Aufhebungsvertrag - Teil 07 - Zustandekommen

4 Zustandekommen des Aufhebungsvertrags

Ein Aufhebungsvertrag kommt wie jeder Vertrag durch eine Einigung, also zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Solche sind Angebot (vgl. § 145 BGB) und Annahme (§ 147 BGB). Das bedeutet, der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer unterbreitet seinem Gegenüber einen Vorschlag zum Abschluss des Aufhebungsvertrages und der andere Teil erklärt sich einverstanden. Die Parteien können sich auch vertreten lassen, vgl. § 164 I BGB. Ein Mangel der Vertretungsbefugnis kann einen wirksamen Vertragsschluss verhindern.

4.1 Angebot und Annahme, § 145 ff. BGB

Der Vertragsschluss erfolgt in der Regel mit ausdrücklichem Angebot und ausdrücklicher Annahme erfolgen in der Regel ausdrücklich. Möglich ist aber auch ein konkludenter, also stillschweigender, Vertragsschluss. Ein konkludenter Vertragsschluss ist im Zweifel anzunehmen, wenn ein in leitender Position beschäftigter Arbeitnehmer zum Geschäftsführer einer neu gegründeten GmbH bestellt wird, die wesentliche Teilaufgaben des Betriebes des bisherigen Arbeitgebers übernimmt.

Beispiel (BAG, Urteil vom 08.06.2000 - 2 AZR 207/99, NJW 2000, 3732):
Arbeitnehmer K ist bei Arbeitgeber B seit 1991 in leitender Position als Architekt beschäftigt. K akquiriert in erster Linie neue Planungsvorhaben und wickelt Bauvorhaben ab. Aus Praktikabilitätsgründen gründet B drei Jahre nach Einstellung des K die selbstständige Bauträgergesellschaft N-GmbH. Diese soll künftig den Tätigkeitsbereich des K übernehmen. K wird als Geschäftsführer der N-GmbH bestellt. Dort führt er dieselben Tätigkeiten aus, verdient aber mehr als zuvor. Im Jahr 1997 wird der K als Geschäftsführer der N-GmbH abberufen. Hat K noch Anspruch auf Beschäftigung bei B?

  • Ursprünglich hatte K aufgrund des durch den Arbeitsvertrag mit B begründeten Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Beschäftigung bei B.
  • Das Arbeitsverhältnis könnte aber durch Aufhebungsvertrag beendet worden sein. Ausdrücklich haben K und B keinen Aufhebungsvertrag vereinbart. Eine konkludente Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist aber anzunehmen, wenn der Wille zur Aufhebung unzweifelhaft und eindeutig zum Ausdruck gekommen ist. Vorliegend ist davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis des K bei B nicht ruhend neben der neuen Tätigkeit als Geschäftsführer bei der N-GmbH fortbestehen sollte. Dafür spricht, dass K höher vergütet wurde. Vor allem wurde hier aber der Tätigkeitsbereich des K in eine eigene GmbH ausgegliedert, sodass die Tätigkeit des K bei B weggefallen ist. Ein Aufhebungsvertrag wurde konkludent geschlossen.
  • Das Arbeitsverhältnis des K ist mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer der N-GmbH geendet. K hat keinen Anspruch auf Beschäftigung bei B.
  • Anmerkung: Aufhebungsverträge bedürfen der Schriftform, § 623 BGB. Vorliegend ist der konkludent geschlossene Aufhebungsvertrag wirksam, wenn der Wille von K und B, das Arbeitsverhältnis zu beenden, im schriftlich verfassten Geschäftsführervertrag irgendwie zum Ausdruck gekommen ist.

4.1.1 Außergerichtlicher Vertragsschluss

In der Regel erfolgt die Einigung über einen Aufhebungsvertrag außergerichtlich. Der Arbeitgeber schickt das Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages beispielsweise per Post zum Arbeitnehmer nachhause. Regelmäßig wird der Aufhebungsvertrag auch am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers unterzeichnet.

Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ist es zu empfehlen, während der mündlichen Verhandlungen zum Aufhebungsvertrag Zeugen teilnehmen zu lassen. Die Anwesenheit solch einer dritten Person während der Gespräche ist ratsam, weil für den Fall eines späteren Gerichtsprozesses über den Aufhebungsvertrag Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Vertragspartner nicht als Zeuge gehört werden können und eine Parteivernehmung nur unter den Voraussetzungen der §§ 445 ff. ZPO statthaft ist.
Denkbar ist auch, dass die Verhandlungen über den Inhalt des Aufhebungsvertrages zwischen den Parteien schriftlich, meist per E-Mail, erfolgt. Hier ist darauf zu achten, mit welcher E-Mailadresse korrespondiert wird. Für Arbeitnehmer empfiehlt es sich, stets über die private Mailadresse zu korrespondieren. Sollte es später doch noch zu einer streitigen Auseinandersetzung zwischen den Parteien kommen, hat der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden beim Arbeitgeber keinen Zugriff mehr auf seine geschäftliche E-Mails. Ein Zugriff auf die privaten E-Mails besteht auch dann, so dass auf die per E-Mail geführten Verhandlungen als Beweismittel im Falle einer streitigen Auseinandersetzung zurückgegriffen werden kann.

Beide Parteien sollten sich zudem gründlich über die rechtlichen Fragestellungen bezüglich eines Aufhebungsvertrages informieren oder besser noch sachkundigen Rat für den konkreten Einzelfall einholen. Ansprechpartner können Rechtsanwälte, Arbeitgeberverbände oder Gewerkschaften sein. Arbeitnehmer sollten nicht aus Sorge, die Atmosphäre der Gespräche durch die Anwesenheit eines (rechtskundigen) Dritten zu verderben, auf eventuell wertvolle Unterstützung verzichten.[1]


4.1.2 Prozessvergleich

Denkbar ist auch ein Vertragsschluss vor Gericht im Rahmen eines Prozessvergleiches (vgl. § 794 I Nr. 1 ZPO). Ein gerichtlicher Vergleich wird oft schon im ersten Gütetermin vor dem Arbeitsgericht (vgl. § 54 ArbGG) zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen.

Beispiel:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen sich vor Gericht gegenüber, weil der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage gegen eine seitens des Arbeitgebers erfolgte Kündigung anstrengt. Er will also festgestellt wissen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet worden ist. In der ersten Instanz erfolgt eine obligatorische Güteverhandlung, also der Versuch sich gütlich zu einigen. Dort bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung an, wenn dieser die Klage fallen lässt. Der Arbeitnehmer erklärt sich einverstanden.

  • Während des Prozesses ist ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden. Der Arbeitgeber vermeidet so das Risiko, den Arbeitnehmer für den Fall, dass die Kündigungsschutzklage Erfolg hat, wieder beschäftigen zu müssen. Der Arbeitnehmer erhält eine Abfindung und vermeidet das Risiko, dass seine Klage keinen Erfolg hat.

Der Prozessvergleich hat eine Doppelnatur: Einerseits handelt es sich um einen materiell-rechtlichen Vergleich iSd § 779 BGB, anderseits aber auch um eine Prozesshandlung iSd § 794 I Nr. 1 ZPO, die zur Prozessbeendigung führt (BAG, Urteil vom 05.08.1982 - 2 AZR 199/80 in NJW 1983, 2212; BGH, Urteil vom 14.05.1987 - III ZR 267/85 in NJW 1988, 65). Eine mögliche Unwirksamkeit kann sich daher aus materiellen und prozessualen Gründen ergeben.


[1] Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 9. Auflage 2014, K 1 f.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Aufhebungsvertrag – Die einvernehmliche Trennung im Arbeitsverhältnis“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Carolina Erb erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-89-2.


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Stand: Januar 2019


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Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

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