Eheverträge für die Unternehmerehe – Teil 21 – Festsetzung von Anfangs- und Endvermögen - Festsetzung eines Höchstbetrages für die Zugewinnausgleichsforderung, Vereinbarung zur Unternehmensbewertung

5.2.3.2 Festsetzung von Anfangs- und Endvermögen / Festsetzung eines Höchstbetrages für die Zugewinnausgleichsforderung

§ 1377 Absatz 3 BGB regelt, dass bei Nicht-Vorhandensein eines Vermögensverzeichnisses betreffend das Anfangsvermögen eines Ehegatten vermutet wird, dass das Endvermögen des betreffenden Ehegatten seinen Zugewinn darstellt. Insoweit wird man für die Unternehmerehe grundsätzlich zum Vermögensverzeichnis raten müssen.
Den Wert der jeweiligen im Vermögensverzeichnis aufgenommenen Position sollte man ebenfalls angeben und auch die Bewertungsgrundlage nennen sowie ehevertraglich ausschließen, dass eine anderen Bewertung vorgenommen wird.

Wenn die Verlobten / künftigen Ehegatten bereits längere Zeit zusammenlebten, bevor sie sich zur Ehe entschließen - eine Fallgestaltung, die häufig vorzutreffen ist -, dann kann es sein, dass einer der künftigen Ehegatten (häufig der Unternehmerehegatte) bereits während des vorehelichen Zusammenlebens Vermögen angehäuft und/oder vermehrt hat: Besteht der Wunsch auf eine Teilhabe des anderen Ehegatten, kann ehevertraglich festgelegt werden, dass das Anfangsvermögen einen bestimmten Wert hat, der niedriger ist als das tatsächlich vorhandene Anfangsvermögen. So kommt es zu einer höheren Differenz zwischen Anfangs- und Endvermögen und damit zu einem höheren Zugewinn. Hieraus leitet sich dann ein höherer Ausgleichsanspruch ab.

Das Endvermögen lässt sich ebenfalls mit einem Höchstbetrag festlegen: Damit kann die Spanne für einen etwaigen Zugewinnausgleich eingeschränkt werden. Denn mit einem festgelegten Höchst-Endvermögen wird der Zugewinn gekappt und damit automatisch die Ausgleichsforderung.

Auch ein Höchstbetrag für die Zugewinnausgleichsforderung des ausgleichsberechtigten Ehegatten lässt sich unproblematisch ehevertraglich festsetzen.

Letztlich ist hier eine Einzelfallentscheidung vonnöten: Die Festlegung einer Höchstgrenze für eine Zugewinnausgleichszahlung ist sicherlich am unkompliziertesten. Doch auch die Festsetzung eines Betrages für Anfangs- und Endvermögen ist in speziellen Familien- und Vermögensverhältnissen durchaus sinnvoll.

5.2.3.3 Vereinbarung zur Unternehmensbewertung

Der Ausschluss von Zugewinnausgleich für Betriebsvermögen ist zwar, wie bereits erörtert, für die Unternehmerehe ratsam, aber nicht immer machbar, da es Verlobte oder Ehegatten gibt, die sich schlichtweg dagegen sträuben.

In diesen Fällen wird das Unternehmen dann in den Zugewinn eingestellt und muss bewertet werden. Das Gesetz trifft leider keine Aussage hinsichtlich des „Wie“ einer Unternehmensbewertung. Die Rechtsprechung gibt auch keine eindeutigen Vorgaben, obgleich eine Tendenz spürbar ist zu einer bestimmten Methode. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich hierüber vortrefflich streiten lässt.

Doch zunächst zu den verschiedenen Bewertungsmethoden:

Die sogenannte „Ertragswertmethode“ kommt bei der Unternehmensbewertung für den Zugewinn oftmals zum Einsatz: Unter dem Ertragswert versteht man die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens vermehrt um den Veräußerungswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu Einzelveräußerungspreisen. Als unterste Grenze wird der Liquidationswert angesetzt. Bei einer unbefristeten künftigen Ertragsperiode werden die Erträge nach der Formel für die „ewige Rente” kapitalisiert, und die Abzinsung erfolgt mittels eines Kapitalisierungszinssatzes, der sich aus dem Basiszinssatz (landesüblicher Kapitalmarktzins) einem Unternehmensrisikozuschlag, ggf. einem Immobilitätszuschlag und einem Geldentwertungsabschlag zusammensetzt (vgl. Münch, Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich, DStR 2014, 806 ff., 807). Die Summe künftiger Erträge wird durch eine Prognose auf der Basis vergangener Erträge hochgerechnet, die um einmalige, nicht periodengerechte Entwicklungen zu bereinigen sind. Dabei können die jüngeren Erträge stärker gewichtet werden als die älteren (a.a.o., 808).

