Fahrverbote – Teil 05 – Ordnungswidrigkeit I

3.2 Ordnungswidrigkeit

Das Fahrverbot richtet sich im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit nicht nach § 44 StGB, sondern nach § 25 OWiG. Es gilt allerdings, außer einer dogmatischen Änderung, ähnliches wie im Strafrecht: Das Fahrverbot wird als Nebenfolge zur Geldbuße verhängt (Strafrecht: Nebenstrafe 2.3). Das Fahrverbot kann auch hier für eine Zeit von 1 bis 3 Monaten ausgesprochen werden. Die Voraussetzung für das Fahrverbot nach § 25 OWiG ist die "grobe" oder "beharrliche" Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers. Ergänzt wird diese Voraussetzung durch die Bußgeldkatalogverordnung (BKatV), dessen Herzstück der allseits bekannte Bußgeldkatalog ist.

3.2.1 Grobe Pflichtverletzung eines KfZ-Führers

§ 4 I BKatV bestimmt, in welchen Fällen grundsätzlich ein Fahrverbot aufgrund von der Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in Betracht kommt. Diese Fälle sind in § 4 I Nr. 1-4 BKatV benannt bzw. enthalten Verweise auf die entsprechenden Nummern im Bußgeldkatalog.

Das Vorliegen eines solchen "Regelfalls" entbindet nicht von der Pflicht zu überprüfen, ob ein Fahrverbot im Einzelfall angeordnet werden soll. Es vermutet jedoch die "beharrliche" und "grobe" Pflichtverletzung.

Das Regelfahrverbot nach § 4 BKatV nennt also Fälle, in welchen grundsätzlich in objektiver* sowie subjektiver* Hinsicht eine grobe Pflichtwidrigkeit gem. § 25 I StVG gegeben ist.
Eine grobe Pflichtwidrigkeit gem. § 25 I StVG ist eine Verhaltensweise, die objektiv von besonderem Gewicht ist, da sie immer wieder die Ursache schwerer Unfälle darstellt. Subjektiv liegt sie vor, wenn die Ordnungswidrigkeit auf besonders grobem Leichtsinn, grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruht, also eine besondere Verantwortungslosigkeit darstellt und besonders verwerflich ist.
Ein vorliegendes Verhalten aus dem Katalog des § 4 BKatV führt also nicht automatisch zum Führerscheinentzug. Der Bundesgerichtshof entschied beispielsweise, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung, welche nach § 4 BKatV ein Regelfahrverbot begründen würde, nicht automatisch zum Fahrverbot nach § 25 I StVG führt. In diesem Fall wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 39 Km/h überschritten (69 Km/h bei zulässigen 30 Km/h). Die Verkehrsschilder übersah der Betroffene nach seinen Ausführungen "leicht fahrlässig". Der Bundesgerichtshof teilte die Auffassung des Betroffenen und stellte die Unvereinbarkeit einer "leichten Fahrlässigkeit" bei einer groben Pflichtverletzung dar. In Folge dessen wurde ein Fahrverbot gem. § 25 I StVG abgelehnt. In der Rechtsprechung werden solche Fälle als "Augenblicksversagen", auf welches später genauer eingegangen wird, zusammengefasst.

3.2.2 Beispiele

Des Weiteren sollen die häufigsten Ursachen für Fahrverbote nach § 25 I StVG dargestellt werden. Die, in jedem Fall verhängten, Geldbußen werden nicht weiter dargestellt.

3.2.2.1 Geschwindigkeit

Eine der häufigsten Ursachen für Fahrverbote stellt, wie im oben erläuterten Fall, die Geschwindigkeitsüberschreitung dar. Das Maß der Geschwindigkeitsüberschreitung, welche für eine Fahrverbot "ausreicht", ist von mehreren Faktoren, wie der Art des Kraftfahrzeuges oder den Witterungsbedingungen sowie von den Standort der Fahrbahn (innerorts/außerorts), abhängig.
Außerhalb geschlossener Ortschaften wird ein Fahrverbot von einem Monat ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 41 Km/h angenommen. Zusätzlich gibt es in diesem Fall 2 Punkte im Fahreignungsregister, kurz: FAER (früher: Verkehrszentralregister), auf welches in einem späteren Punkt eingegangen wird. Die Bußen, welche für die Überschreitung verhängt werden, potenzieren sich gleichmäßig mit der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitungen: von 51-60 Km/h bleibt es bei einem Monat Fahrverbot und 2 Punkten in "Flensburg", bis 70 Km/h kann mit 2 Monaten Fahrverbot sowie 2 Punkten gerechnet werden und bei einer Überschreitung von über 70 Km/h kann von 3 Monaten Fahrverbot und 2 Punkten ausgegangen werden.
Innerhalb geschlossener Ortschaften wird bei einer Überschreitung von 31-40 Km/h sowie von 41-50 Km/h mit 2 Punkten sowie einem Monat Fahrverbot zu rechnen sein. Ebenso gilt das "Potenzierungsprinzip" auch innerhalb geschlossener Ortschaften: Wer mit bis zu 60 Km/h über der zulässigen Geschwindigkeit geblitzt wird, muss mit 2 Monaten Fahrverbot und 2 Punkten rechnen. Eine Überschreitung von über 60 Km/h wird mit 3 Monaten Fahrverbot sowie 2 Punkten geahndet.
Einen Sonderfall bildet bei den Geschwindigkeitsüberschreitungen die "schlechte Sicht" durch Witterungsbedingungen. Sollte die Sicht aufgrund von Nebel, Schnee oder Regen weniger als 50 Meter betragen, liegt die zulässige Höchstgeschwindigkeit, egal ob inner- oder außerorts, bei 50 Km/h. Bei einer Überschreitung von 21-26 Km/h (innerorts) bzw. 26-30 Km/h (außerorts) ist mit einem einmonatigen Fahrverbot zu rechnen. Ab 41 Km/h (innerorts) bzw. 51 Km/h (außerorts) ist mit einem Fahrverbot von bis zu 3 Monaten zu rechnen.
Weiterhin sind Führer von Kraftfahrzeugen mit gefährlichen Gütern bzw. Kraftfahrtomnibussen mit Fahrgästen bei der Beurteilung gesondert zu betrachten. In diesen Fällen beginnt das Fahrverbot schon ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von über 15 Km/h.
Außerdem ist für den Fall, dass ein Betroffener innerhalb von 12 Monaten zweimal mit 26 Km/h oder mehr "geblitzt" wurde, zumeist mit einem Fahrverbot zu rechnen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Fahrverbote und Führerscheinentzug“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Maik Papiernick, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-85-4.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018


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Rechtsanwalt Michael Kaiser berät auf den Gebieten des zivilen Verkehrsrechts (insbesondere bei Verkehrsunfällen) und im Bereich Verkehrsordnungswidrigkeiten und im Verkehrsstrafrecht.

Der besondere Schwerpunkt von Michael Kaiser liegt im Bereich der Fahrverbote und Führerscheinentzugsverfahren. Er vertritt Betroffene mit dem Ziel, den Führerscheinentzug zu vermeiden, sei es wegen Fehlern im Messverfahren, Fehlern der Beschilderung oder beruflichen Umständen, die den Führerscheinentzug zu einer besonderen Härte machen würden, so dass eine erhöhte Geldstrafe den Führerscheinentzug entfallen lassen kann.

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  • Fahrverbot und Führerscheinentzug

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