Verkehrsordnungswidrigkeiten – Teil 07 – Rechtsfolgen

4 Rechtsfolgen einer Ordnungswidrigkeit

Begeht man eine Ordnungswidrigkeit drohen verschiedene Rechtsfolgen. Es kommt ganz auf die Art und Schwere des Verstoßes an.

Je nachdem, werden dann verkehrsordnungsrechtlich folgende Sanktionen einzeln oder zusammen ausgesprochen:

  • Verwarnung (vgl. unter Punkt 4.1)
  • Bußgeld (vgl. unter Punkt 4.2)
  • Punkte (vgl. unter Punkt 4.3)
  • Fahrverbot (vgl. unter Punkt 4.4)

War man bei der Begehung der Ordnungswidrigkeit durch einen besonderen Grund gerechtfertigt beziehungsweise entschuldigt, hat man ausnahmsweise keine Rechtsfolgen zu befürchten (vgl. unter Punkt 4.5.).

4.1 Verwarnung

Das mildeste Mittel zur Ahndung einer Ordnungswidrigkeit ist die Verwarnung. Diese kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Manchmal wird zusätzlich ein Verwarnungsgeld erteilt.

4.1.1 Voraussetzungen

Die Verwarnung ist gesetzlich in den §§ 56 ff. OWiG geregelt. Zweck ist eine schnelle und einverständliche Verfahrensbeendigung.

Die wirksame Erteilung einer ordnungsgemäßen Verwarnung setzt folgende Dinge voraus:

  • Eine nachweisbare geringfügige Ordnungswidrigkeit.
  • Es ist bisher kein Bußgeldbescheid ergangen.
  • Es bestehen keine sonstigen Verfahrenshindernisse, insbesondere ist der Verwarnende zuständig.
  • Der Betroffene wurde über sein Weigerungsrecht belehrt und ist mit der Verwarnung einverstanden sein.

Im Falle der Anordnung eines Verwarnungsgeldes (§ 56 Abs. 1 S. 1 OWiG) ist zudem die fristgerechte Bezahlung des Verwarnungsgeldes notwendig, damit die Verwarnung voll wirksam wird und die Verfahrensbeendigung eintreten kann.

4.1.2 Verwarnungsgeld § 56 Abs. 1 S. 1 OWiG

Das Verwarnungsgeld beträgt regelmäßig zwischen 5,00 Euro und 35,00 Euro. Die Höhe richtet sich nach der Art der Ordnungswidrigkeit und wird nach pflichtgemäßem Ermessen von dem jeweiligen verwarnenden Polizei- oder Ordnungsbeamten bestimmt. Dieser kann entscheiden, welcher Betrag nach den Grundsätzen des Opportunitätsgrundsatzes (vgl. oben unter Punkt 2.3) als angemessen erscheint.

Wird eine Zahlungsfrist bestimmt, sollte man diese einhalten. Im Übrigen ist aber auch immer eine Verlängerung durch die Behörde möglich.

4.1.3 Verwarnung beendet OWI- Verfahren, keine weitere Verfolgung mehr möglich

Sobald im Einverständnis mit dem Betroffenen eine ordnungsgemäße Verwarnung für eine Ordnungswidrigkeit ausgesprochen wurde und das Verwarnungsgeld fristgerecht bezahlt ist, ist das Bußgeldverfahren bereits im Vorverfahren beendet. Das bedeutet, die verwarnte Tat kann nicht mehr als Ordnungswidrigkeit (weiter-)verfolgt werden, selbst wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass sie nicht geringfügig war. Möglich bleibt allerdings die Verfolgung als Straftat. Zudem können auch andere Ordnungswidrigkeiten die zum gleichen Zeitpunkt oder im Rahmen der verwarnten Tat (mit-) verwirklicht wurden, noch verfolgt werden.

Beispiel
A hat einen qualifizierten Rotlichtverstoß begangen, wird aber von der zuständigen Polizeibehörde nur schriftlich unter Aufforderung der Zahlung eines Verwarnungsgeldes in Höhe von 35,00 € verwarnt. A zahlt das Verwarnungsgeld.

  • Der qualifizierte Rotlichtverstoß ist eigentlich keine geringfügige Ordnungswidrigkeit. Da A aber eine Verwarnung erhalten hat und diese auch bezahlt hat, ist das Ordnungswidrigkeitsverfahren bereits beendet. Wegen dem Rotlichtverstoß kann also kein weiteres Bußgeldverfahren betrieben werden.

4.1.4 Aufhebung oder Einspruch bei Verwarnung

Die nachträgliche Aufhebung einer Verwarnung ist nur bei einer verfahrensfehlerhaften Verwarnung möglich. Ist die Verwarnung dagegen ordnungsgemäß ergangen und wirksam, scheidet eine Aufhebung aus.

Eine Einspruchsmöglichkeit für den Betroffenen gibt es bei der Verwarnung nicht, da diese ja bereits zur Wirksamkeit das Einverständnis des Betroffenen voraussetzt.

4.2 Bußgeld

Im Unterschied zur der Verwarnung, bei der auch ein Verwarnungsgeld zu zahlen sein kann, wird das Bußgeld immer im Rahmen eines Bußgeldbescheids eingefordert. Der Bußgeldbescheid wird einseitig – also ohne Zustimmungserfordernis seitens des Betroffenen – von der zuständigen Behörde erlassen.

