Sonderkündigungsrecht des Kunden im Fusionsfall seiner Bank

Nach der Fusion zweier Banken kann der Darlehensnehmer seinen langfristigen Kredit bei einer der fusionierenden Banken fristlos kündigen, wenn er gewichtige Gründe dafür hat, dass nicht aufgrund der Universalsukzession eine andere an der Fusion teilnehmende Bank in diesen Vertrag mit eintritt.

Er ist dann von der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung befreit.

Die fristlose Kündigung muss in angemessener Frist erfolgen. Jedenfalls eine Frist von zwei Monaten ist nicht mehr angemessen.

Im vorliegenden Fall (OLG Karlsruhe, 25.06.2001, 9 U 143/00, rechtskräftig, da der BGH die Revision nicht angenommen hat; erstinstanzliches Urteil vom Landgericht Konstanz, 12.07.2000) wollte sich eine Darlehensnehmerin von einem Darlehensvertrag lösen ohne Vorfälligkeitsentschädigung zu bezahlen. Dies beruhte darauf, dass ihre Bank in V, bei der das Darlehen lief, mit einer Bank in S fusionierte. Die Darlehensnehmerin wollte in S keine Bankverbindung haben, weil dort ihr Mann ein Wirtschaftsprüfungsbüro unterhielt und sie daher Verflechtungen vermeiden wollte.

Das OLG Karlsruhe musste nicht entscheiden, ob dies ein wichtiger Kündigungsgrund war, da die Darlehensnehmerin erst ein knappes Jahr nach Information über die Fusion kündigte. Dies sei jedenfalls zu spät, die Kündigung daher verfristet.

Hinweis am 06.06.2005 aus aktuellem Anlass:

In einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 05.06.2005 wird die Auffassung vertreten, dass Darlehenskunden der HypoVereinsbank möglicherweise ihre Darlehen - ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung - kündigen dürfen, wenn diese mit der Unicredito fusioniert. Es wird in dem Artikel darauf hingewiesen, dass dafür ein guter Grund erforderlich sei und dass die Kündigung unmittelbar nach der Fusion erfolgen müsse.

Hierzu nehmen wir wie folgt Stellung:
Wir können nur davon abraten, ohne vorherige rechtliche Beratung Kredite bei der HVB zu kündigen.

Es ist recht unwahrscheinlich, dass „viele Häuslebauer“ aus Anlass der Fusion HVB / Unicredito ihre Darlehen - ohne Zahlung einer Vorfällig­keits­entschä­digung - kündigen dürfen.

Der Kündigungsgrund müsste nämlich im Verhältnis zur Unicredito liegen; negative Erfahrungen mit der HVB genügen nicht.

Nur wenige Häuslebauer dürften vor der Fusion bereits mit Unicredito Kontakt gehabt haben. Nur dann können sie aber den Kredit mit der HVB kündigen:

  • Wenn der Darlehenskunde sich vor der Darlehensaufnahme bei der HVB aus vernünftigen Gründen (nachweisbar!) gegen eine Kreditaufnahme bei der Unicredito entschieden hatte; und zwar nicht nur wegen besserer Zinskonditionen. Dies wäre vergleichbar zum im Artikel zitierten Urteil.
  • Wenn der Darlehenskunde schon vor der Fusion Kunde bei der HVB und der Unicredito war. Dann könnte man sich darauf stützen, dass man ursprünglich zu zwei Banken gegangen ist, um zu diversifizieren.
  • Wenn der Darlehenskunde mit der Unicredito bereits in Geschäftsbeziehung stand und mit ihr schlechte Erfahrungen gemacht hatte, so dass es ihm nicht zumutbar ist, nun über die Fusion wiederum mit ihr in einen Vertrag gezwungen zu werden.  

Allgemeine Bedenken, wie z.B. Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Geschäftspolitik der HVB/Unicredito, können dagegen keine Kündigung tragen. Die Vertragskonditionen sind festgeschrieben und können nach der Fusion nicht einseitig durch die Bank geändert werden.

Ist das Darlehensverhältnis ohnehin schon in der Krise, kann von unbedachten Kündigungsschreiben nur abgeraten werden, will man nicht der Bank einen Vorwand dafür gegeben, nun ihrerseits zu kündigen - dann aber natürlich gegen Vorfälligkeitsentschädigung!

Spannend ist die aktuell anstehende Übernahme der Frankfurter Sparkasse (Fraspa) durch die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Da es sich um zwei Banken handelt, die schon bisher in derselben Region tätig sind, wird es Darlehensnehmer geben, die jetzt schon bei beiden Instituten Darlehen haben. Für diese könnte sich nach den oben aufgezeigten Kriterien ein Kündigungsgrund ergeben. Auch hier ist wieder jeder Einzelfall zu prüfen.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Juli 2005


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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