Fahrverbote - Teil 13 - Fahren ohne Fahrerlaubnis

6.2 Reduzierung

Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, sein bestehendes Punktekonto zu verringern, indem Punkte abgebaut werden. Ein Punkt kann, bis zu einem Punktestand von 5, durch die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar abgebaut werden. Sollte ein Betroffener mehr als 5 Punkte gesammelt haben, kann er zwar am Fahreignungsseminar teilnehmen, kriegt in dessen Folge aber keinen Punkt "abgeschrieben".
Die Teilnahme am Fahreignungsseminar ist mit Kosten von ca. 400€ verbunden. Das Fahreignungsseminar teilt sich regelmäßig in 2 Teile, den verkehrspsychologischen und den verkehrspädagogischen Teil. Zunächst wird im verkehrspsychologischen Teil das eigene Benehmen im Straßenverkehr, zumeist in zwei Kursterminen von 90 Minuten, beobachtet. Anschließend werden im verkehrspädagogischen Teil anzuwendende Verhaltensstrategien, welche aus den Resultaten des verkehrspsychologischen Teils herrühren, besprochen. Der verkehrspädagogische Teil wird meist in zwei Einzelterminen von jeweils 75 Minuten besprochen.
Anbieter eines Fahreignungsseminars sind beispielsweise TÜV oder Dekra.

6.3 Exkurs: Punktehandel

Nach einer Statistik des Kraftfahrzeugbundesamtes aus dem Jahre 2014 sind von ca. 8,8 Millionen registrierten Autofahrern nur ca. 1,9 Millionen nicht im Fahreignungsregister aufgeführt. Diese horrende Anzahl der "Punkteinhaber" vergrößert die "Geschäftsidee" des sog. Punktefressers.
Ein Punktefresser ist eine Person, welche dem Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen mit Punkte geahndeten, verkehrsrechtlichen Vorschriften die aufgebürdeten Punkte abnimmt. Eine solche Vorgehensweise, welche innerhalb von engen Beziehungen wie Familien häufiger vorkommt, hat sich in den letzten Jahren zu einer fixen Idee entwickelt.
Dieser "Punktehandel" läuft meistens nach einem festen Muster ab. An den Punktefresser ist einzig die Anforderung zu stellen, dass er dem eigentlichen Betroffenen relativ ähnlich sehen muss.
Zuerst erklärt sich ein williger Punktefresser bereit, die mit einem Verkehrsverstoß einhergehenden Punkte zu übernehmen, obwohl er selbst unschuldig ist. Der Punktefresser erhält den Anhörungsbogen der Behörde, welchen er ausfüllt und unterschreibt. Sollte die Behörde bei der Prüfung keine Zweifel haben, erhält der Punktefresser den Bußgeldbescheid und damit auch die Punkte in Flensburg. Diese Vorgehensweise ist jedoch keinesfalls zu empfehlen, da im Falle der Aufdeckung harte Strafen drohen. Das OLG Stuttgart hat erst kürzlich festgestellt, dass ein solches Vorgehen für den eigentlichen Betroffenen der Ordnungswidrigkeit als falsche Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 164, 25 StGB zu werten ist. Der Punktefresser könnte sich wegen Beihilfe zur der falschen Verdächtigung gem. §§ 164, 27 StGB strafbar machen.[1] Die falsche Verdächtigung wird mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft.
Trotz der schnellen Versuchung des Angebots eines Punktefressers ist dringend von dieser Vorgehensweise abzuraten. Im Falle des Entdeckens warten viel härtere Strafen als ein Eintrag in FAER.

