Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 31 – Folgen der Rücknahme der Kündigung auf die Kündigungsschutzklage, Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses

11.2.1.4 Inhalt

Welche Anforderungen die Klage inhaltlich zu erfüllen hat richtet sich nach § 253 II ZPO.
Danach muss die Klage mindestens

  • die Parteien,
  • das Gericht,
  • Gegenstand, und
  • Grund des Anspruchs, sowie
  • einen bestimmten Antrag enthalten.
11.2.1.4.1 Die Parteien und das Gericht

Die Klage muss eine genaue Bezeichnung der Parteien und des Gerichts enthalten. Wird die Klage an den falschen Beklagten gerichtet, wird die Frist des § 4 KSchG nicht gewahrt.[1]
Dabei Parteienbezeichnung sollte möglichst genau und vollständig sein.[2] Dies umfasst einerseits die Benennung der gesetzlichen Vertreter oder Gesellschafter[3] und andererseits das Angeben der ladungsfähigen Anschrift[4]. Ist eine Parteibezeichnung ungenau oder falsch, ist dies jedoch unschädlich und kann von Amts wegen korrigiert werden, solange die Möglichkeit der Interpretation besteht.[5]

11.2.1.4.2 Gegenstand und Grund des Anspruchs, sowie ein bestimmter Antrag

Der Kläger hat einen Antrag auf die Feststellung zu richten, dass das Arbeitsverhältnis durch eine bestimmte Kündigung nicht beendet wurde.[6] Aus dem Antrag ergibt sich in der Regel bereits der Klagegegenstand.[7] Der Klagegrund umfasst weiter die Darstellung des konkreten Sachverhalts.[8]
Zusammen gefasst genügt es, wenn der Kläger

  • den Arbeitgeber nennt,
  • die betreffende Kündigung bezeichnet und benennt und das genaue Datum äußert sowie
  • den Willen äußert, die Unwirksamkeit gerichtlich feststellen zu lassen.[9]

11.3 Folgen der Rücknahme der Kündigung auf die Kündigungsschutzklage

Die Rücknahme der zugegangenen Kündigung ist einseitig durch den Arbeitgeber nicht möglich.[10] Vielmehr liegt darin ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses das der Zustimmung bzw. Annahme des Arbeitnehmers bedarf.[11] Erfolgt dies nach der Klageerhebung und nimmt der Arbeitnehmer an, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.[12]

11.4 Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses

Während des Kündigungsschutzprozesses kann der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung nach § 102 V S. 1 BetrVG verlangen, wenn der Betriebsrat der Kündigung fristgerecht widersprochen hat. Der Arbeitnehmer kann dies vorläufig verlangen, wenn er ein stattgebendes Urteil im Prozess erlangt hat und seine Interessen die des Arbeitgebers übersteigen.[13] Diesen Anspruch kann er ebenfalls gerichtlich durchsetzen.[14]
Will sich der Arbeitgeber dagegen wehren, muss er Umstände vorbringen die konkret darlegen, weshalb sein Interesse an der Nichtbeschäftigung überwiegt.[15] Das bedeutet, der Arbeitgeber kann auf Antrag gem. § 102 V S. 2 Nr. 1 – 3 BetrVG sich von der Verpflichtung entbinden lassen, wenn

  • die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, oder
  • die Weiterbeschäftigung zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde, oder
  • der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

Wurde dieser Antrag abgewiesen kann er, auf neue Tatsachen gestützt, wiederholt werden.[16]


[1] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 104a.

[2] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Gallner, § 4 KSchG, Rn. 34.

[3] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Gallner, § 4 KSchG, Rn. 34.

[4] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 104a.

[5] vgl. BAG 24.10.2013 – 2 AZR 1057/12 – NZA 2014 725; BAG 17.7.2007 – 9 AZR 819/06 – AP ZPO § 50 Nr. 17.

[6] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 107.

[7] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 107.

[8] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 108.

[9] Vgl. z.B. BAG 18.7.2013 – 6 AZR 420/12 – NZA 2014, 109.

[10] BAG 17.4.1986, AP BGB § 615 Nr. 40.

[11] Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger, § 4 KSchG, Rn. 56.

[12] Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger, § 4 KSchG, Rn. 57.

[13] Vgl. BAG 27.2.1985, AP BGB § 611 Nr. 14 Beschäftigungspflicht.

[14] ErfK/Kiel, § 4 KSchG, Rn. 42.

[15] Stahlhacke/Preis/Vossen/Vossen, Rn. 2246ff.

[16] LAG Köln 19.5.1983, DB 1983, 2368.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Tilo Schindele, Rechtsanwalt

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Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

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