Fahrverbote – Teil 06 – Ordnungswidrigkeiten II

3.2.2.2 Abstand

Eine weitere sehr häufige Ursache für ein Fahrverbot ist die Verletzung des vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes.
Die Länge des Fahrverbotes bzw. die Anzahl der Punkte richtet sich beim Sicherheitsabstand nach der gefahrenen Geschwindigkeit sowie der Art des Fahrzeugs.
Ausschlaggebend für die Bemessung des Abstandes ist der sog. halbe Tachowert in Metern. Dadurch kann die Beurteilung des zu erwartenden Fahrverbotes zu einer "Rechenaufgabe" werden.

Der halbe Tachowert beträgt bei einer Geschwindigkeit von 100 Km/h 50 Meter, bei 120 Km/h 60 Meter usw.

Bei einer Geschwindigkeit von über 100 Km/h sind, bei Unterschreitung von 3/10 des halben Tachowertes, ein Fahrverbot von einem Monat und 2 Punkte zu erwarten. Im Konkreten: Bei einer Geschwindigkeit von 120 Km/h beträgt der halbe Tachowert 60 Meter. 3/10 dieses halben Tachowertes sind in diesem Fall 18 Meter. Beträgt der Abstand zum vorfahrenden Auto also weniger als 18 Meter, ist mit den oben genannten Konsequenzen zu rechnen.
Des Weiteren potenziert sich auch bei den Abstandsfällen das Fahrverbot je nach "Kürze" des Abstands. Bei einer Geschwindigkeit von über 100 Km/h und einer Unterschreitung von 2/10 des halben Tachowertes, also im oben angeführten Beispiel von 12 Metern, muss mit einem 2 monatigen Fahrverbot sowie 2 Punkten gerechnet werden. Eine Unterschreitung von 1/10 des halben Tachowertes, also in unserem Fall 6 Metern, werden grundsätzlich ein Fahrverbot von 3 Monaten und 2 Punkte verhängt. Eine strengere Bewertung erfährt der Betroffene, welcher mehr als 130 Km/h schnell ist. Die Bewertung ändert sich allerdings nur auf der Ebene des Bußgeldes, auf welches hier nicht weiter eingegangen wird.
Etwas anderes gilt für LKWs, welche, bei einer Geschwindigkeit von über 50 Km/h 50 Meter Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug halten müssen. Wird dieser Abstand unterschritten, droht zwar kein Fahrverbot, aber ein Punkt in "Flensburg".

3.2.2.3 Rotlicht

Die Situation: Der Betroffenen, welcher schon 3-4 "Ampelphasen" an einer Ampel verbracht hat, versucht bei Gelb noch über die Ampel zu kommen, was ihm allerdings misslingt, weil er erst bei der schon roten Ampel die Kreuzung überquert. Diese sog. Rotlichtverstöße reihen sich in die Beispiele für die häufigsten Fahrverbotsgründe ein.
In diesem Fall wird nach der Länge der bestehenden Rotphase, nach dem Vorliegen eines Grünpfeiles sowie nach einer entstandenen Gefährdung oder Sachbeschädigung unterschieden. Als Maßstab für die Länge gilt die sog. "1-Sekunden-Regel". Sollte eine "rote Ampel" überquert werden, aber das rote Lichtzeichen seit weniger als einer Sekunde erst "angezeigt" werden und keine Gefährdung oder Sachbeschädigung dadurch entstehen, ist mit einem Punkt zu rechnen. Sollte in diesem Fall allerdings eine Gefährdung oder eine Sachbeschädigung aus dem Rotlichtverstoß entstehen, wird mit einem Monat Fahrverbot sowie 2 Punkten zu rechnen sein.
Leuchtet das Rotlicht seit mehr als einer Sekunde, ist auch ohne eine Gefährdung oder Sachbeschädigung mit einem Fahrverbot von einem Monat sowie 2 Punkten zu rechnen. Für den Fall, dass noch eine Gefährdung oder Sachbeschädigung hinzutritt, erhöht sich "nur" das Bußgeld, die zu erwartenden Nebenfolgen bleiben bei einem Monat Fahrverbot und 2 Punkten.

