Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 30 – Die Kündigungsschutzklage

11.2 Die Kündigungsschutzklage

Die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG ist eine Feststellungsklage.[1] Sie zielt darauf ab, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch eine bestimmte Kündigung nicht beendet wurde.[2] Auf eine solche Klageerhebung kann der Arbeitnehmer jedoch im Anschluss an die Kündigungserklärung wirksam verzichten.[3]

11.2.1 Klageerhebung

Die Klageerhebung auf Feststellung der Unwirksamkeit obliegt allein dem Arbeitnehmer.[4] Dieses Recht ist ein höchstpersönliches Recht.[5]
Demgegenüber steht der Arbeitgeber als Beklagter.[6] Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, so ist die Klage gegen diese zu richten.[7]

Beispiel 1:
Arbeitnehmerin ist Tiedemann. Der Arbeitgeber ist Müller.

  • Tiedemann hat die Klage gegen Müller zu erheben.

Beispiel 2:
Arbeitnehmerin ist erneut Tiedemann. Diesmal war sie jedoch bei der Brot & Salz GmbH angestellt. Die Kündigung hat sie jedoch von ihrem Vorgesetzten Jakobs bekommen.

  • Tiedemann hat die Klage diesmal gegen die Brot & Salz GmbH als Arbeitgeberin zu richten.

11.2.1.1 Zuständiges Gericht

Die Klage ist gem. § 4 S. 1 KSchG vor dem Arbeitsgericht zu erheben. Wird die Klage vor einem dem Rechtsweg nicht zugehörigen Gericht erhoben, hat dieses den Streit an das zuständige Arbeitsgericht zu verweisen.[8]
Das Arbeitsgericht muss weiter örtlich zuständig sein.[9]
Ist der Arbeitgeber eine natürliche Person ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus dessen Wohnsitz, vgl. §§ 12, 13 ZPO. Bei einer juristischen Person nach §§ 12, 17 I ZPO grundsätzlich aus ihrem Sitz.

Beispiel 1:
Tiedemann klagt gegen Müller. Müller wohnt in München.

  • Das örtlich zuständige Arbeitsgericht wäre dann in München.

Beispiel 2:
Tiedemanns Vorgesetzter Jakobs wohnt in Hamburg. Der Sitz der Brot & Salz GmbH ist jedoch in Hannover.

  • Die örtliche Zuständigkeit richtet sich hiernach dem Sitz der Brot & Salz GmbH. Zuständig wäre folglich das Arbeitsgericht Hannover.

11.2.1.2 Form

Die Klage muss grundsätzlich in Schriftform eingereicht werden oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts erklärt werden, vgl. §§ 46 II ArbGG, 496 ZPO.
Die Schriftform wird auch durch ein Telefax gewahrt.[10] Die Klage muss weiter in deutsch verfasst werden, vgl. § 184 GVG, und eigenhändig vom Kläger oder einem Prozessbevollmächtigten unterschrieben worden sein, §§ 253 IV, 130 Nr. 6 ZPO. Fehlt die Unterschrift wird die Frist des § 4 KSchG nicht gewahrt.[11] Anderes gilt, wenn die Klage handschriftlich eingereicht wird und sich aus einem beigefügten, unterschriebenen Schriftstück erklärt, dass die Klage mit Wissen und Wollen des Klägers erhoben wird.[12]
Wenn es von der Landesregierung bestimmt ist, genügt ebenfalls die Übermittlung eines elektronischen Dokuments, vgl. § 46c ArbGG.
Die Klage ist eingereicht wenn sie in den Machtbereich der Gerichtverwaltung gelangt ist.[13] Dies ist z.B. der Fall, wenn das Schriftstück in den Briefkasten des Arbeitsgerichts eingeworfen wurde.

11.2.1.3 Frist

Nach § 4 S. 1 KSchG ist die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung (--> 6.1.1 und 6.1.2) zu erheben.
Ist die Zustimmung einer Behörde notwendig, läuft gem. § 4 S. 4 KSchG die Frist ab Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer.
Die Berechnung der Frist richtet sich nach §§ 187 – 193 BGB.

BEISPIEL 1:
DIE ARBEITNEHMERIN LAMPMANN ERHÄLT IHRE KÜNDIGUNG AM DIENSTAG DEN 30. MAI 2017. SIE REICHT AM MITTWOCH DEM 19. JUNI 2017 SCHRIFTLICH KLAGE BEIM ZUSTÄNDIGEN ARBEITSGERICHT EIN.

  • LAMPMANN HAT DIE KÜNDIGUNG AM DIENSTAG DEN 30.5.17 ERHALTEN. DER TAG AN DEM DIE KÜNDIGUNG ZUGEGANGEN WIRD, WIRD BEI DER FRISTBERECHNUNG NICHT MITGERECHNET, VGL. § 187 BGB. DIE FRIST BEGINNT AM MITTWOCH DEM 31. MAI 2017 ZU LAUFEN UND ENDET MIT ABLAUF DES DIENSTAGS NACH DREI WOCHEN UM 24 UHR. DIE FRIST WÄRE ALSO AM 20. JUNI UM 24 UHR ABGELAUFEN. LAMPMANN HAT DIE KÜNDIGUNG ALSO FRISTGERECHT EINGEREICHT.

Beispiel 2:
Diesmal hat Lampmann die Kündigung am Donnerstag den 4. Mai 2017 erhalten. Sie wirft die Klageschrift am Freitag den 26. Mai 2017 um 23:15 Uhr in den Nachtbriefkasten des zuständigen Gerichts ein.

  • Die Klagefrist ist am Donnerstag dem 25. Mai 2017 abgelaufen. Allerdings handelt es sich bei diesem Tag um Himmelfahrt. Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, gilt die Frist bis zum nächsten Werktag, vgl. § 193 BGB. Der nächste Werktag wäre Freitag der 26.5.17. Lampmann hat die Frist erneut eingehalten.

Bei verspäteten Klagen kann nach § 5 KSchG die Klage nachträglich zugelassen werden. Dies ist jedoch nur in Einzelfällen möglich. Dabei darf den Arbeitnehmer keinerlei Verschulden an der Fristversäumung treffen.[14] Nicht einmal leichte Fahrlässigkeit darf vorzuwerfen sein.[15]

Wird die Klage nicht fristgerecht eingereicht hat dies nach § 7 KSchG die Wirksamkeit der jeweiligen Kündigung zur Folge.


[1] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 18.

[2] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 18.

[3] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 123.

[4] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 33.

[5] Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger, § 4 KSchG, Rn. 21.

[6] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 37.

[7] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 39.

[8] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 54.

[9] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Gallner, § 4 KschG, Rn. 15.

[10] BAG 14.1.1986, EzA ArbGG 1979 § 94 Nr. 3 zur Rechtsbeschwerde.

[11] BAG 25.1.1976, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 1.

[12] LAG RhPf 24.2.2001, LAGE KSchG § 4 Nr. 45.

[13] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 4 KSchG, Rn. 61.

[14] Ascheid/Preis/Schmidt/Hesse, § 5 KSchG, Rn. 10,11.

[15] LAG Berlin 4.1.1982, LAGE KSchG § 5 Nr. 13.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

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Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema:

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