frei darin ist, durch einseitige Verfügung von Todes wegen seine Erben zu bestimmen. Die Errichtung eines Testaments berührt die Testierfreiheit des Erblassers nicht. Er kann seine Verfügung jederzeit ändern. Anders ist dies beim Erbvertrag und beim gemeinschaftlichen Testament. Der Erblasser ist dort grundsätzlich an die getroffenen Verfügungen gebunden.(Fußnote)

4.2.1.3 Testamentsformen

Testamente können im Hinblick auf die Art und Weise ihrer Errichtung unterschieden werden:

  • Ordentliches öffentliches Testament
  • Ordentliches eigenhändiges Testament
  • Außerordentliches Testament
  • Gemeinschaftliches Testament
4.2.1.3.1 ordentliche Testament

Ein ordentliches Testament bildet den Regelfall, wobei zwischen

  • öffentlichen und
  • eigenhändigen

ordentlichen Testamenten unterschieden wird.

4.2.1.3.1.1 Ordentliches öffentliches Testament

Ordentliche öffentliche Testamente werden vor dem Notar oder dem Berufskonsul errichtet. Dabei kann der Erblasser zwischen drei verschiedenen Arten an öffentlichen Testamenten wählen:

  • Der Erblasser kann seinen Willen gegenüber dem Notar mündlich erklären. Dabei soll der Notar den Willen des Erblassers erforschen und ihn über die rechtliche Tragweite aufklären. Das Testament entsteht dann mit der Niederschrift des Notars. Der Testierende muss die ihm vom Notar vorgelesene Niederschrift mit einem "Ja" genehmigen.
  • Der Erblasser kann dem Notar eine offene Schrift übergeben. Eine offene Schrift gibt den Willen des Erblassers (Fußnote), wer sein Vermögen nach seinem Tod erben soll, wieder. Diese Schrift stellt das Testament dar. Der Notar soll von dem Inhalt Kenntnis nehmen, § 30 S.4 BeurkG und unter Umständen auf etwaige Bedenken hinweisen. Der Notar fertigt eine Niederschrift über die Testamentserrichtung an, welche dem Erblasser vorgelesen wird und anschließend von ihm unterzeichnet wird.
  • Der Erblasser kann dem Notar eine verschlossene Schrift als Testament übergeben. In Abgrenzung zu der Übergabe einer offenen Schrift, darf der Notar hier keine Kenntnis von dem Inhalt nehmen. Dennoch soll der Notar den Erblasser über Aspekte belehren, die berücksichtigt werden sollten, um dem tatsächlichen Willen auch in der testamentarischen Erklärung wiederzufinden.(Fußnote)

Über die Errichtung des Testaments muss der Notar bei allen drei Formen eine Niederschrift aufnehmen, § 8 BeurkG. Diese muss dem Erblasser vorgelesen werden und von ihm genehmigt werden. Der Notar muss diese unterschreiben. Anschließend muss der Notar veranlassen, dass das Testament in die besondere amtliche Verwahrung gebracht wird, § 34 Abs. 1 S. 4 BeurkG. In der Regel ist dies die besondere amtliche Verwahrung beim Amtsgericht, § 23a Abs.1 Nr.2 GVG.(Fußnote)

Vorzüge des ordentlichen öffentlichen Testaments sind:(Fußnote)

  • Kaum Zweifel an der Echtheit
  • Schutz vor späteren Fälschungen wegen dem Erfordernis der amtlichen Verwahrung beim Amtsgericht
  • Sicherstellung der Eröffnung nach dem Todesfall (Fußnote)
  • Beratungspflichten des Notars kommen dem Erblasser zu Gute
  • Formfehlerrisiko minimiert

4.2.1.3.1.2 Ordentliches eigenhändiges Testament

Ordentliche eigenhändige Testamente werden vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben, § 2247 Abs.1 BGB. Nicht ausreichend ist, dass der Erblasser den Text in mechanischer Schrift abfasst. Eine computergeschriebene Erklärung, die handschriftlich unterzeichnet wird, ist kein formelles Testament. Schreibt jemand Drittes den vom Erblasser diktierten Text und unterzeichnet der Erblasser die Erklärung, ist dies ebenfalls kein wirksames Testament.(Fußnote)
Neben dem Willen sollten auch Zeit und Ort der Errichtung angegeben werden, § 2247 Abs.2 BGB. Der Erblasser kann das eigenhändige Testament in die amtliche Verwahrung geben.(Fußnote)

Beispiel
Erblasser E sitzt Zuhause an seinem Schreibtisch und setzt ein Schreiben auf mit dem Inhalt: "Meine Ehefrau soll nach meinem Tode alles bekommen, Unterschrift E" Dieses Schreiben legt er anschließend in seine Schreibtischschublade.