7 Fahren ohne Fahrerlaubnis

Das Fahren ohne Fahrerlaubnis wird vermehrt als "Kavaliersdelikt" abgetan. Die Tatsache, dass ein bekannter Fußballspieler, trotz eines Millionengehalts, lieber ohne Führerschein fährt, als sich dem Fahrunterricht zu stellen, spricht für die Verharmlosung. Jedoch ist zu differenzieren zwischen der Situation, in welcher der Fahrer im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, den Führerschein allerdings nicht bei sich trägt, dem Fahrer ein Fahrverbot auferlegt wurde und dem Fahrer der Führerschein entzogen wurde bzw. er bisher keine Fahrerlaubnis erworben hat. Jeder dieser Fälle ist mit einer Strafe/Buße versehen, welche sich in ihrer Intensität aber stark unterscheiden.

7.1 Der „Vergessensfall“

Einige Anwälte raten Fahrern, den Führerschein, aufgrund des überschaubaren Bußgeldes, nie mit sich zu führen. Für diesen zunächst abstrus wirkenden Tipp gibt es eine einfache Erklärung:
Die Polizei kann, beispielsweise bei Verdacht auf Drogen, einen Bluttest anordnen. Ein solcher Bluttest nimmt regelmäßig mehrere Wochen in Anspruch. In der Zwischenzeit wird der Führerschein beschlagnahmt und dadurch das KfZ in dieser Zeit zumindest für den Betroffenen "stillgelegt".
Sollte der Führerschein jedoch nicht "da" sein, kann er logischerweise nicht beschlagnahmt werden. Es bedarf zusätzlich der Genehmigung der Staatsanwaltschaft für die Einziehung. Durch diesen Zwischenschritt gewinnt der Betroffene Zeit.
Der häufigste Fall ist der Fahrer, welcher zwar im Besitz einer Fahrerlaubnis für das geführte KfZ ist, aber seinen Führerschein zum Zeitpunkt des Führens der KfZ nicht bei sich trägt. Aus § 4 II FeV ergibt sich die Pflicht des Fahrers, seinen Führerschein während der Fahrt bei sich zu tragen. Sollte der Betroffene ohne Führerschein erwischt werden, erwartet ihn ein Bußgeld von 10 €. Zu beachten ist jedoch, dass der Führerschein im Original mitgeführt werden muss. Eine Kopie des Führerscheins ist nicht ausreichend.


[1] OLG Stuttgart, Urteil v. 23.07.15 (Az: 2 Ss 94/15).

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Fahrverbote und Führerscheinentzug“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Maik Papiernick, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-85-4.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Rechtsanwalt Michael Kaiser berät auf den Gebieten des zivilen Verkehrsrechts (insbesondere bei Verkehrsunfällen) und im Bereich Verkehrsordnungswidrigkeiten und im Verkehrsstrafrecht.

Der besondere Schwerpunkt von Michael Kaiser liegt im Bereich der Fahrverbote und Führerscheinentzugsverfahren. Er vertritt Betroffene mit dem Ziel, den Führerscheinentzug zu vermeiden, sei es wegen Fehlern im Messverfahren, Fehlern der Beschilderung oder beruflichen Umständen, die den Führerscheinentzug zu einer besonderen Härte machen würden, so dass eine erhöhte Geldstrafe den Führerscheinentzug entfallen lassen kann.

Rechtsanwalt Kaiser ist seit vielen Jahren im gesamten Verkehrsrecht tätig. Er berät und vertritt bei Verkehrsunfällen und übernimmt alle notwendige Korrespondenz mit Versicherungen, Gutachtern, Zeugen und Polizei. Er macht nicht nur den Fahrzeugschaden für Sie geltend, sondern prüft alle denkbaren Ansprüche, vom Verdienstausfall über Schmerzensgeld und Schadensersatz bis zum Ersatz von Mietwagenkosten, Urlaubsverlust bis hin zum Wertverlust bei Fahrzeugen aufgrund von Reparaturen. Er prüft Versicherungsrückstufungen und verhandelt mit Versicherungen über angemessene Entschädigungen.

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  • Fahrverbot und Führerscheinentzug

Rechtsanwalt Kaiser ist Dozent für Verkehrsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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  • Drohenden Führerscheinverlust vermeiden – Möglichkeiten und Handlungsspielräume 
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