Preisabsprachen - Teil 22 - Deutsche Kartellbehörde

6.2 Deutsche Kartellbehörde

6.2.1 Abstellungsverfügung, § 32 Abs. 1 GWB

Das Bundeskartellamt kann einem Unternehmen oder einer Unternehmensvereinigung auferlegen, die wettbewerbswidrige Handlung abzustellen oder alle erforderlichen Maßnahmen zur Abhilfe vorzunehmen. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Abstellungsverfügung.

6.2.2 Einstweilige Maßnahmen, § 32a GWB

Wie bei der einstweiligen Maßnahme der Kommission, kann auch die deutsche Kartellbehörde einstweilige Maßnahmen anordnen, wenn die Gefahr eines ernsten, nicht wiedergutzumachenden Schadens für den Wettbewerb besteht.[1]

6.2.3 Vorteilsabschöpfung, § 34 GWB

Die deutsche Kartellbehörde kann bei einem schuldhaften Verstoß gegen § 1 GWB/ Art. 101 Abs. 1 AEUV die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils anordnen. Von dem Begriff des Vorteils sind der in Geld bestehende Mehrerlös und alle sonstigen wirtschaftlichen Vorteile, wie die Verbesserung der Marktstellung, umfasst. Die Kartellbehörde muss den Nachweis führen, dass der Kartellverstoß zu einem Vorteil geführt hat. Die Existenz eines Verstoßes begründet jedoch schon die Vermutung, dass ein Vorteil entstanden ist. Die Bestimmung des Vorteils erfolgt durch den Vergleich der Vermögenslage mit und ohne den Verstoß. Die Höhe des Vorteils kann auch durch die Kartellbehörde geschätzt werden.

Eine Vorteilsabschöpfung darf nicht vorgenommen werden, wenn der Vorteil bereits durch eine Schadensersatzleistung, die Verhängung einer Geldbuße, eine Rückerstattung oder die Anordnung des Verfalls abgeschöpft wurde.[2]

6.2.4 Bußgeld

Bei vorsätzlich oder fahrlässig begangenen Verstößen gegen das Kartellrecht des § 1 GWB/ Art. 101 Abs. 1 AEUV kann die deutsche Kartellbehörde ein Bußgeld erlassen. Ein Bußgeld kann sowohl gegen ein Unternehmen als auch gegen einen Unternehmensmanager verhängt werden, sofern dieser selbst am Verstoß beteilig war oder seine Aufsichtspflicht verletzt hat.

Die Obergrenze der Bußgeldhöhe beträgt bei einem vorsätzlichen Verstoß 10 % des Gesamtumsatzes, den das betroffene Unternehmen im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielt hat. Bei fahrlässigen Verstößen darf die Geldbuße 5 % des Gesamtumsatzes nicht übersteigen.[3]

Im konkreten Einzelfall wird die Höhe unter Berücksichtigung des Gewinnes- und Schadenspotenzials des Verstoßes und des Gesamtumsatzes ermittelt. Das Gewinn- und Schadenspotenzial wird anhand des Inlandsumsatzes berechnet, welcher mit den Produkten oder Dienstleistungen erlangt wurde, die mit dem Verstoß im Zusammenhang stehen (tatbezogener Umsatz). Das Bundeskartellamt geht von einem Gewinn- und Schadenspotential in Höhe von 10 % des erzielten tatbezogenen Umsatzes des Unternehmens aus. Das ermittelte Gewinn- und Schadenspotenzial wird dann mit einem Wert multipliziert, der der Unternehmensgröße Rechnung trägt. Im Rahmen einer Gesamtabwägung werden auch mildere und schärfere Faktoren berücksichtigt.[4] Insbesondere die Bonusregelung und das Settlement-Verfahren spielen eine große Rolle.

Wenn die zur Tatzeit verantwortliche juristische Person nicht mehr existiert, kann der Rechtsnachfolger mit einer Buße belegt werden. Im Gegensatz zum europäischen Recht kann eine Geldbuße nicht automatisch auch gegen die Muttergesellschaft verhängt werden, wenn die Tochtergesellschaft einen Kartellrechtsverstoß begangen hat. Gegen die Muttergesellschaft kann nur eine Geldbuße verhangen werden, wenn diese auch selbst am Verstoß beteiligt war.[5]

6.2.5 Sanktionen für natürliche Personen

Nach § 9 OWiG kann ein Bußgeld auch gegen einen Unternehmensmanager verhängt werden, wenn dieser selbst an der kartellrechtswidrigen Maßnahme beteiligt war. Sofern eine Beteiligung nicht nachweisbar ist, kann ein Bußgeld gegen den Manager wegen Verletzung der Aufsichtspflicht erlassen werden, § 130 OWiG. In diesem Fall muss die Kartellbehörde nachweisen, dass diese Person die notwendigen Aufsichtsmaßnahmen nicht vorgenommen hat und es in der Folge zu einem Kartellverstoß gekommen ist.[6] Die Bußgeldhöhe bei natürlichen Personen beträgt bis zu einer Million Euro.

Die an einem Preiskartell beteiligten natürlichen Personen müssen auch mit einer Strafsanktion nach § 298 StGB wegen Submissionsbetruges und nach § 263 StGB wegen Betruges rechnen.[7]

6.2.6 Nichtigkeit von Verträgen

Die Ausführungen zu nichtigen Verträgen im europäischen Recht gelten auch im Rahmen des deutschen Rechtes.


[1] Kling/Thomas, S. 832, Rn. 19.

[2] Kling/Thomas, Kartellrecht, S. 836, Rn. 31 ff.

[3] Bundeskartellamt, Leitlinien für die Bußgeldzumessung in Kartellordnungswidrigkeitenverfahren vom25. Juni 2013, Rn. 10.

[4] Bundeskartellamt, Leitlinien für die Bußgeldzumessung in Kartellordnungswidrigkeitenverfahren vom25. Juni 2013, Rn. 9 ff.

[5] Kling/Thomas, Kartellrecht, S. 871 f., Rn. 122 ff.

[6] Kling/Thomas, Kartellrecht, S. 868, Rn. 116.

[7] Kling/Thomas, Kartellrecht, S. 879 f., Rn. 144.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Preisabsprachen im Kartellrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Laura Macht, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-87-8.


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Stand: Januar 2018


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Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

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