Preisabsprachen – Teil 01 – Einführung, Allgemeines

1 Einführung

Das Kartellrecht hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Rechtsgebiete des Wirtschaftsrechts entwickelt. Immer mehr Unternehmen kommen in ihrer täglichen Entscheidungspraxis mit kartellrechtsrelevanten Fragestellungen in Berührung. Oft wird dabei verkannt, dass das Kartellrecht nicht nur Großkonzerne betrifft, sondern auch für mittelständische Unternehmen von großer Relevanz ist.
Als Schutzschild des freien Wettbewerbs schützt das Kartellrecht diesen vor der Ausschaltung und der Verfälschung. Im Rahmen der gesetzlichen Regelungen werden wirtschaftliche Handlungen beschränkt, sobald wettbewerbliche Strukturen Beeinträchtigung erfahren.

Ein funktionierender Wettbewerb übt jedoch einen enormen Druck auf Unternehmen aus. Die Verlockung ist groß, sich diesem Wettbewerbsdruck durch Absprachen mit anderen Wettbewerbern zu entziehen und den Wettbewerb auszuschalten. Für Unternehmen ist es oft nicht leicht, die Grenzen des kartellrechtlich zulässigen Verhaltens richtig zu erkennen, insbesondere da der Gesetzgeber eine gewisse Eigeninitiative von den Unternehmen verlangt. Diese müssen selbst prüfen, ob ihr Verhalten mit dem Kartellgesetz vereinbar ist oder nicht[1]. Die Bereitschaft sich kartellrechtskonform zu verhalten, hat jedoch seit der Erhöhung der Bußgelder für Verstöße gegen das Kartellverbot zugenommen.

Derzeit erregen besonders verbotene Preisabsprachen die Aufmerksamkeit der Kartellbehörden. Nicht umsonst zählen Preisabsprachen zu den Kernbeschränkungen beziehungsweise Hardcore-Kartellen. Von ihnen geht ein besonders hoher wettbewerblicher Unwertgehalt aus. Absprachen zwischen Wettbewerbern über Preise werden ausschließlich zum Zweck der Ausschaltung des Wettbewerbs getroffen und sind schon ihrem Wesen nach wettbewerbsschädlich. Gegen solche Kernbeschränkungen des Wettbewerbs geht das Bundeskartellamt mit besonderer Vehemenz und hohen Bußgeldzahlungen in Millionenhöhe vor.

Dieses Buch
bietet Unternehmen eine Hilfestellung, wie sie sich bezüglich Preisabsprachen kartellrechtskonform verhalten können. Dazu werden im Folgenden die unterschiedlichen Absprachetypen im Rahmen von Preisabsprachen dargestellt. Unterschiede zwischen dem deutschen und europäischen Kartellrecht werden in diesem Buch nur behandelt, wenn sie von Bedeutung sind.

2 Allgemeines zum Kartellrecht

2.1 Mit was befasst sich das Kartellrecht?

Als Teil des Wirtschaftsrechts regelt das Kartellrecht die Freiheit des Wettbewerbs. Ein freier Wettbewerb hat positiven Einfluss auf die Gesamtwirtschaft und beugt der Entstehung und Verfestigung von gesellschaftlichen und politischen Machtstellungen vor.[2] Um einen funktionierenden Wettbewerb zu gewähren, bedarf es eines gesetzlichen Rahmens. Diesen Rahmen bildet in Deutschland das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und in der Europäischen Union der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die gesetzlichen Regelungen zielen darauf ab, die wettbewerblichen Strukturen zu erhalten und wettbewerbsbeschränkende Handlungen zu unterbinden.[3] Das Kartellrecht setzt sich mit drei Regelungsbereichen auseinander, die als die „drei Säulen des Kartellrechts“ bezeichnet werden:

  • Kartellverbot
  • Missbrauchsaufsicht
  • Zusammenschlusskontrolle

Die Preisabsprache unterfällt dabei der ersten Säule „Kartellverbot“.

2.2 Wen betrifft das Kartellrecht?

Das Kartellrecht betrifft grundsätzlich jedes Unternehmen. Kleine und mittelständische Unternehmen unterliegen oft dem Trugschluss, dass für sie das Kartellrecht nicht gelte. Dabei sind sowohl inhabergeführte Einzelunternehmen als auch globale Großunternehmen an das Kartellrecht gebunden. Der Schutz des Wettbewerbs ist unabhängig von der Rechtsform oder der Größe der Unternehmen von denen die Eingriffe in den Wettbewerb ausgehen. Bei einzelnen Verboten spielt jedoch die Größe und Bedeutung des Unternehmens im Markt eine Rolle, z.B. bei dem Verbot des Missbrauches einer marktbeherrschenden Stellung.

2.3 Was ist ein Kartell?

Von einem Kartell spricht man, wenn mehrere Unternehmen ihr Verhalten auf dem Markt koordinieren, um dadurch den Wettbewerb auszuschalten oder einzuschränken.[4]

Beispiel
Absprachen zwischen Wettbewerbern über Preise, Mengen, Gebiete oder Kundengruppen.

Die Teilnehmer eines solchen Kartells (im Folgenden Kartellanten) beseitigen durch die Koordinierung ihres Verhaltens den Wettbewerbsdruck und können dadurch unter anderem höhere Gewinne erzielen. Für die Verbraucher haben Kartelle hingegen einen sozialschädlichen Charakter. Sie führen zu höheren Preisen, minderwertiger Qualität und weniger Innovationsfortschritt.[5]


[1] Kling/Thomas, Kartellrecht, 2. Auflage, S. 48, Rn.3.

[2] Das Bundeskartellamt in Bonn, Organisation, Aufgaben und Tätigkeiten S. 7.

[3] Das Bundeskartellamt in Bonn, Organisation, Aufgaben und Tätigkeiten, S. 8 f.

[4] Das Bundeskartellamt in Bonn, Organisation, Aufgaben und Tätigkeiten, S. 14.

[5] Das Bundeskartellamt in Bonn, Organisation, Aufgaben und Tätigkeiten, S. 14.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Preisabsprachen im Kartellrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Laura Macht, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-87-8.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018


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Über die Autoren:

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Schindele berät und vertritt bei Verstößen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs, sei es im außergerichtlichen Bereich der Abmahnungen und Abschlussschreiben, im Bereich der einstweiligen Verfügungen oder in gerichtlichen Hauptsacheverfahren. Er prüft Werbeauftritte wi Internetseiten und Prospekte zur Vermeidung von Abmahnrisiken und verhandelt Vertragsstrafevereinbarungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr zwischen Verletzern und Verletzten.

Tilo Schindele ist Dozent für Kartellrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Seminare und Vorträge unter anderem zu folgenden Themen an:

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  • Kartellrecht für die Unternehmenspraxis: Risiken erkennen und vermeiden

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