  • Dies ist ein eigenhändiges Testament.

Vorzüge des ordentlichen eigenhändigen Testaments:(Fußnote)

  • Ohne Hilfe möglich
  • kann schnell, an jedem Ort errichtet werden
4.2.1.3.2 Außerordentliches Testament

Außerordentliche Testamente sind insb. das

  • Nottestament vor dem Bürgermeister: Es wird von dem Bürgermeister des Aufenthaltsortes des Erblassers errichtet, weil ein Testament von einem Notar vor dem voraussichtlichen Tod des Erblassers nicht mehr errichtet werden kann. Darüber wird eine Niederschrift angefertigt, welche von Erblasser genehmigt werden und von den Beteiligten unterzeichnet werden muss.
  • Dreizeugentestament: Ist der Tod des Erblassers zu befürchten, kann dieser vor drei Zeugen seinen testamentarischen Willen mitteilen. Es muss eine Niederschrift angefertigt werden, die der Erblasser genehmigt und von allen Beteiligten unterzeichnet wird.
  • Seetestament(Fußnote): Befindet sich der Erblasser auf Seereise, kann er vor drei Zeugen mit einer mündlichen Erklärung ein Testament errichten.
4.2.1.3.3 Gemeinschaftliches Testament

Das gemeinschaftliche Testament ist eine Zusammenfassung von mehreren gemeinschaftlich getroffenen letztwilligen Verfügungen zweier Personen, die miteinander verheiratet oder Lebenspartner sind. Dabei trifft jeder eine letztwillige Verfügung, wobei diesen Verfügungen ein gemeinsamer Entschluss zugrunde liegt. Das gemeinschaftliche Testament kann sowohl eigenhändig, als auch öffentlich errichtet werden. Darin liegt für viele Partner der Grund, warum sie eher ein gemeinschaftliches Testament errichten, als einen Erbvertag - sie können dies auch privatschriftlich.(Fußnote) Der Erbvertag muss hingegen zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden, § 2276 BGB.

Der Unterschied vom gemeinschaftlichen Testament zum Erbvertrag liegt in der fehlenden Bindungswirkung zu Lebzeiten, § 2271 BGB. Bei einem Erbvertrag binden sich die Parteien bereits mit Abschluss des Vertrages und können nur in Ausnahmefällen noch zurücktreten, §§ 2293 ff. BGB, z.B., wenn man sich den Rücktritt vorbehalten hat oder es zu erheblichen Verfehlungen kommt.

Bei einem gemeinschaftlichen Testament hingegen besteht zeitlebens bis zum Tod des Anderen ein Widerrufsrecht, das heißt, bis zu dem Tod des Anderen kann man seine eigene letztwillige Verfügung jederzeit frei widerrufen.(Fußnote) Jedoch erlischt dieses Widerrufsrecht mit dem Tod des Anderen. Für einen Widerruf müssen die gesetzlichen Formvorschriften beachtet werden, §§ 2271, 2296 BGB. Der Widerruf muss notariell beurkundet und rechtzeitig zugestellt werden. Diese eingeschränkte Bindungswirkung - die das Widerrufsrecht des Anderen nach Todesfall erlöschen lässt - besteht allerdings nur hinsichtlich der wechselbezüglichen Verfügungen. Wechselbezügliche Verfügungen sind solche, die nur mit Rücksicht auf die Verfügungen des Anderen getroffen wurden. Die Bindungswirkung besteht deshalb, weil der Erstverstorbene die Sicherheit braucht, dass der Andere nach seinem Tod nicht anders verfügen wird. Gebunden wird der Überlebende deshalb ab dem Tod des Anderen durch ein Erlöschen des Widerrufsrechts.(Fußnote)

Die eigenen nichtwechselbezüglichen Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament können auch nach dem Tod des Erstverstorbenen noch geändert werden. Insoweit besteht keine Bindungswirkung.

Beispiel
Die Eheleute E und F schließen ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Nach dem Ableben des Überlebenden sollen die gemeinsamen Kinder zu gleichen Teilen erben. Nach dem Tod des E will F sich von dem Testament lösen und ihren neuen Partner als ihren Erben einsetzen.

  • F als überlebender Ehegatte erbt zunächst alles. Den Kindern steht zu dem Zeitpunkt nur ein Pflichtteil zu. Nach dem Erbfall ist ein Widerruf durch den Überlebenden aber grundsätzlich nicht mehr möglich. F bleibt daher grundsätzlich an den Inhalt des gemeinschaftlichen Testaments gebunden. Es besteht allenfalls die Möglichkeit das Testament anzufechten, wodurch die gesetzliche Erbfolge nach dem ersten Erbfall eintreten würde.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrecht für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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