Der BGH hat zwar mehrfach betont, dass es dem Gericht, welches über den Zugewinnausgleich entscheidet, obliegt, die Methode der Unternehmensbewertung festzulegen. Doch in einer jüngeren Entscheidung hat der BGH dem sogenannten „modifizierten Ertragswertverfahren“ zumindest für die Bewertung freiberuflicher Praxen im Zugewinnausgleich den Vorzug gegeben (BGH; Urteil vom 02.02.2011, Az. XII ZR185/08, in NJW 2011, 2572 ff, 2574). Der Unterschied zum üblichen Ertragswertverfahren ist, dass die Ertragsprognose nicht auf ewig hochgerechnet wird, sondern nur auf einige Jahre. Auch wird ein „Goodwill“ in Ansatz gebracht: Hierzu sagt der BGH, dass sich der ideelle Wert einer freiberuflichen inhabergeführten Praxis auf immaterielle Faktoren wie Mitarbeiterstamm, günstigen Standort, Art und Zusammensetzung der Mandanten, Konkurrenzsituation und ähnliche Faktoren gründet, die regelmäßig auf einen Nachfolger übertragbar sind, aber auch auf Faktoren wie Ruf und Ansehen des Praxisinhabers, die mit dessen Person verknüpft und deshalb grundsätzlich nicht übertragbar sind. Für die Vermögensbewertung im Rahmen des Zugewinnausgleichs wird der übertragbare Teil des ideellen Werts (das ist der „Goodwill“) nur dann zutreffend ermittelt, wenn von dem zunächst festgestellten durchschnittlichen Jahresüberschuss nicht ein pauschaler Unternehmerlohn, sondern der den individuellen Verhältnissen entsprechende Unternehmerlohn in Abzug gebracht wird. Nur auf diese Weise wird der auf den derzeitigen Praxisinhaber bezogene Wert eliminiert, der auf dessen Arbeit, persönlichen Fähigkeiten und Leistungen beruht und auf einen Übernehmer nicht übertragbar ist (BGH, a.a.o., 2574).

Theoretisch zu gleichen Ergebnissen wie das Ertragswertverfahren gelangt das sogenannte „Discounted Cash Flow-Verfahren“, dass statt auf den Ertragsüberschuss auf die zukünftigen Einnahmeüberschüsse abstellt (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, Koch, § 1376, Rn 33).

Die „Mittelwertmethode“ berechnet den Unternehmenswert als rechnerisches Mittel aus Substanz- und Ertragswert. Sie gilt jedoch heute aus betriebswirtschaftlicher Sicht weitgehend als überholt (vgl. Bamberger, Roth, Mayer, Beck’scher Online-Kommentar BGB, §1376, Rn. 11).

Vorbeugen kann man einem Streit über die richtige Bewertungsmethode nur über eine ehevertragliche Festlegung einer Bewertungsmethode für das Unternehmen.

Es wird oftmals reichen, die Bewertung nach den Grundsätzen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) vorzuschlagen (so auch Langenfeld, Milzer, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, 2. Kapitel, § 2, Rn. 340). Das IDW verweist u. a. auf das Ertragswertverfahren und das Discounted Cash Flow-Verfahren (vgl. Website des IDW, www.idw.de).

Vereinbart werden kann zusätzlich, dass zum Unternehmensschutz ein Abschlag vom festgestellten Wert vorgenommen werden soll, so dass ausschließlich der nach dem Abschlag verbleibende Wert in die Zugewinnausgleichsberechnung eingestellt wird.

Handelt es sich bei dem zu bewertenden Unternehmen um eines in der Form einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, dann enthält bereits der Gesellschaftsvertrag in der Regel eine Abfindungsregelung für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters insbesondere durch Ausschließung oder Einziehung. Derartige Abfindungsklauseln wollen dem Vereinfachungs- und Beschleunigungsinteresse des ausscheidenden Gesellschafters und der Gesellschaft gerecht werden, weiterhin dem Abfindungsinteresse des ausscheidenden Gesellschafters und dem Erhaltungsinteresse der Gesellschaft. Zum Unternehmensschutz enthalten sie regelmäßig Abschläge vom Verkehrswert und Bestimmungen über Fälligkeiten und Zahlungsstreckung sowie die Festsetzung von Bewertungsmethoden wie z. B. steuerliche Bewertungsvorschriften oder betriebswirtschaftliche Bewertungsverfahren wie der Bewertung nach IDW-Grundsätzen. In diesen Fällen kann dann auch ehevertraglich auf den Gesellschaftsvertrag und die darin festgesetzten Bewertungsmethoden und Abschläge vom damit festgestellten Wert verwiesen werden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Eheverträge für die Unternehmerehe“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Andrea Zimmermann, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, 978-3-939384-82-3.


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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
<außergerichtlich und erfolgreich Regelungen zu Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, vermögensrechtliche und zugewinnrechtliche Angelegenheiten durch einen umfassenden Ehevertrag treffen. Ein langwieriges und kostspieliges Ehescheidungsverfahren kann vermieden werden. Bei
Unternehmerscheidungen liegt der besondere Fokus regelmäßig auf dem Schutz des Unternehmensbestandes.

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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  • Testamentsgestaltung und Erbverträge für Unternehmer – Besonderheiten und Risiken
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