4.2.1 Höhe bemisst sich grundsätzlich nach Bußgeldkatalog

Die Höhe eines Bußgeldes für eine bestimmte Verkehrsordnungswidrigkeit bestimmt sich in den meisten Fällen nach Regelsätzen aus dem sogenannten Bußgeldkatalog. Der Bußgeldkatalog ist eine Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur nach § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StVG, in welcher Bußgelder wegen einer Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24, 24a und § 24c bestimmt sind. Für alle Verkehrsordnungswidrigkeiten die in dem Bußgeldkatalog genannt sind, ist der dort bestimmte Regelsatz eine verbindliche Zumessungsregel.

Bei einigen Verkehrsordnungswidrigkeiten, gibt es zudem bestimmte spezialgesetzliche Vorschriften zu der Höhe der angemessenen Geldbuße zu beachten. So, zum Beispiel bei dem Fahren unter Alkoholeinfluss die Spezialregelung in § 24a Abs. 4 StVG. Darin ist festgelegt, dass diese Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden kann.

Falls sich für eine bestimmte Verkehrsordnungswidrigkeit weder eine Zumessung im Bußgeldkatalog findet, noch eine Spezialregelung eingreift, beträgt die Geldbuße mindestens fünf, maximal eintausend Euro, § 17 OWiG. Bei der Festsetzung der konkreten Höhe des Bußgelds wird sich dann regelmäßig an vergleichbaren Tatbeständen aus dem Bußgeldkatalog orientiert. Dabei ist allerdings auch immer der Einzelfall zu berücksichtigen: Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, die Schwere und Art der Ordnungswidrigkeit sowie Voreintragungen sind dabei ebenso wie der Grad der Gefährdung und die Beeinträchtigung von Rechtsgütern zu berücksichtigen, § 17 Abs. 3 OWiG.

4.2.2 Doppeltes Bußgeld bei Vorahndungsfällen

Bei mannigfachen Vorahndungen des Betroffenen kann die im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße verdoppelt werden (AG München, Urteil v. 14.06.2016, Az.: 911 OWi 437 Js 150260/16). Das bedeutet, sobald man wiederholt bestimmte Verkehrsordnungswidrigkeiten begeht, kann sich die Höhe des Bußgelds für den jeweiligen Verstoß verdoppeln.

Beispiel
Der Autofahrer A hat bereits dreimal ein Bußgeld und Punkte wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten. Nun wird er nochmals geblitzt, weil er aus Unachtsamkeit die Geschwindigkeitsbeschränkung anzeigende Beschilderung übersehen hat. A hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft von 50 km/h um 22 km/h überschritten. Er erhält einen Bußgeldbescheid, der ein Bußgeld in Höhe von 160,00 EUR und einen Monat Fahrverbot verhängt. Der Bußgeldkatalog sieht in Ziffer 11.3.4 der Bußgeldkatalogverordnung in der zur Tatzeit geltenden Fassung für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 22 km/h innerhalb geschlossener Ortschaft allerdings nur eine Regelgeldbuße von 80,- Euro vor.

  • A hat fahrlässig einen Geschwindigkeitsverstoß begangenen, da er die zulässige Höchstgeschwindigkeit als Führer eines Kraftfahrzeuges innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h. überschritten hat. Dabei hätte A bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen und auch zumutbaren Sorgfalt erkennen und vermeiden müssen, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet. In Anbetracht der mannigfachen Vorahndungen des A ist es rechtens die Geldbuße angemessen durch eine Verdoppelung des Regelsatzes zu erhöhen. Im Bußgeldkatalog werden bei den Regelsätzen, Vorahndungen oder Wiederholungstaten nämlich nicht berücksichtigt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Ordnungswidrigkeiten im Verkehr“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Kristin Nözel, Volljuristin Dipl. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-84-7.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018


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Rechtsanwalt Michael Kaiser berät auf den Gebieten des zivilen Verkehrsrechts (insbesondere bei Verkehrsunfällen) und im Bereich Verkehrsordnungswidrigkeiten und im Verkehrsstrafrecht.

Der besondere Schwerpunkt von Michael Kaiser liegt im Bereich der Fahrverbote und Führerscheinentzugsverfahren. Er vertritt Betroffene mit dem Ziel, den Führerscheinentzug zu vermeiden, sei es wegen Fehlern im Messverfahren, Fehlern der Beschilderung oder beruflichen Umständen, die den Führerscheinentzug zu einer besonderen Härte machen würden, so dass eine erhöhte Geldstrafe den Führerscheinentzug entfallen lassen kann.

Rechtsanwalt Kaiser ist seit vielen Jahren im gesamten Verkehrsrecht tätig. Er berät und vertritt bei Verkehrsunfällen und übernimmt alle notwendige Korrespondenz mit Versicherungen, Gutachtern, Zeugen und Polizei. Er macht nicht nur den Fahrzeugschaden für Sie geltend, sondern prüft alle denkbaren Ansprüche, vom Verdienstausfall über Schmerzensgeld und Schadensersatz bis zum Ersatz von Mietwagenkosten, Urlaubsverlust bis hin zum Wertverlust bei Fahrzeugen aufgrund von Reparaturen. Er prüft Versicherungsrückstufungen und verhandelt mit Versicherungen über angemessene Entschädigungen.

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