3.2.2.4 Alkohol/Drogen

Eine Besonderheit ergibt sich für das Fahrverbot, welches aufgrund von Alkohol- oder Drogeneinfluss ergeht. Die Vorschrift, nach welcher sich das Fahrverbot bestimmt, ist § 24a OWiG.
§ 24a OWiG ist für den Fahrer im Straßenverkehr einschlägig, der "0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt." Weiterhin betrifft § 24a OWiG den Fahrer im Straßenverkehr, welcher "unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird." Die berauschenden Mittel (Cannabis, Heroin, Morphin, Cocain, Amfetamin, Designer-Amfetamin, Metamfetamin) sind mit den jeweils nachzuweisenden Substanzen in der Anlage zur StVO nachzulesen.
Im beiden Fällen, also des Alkohol- sowie des Drogeneinflusses, reicht also die bloße Einnahme aus und es bedarf keiner Gefährdung oder sonstigen Verletzung, um ein Fahrverbot zu erteilen. Wichtig ist die Abgrenzung zur Straftat des § 316 StGB, welche zusätzlich zum Alkohol- bzw. Drogeneinfluss noch die Voraussetzung hinzufügt, dass der Fahrer gerade aufgrund dieses Einflusses nicht in der Lage sein darf, "das Fahrzeug sicher zu führen." Bei einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,10 Promille wird von der absoluten Fahruntüchtigkeit gesprochen, bei welcher indiziert wird, dass der Fahrer nicht mehr in der Lage sei, das Fahrzeug sicher zu führen. In den Fällen des § 316 StGB wird es meist um den, später noch thematisierten und schwerwiegenderen, Führerscheinentzug gehen. Weiterhin ist zu beachten, dass die Liste der berauschenden Mittel in der Anlage durch ein vereinfachtes Verfahren von dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur jederzeit nach den "neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen" angepasst werden können.
Eine Besonderheit weist der Umgang mit "Fahranfängern", also Personen unter 21 Jahren bzw. Personen, welche sich noch in der 2-jährigen Probezeit befinden, auf. Für diesen Personenkreis gilt gem. § 24c StVG die 0,0 Promillegrenze. Es besteht bei ihnen kein Spielraum bzgl. dem Einfluss von alkoholischen Getränken.
Die Frage der Folgen für den Betroffenen hängen von der Anzahl der "Vorverstöße" ab. Ist der Betroffenen erstmalig wegen Alkohol im Straßenverkehr in Erscheinung getreten, ist von einem Fahrverbot von einem Monat auszugehen. Sollte der Betroffenen schon vorher einen Eintrag im Fahreignungsregister (FAER) nach § 24a OWiG, § 316 oder 315c StGB haben, verlängert sich das Fahrverbot auf 3 Monate. In jedem Fall ist zusätzlich mit 2 Punkten zu rechnen. Zuletzt bleibt der Hinweis auf die spezielle Bußgeldregelung des § 24a IV OWiG, welche ein Bußgeld von bis zu 3.000,00 € zulässt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Fahrverbote und Führerscheinentzug“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Maik Papiernick, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-85-4.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018


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Michael Kaiser, Rechtsanwalt

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Rechtsanwalt Michael Kaiser berät auf den Gebieten des zivilen Verkehrsrechts (insbesondere bei Verkehrsunfällen) und im Bereich Verkehrsordnungswidrigkeiten und im Verkehrsstrafrecht.

Der besondere Schwerpunkt von Michael Kaiser liegt im Bereich der Fahrverbote und Führerscheinentzugsverfahren. Er vertritt Betroffene mit dem Ziel, den Führerscheinentzug zu vermeiden, sei es wegen Fehlern im Messverfahren, Fehlern der Beschilderung oder beruflichen Umständen, die den Führerscheinentzug zu einer besonderen Härte machen würden, so dass eine erhöhte Geldstrafe den Führerscheinentzug entfallen lassen kann.

Rechtsanwalt Kaiser ist seit vielen Jahren im gesamten Verkehrsrecht tätig. Er berät und vertritt bei Verkehrsunfällen und übernimmt alle notwendige Korrespondenz mit Versicherungen, Gutachtern, Zeugen und Polizei. Er macht nicht nur den Fahrzeugschaden für Sie geltend, sondern prüft alle denkbaren Ansprüche, vom Verdienstausfall über Schmerzensgeld und Schadensersatz bis zum Ersatz von Mietwagenkosten, Urlaubsverlust bis hin zum Wertverlust bei Fahrzeugen aufgrund von Reparaturen. Er prüft Versicherungsrückstufungen und verhandelt mit Versicherungen über angemessene Entschädigungen.

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  • Fahrverbot und Führerscheinentzug

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