Handbuch zur arbeitsrechtlichen Abmahnung – Teil 27 – Sonstige Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz, Organmitglieder, Auszubildende

6.2.4 Sonstige Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz

Abgesehen von den Mitgliedern des Betriebsrats und schwerbehinderten Angestellten genießen einige weitere Personengruppen einen besonderen Kündigungsschutz. Dies sind unter anderem

  • Schwangere und Mütter nach der Entbindung (§ 9 MuSchG),
  • Arbeitnehmer nach Beantragung von / in Elternzeit (§ 18 BEEG),
  • Arbeitnehmer nach Beantragung/ in (Familien-)Pflegezeit (§ 5 Abs.1 PflegeZG ggf. i.V.m § 2 Abs.3 FpfZG),
  • (intern bestellte) Beauftragte des Datenschutzes (§ 4f Abs.3 S.5, 6 BDSG);
  • Auszubildende (§ 22 Abs.2 Nr.1 BBiG),
  • Arbeitnehmer, für die Tarifverträge gelten, und
  • Arbeitnehmer, für die besondere Regelungen hinsichtlich des Kündigungsschutzes aus ihrem Arbeitsvertrag gelten

Allerdings können alle Arbeitnehmer ganz unabhängig davon, ob für sie ein besonderer Kündigungsschutz gilt oder nicht, wirksam abgemahnt werden. Eine Abmahnung ist eben gerade keine Kündigung und mit einer solchen auch nicht gleichzusetzen (Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.2019.).

6.2.5 Organmitglieder

Vor einer außerordentlichen Kündigung eines Organmitglieds einer Gesellschaft (Geschäftsführer einer GmbH; Verstandsmitglied einer AG usw.) ist grundsätzlich keine Abmahnung erforderlich. Diese stehen regelmäßig nicht in einem Arbeits-, sondern in einem freien Dienstverhältnis (BAG 25.05.1999 - 5 AZB 30/98.) und weisen daher nicht die für die Arbeitnehmer typische Schutzwürdigkeit auf (Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.2020.). Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn im Anstellungsvertrag die Anwendbarkeit des KSchG vereinbart wurde (BGH 10.05.2010 - II ZR 70/09; Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.2021;).

6.2.6 Auszubildende

Bei Abmahnung und Kündigung im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses gelten eine Reihe von Besonderheiten.

6.2.6.1 Vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses

Vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses kann dieses von beiden Seiten ordentlich entfristet gekündigt werden (gem. § 22 Abs.1 BBiG), es sei denn, im Ausbildungsvertrag ist etwas anderes vereinbart worden. Eine Abmahnung ist vor der Kündigung nicht notwendig (Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.2024.).

6.2.6.2 Während der Probezeit

Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit vom Ausbildenden gekündigt werden, ohne dass eine Kündigungsfrist eingehalten werden muss (gem. § 22 Abs.1 BBiG). Er muss zuvor kein klärendes Gespräch mit den erziehungsberechtigten Eltern führen, auch dann nicht, wenn der Auszubildende noch minderjährig ist (BAG 08.12.2011 - 6 AZR 354/10 = AP BGB § 174 Nr.22 = NZA 2012, 495.). Ebenso ist keine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung erforderlich (Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.2025.).

6.2.6.3 Nach Ablauf der Probezeit

Nach Ablauf der Probezeit kann dem Auszubildenden ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nur außerordentlich wegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden. Liegt dieser in einem Verhalten des Auszubildenden, so ist regelmäßig eine Abmahnung erforderlich. Jedoch kann sie aus den Gründen, die auch für Kündigungen in Arbeitsverhältnissen gelten, entbehrlich sein. Dies ist der Fall wenn das Verhalten nicht steuerbar, der Arbeitnehmer uneinsichtig oder der Pflichtverstoß besonders schwer ist (Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.2029 ff.).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Handbuch zur arbeitsrechtlichen Abmahnung“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Miriam Schwartzer, Rechtsreferendarin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-80-9.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem

  • Aufhebungsverträge
  • Abwicklungsverträge
  • Kündigungen
  • Kündigungsschutzansprüche
  • Abfindungen
  • Lohn- und Gehaltsansprüche
  • Befristete und unbefristete Arbeitsverträge
  • Betriebsvereinbarungen
  • Tantiemenvereinbarungen

und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema:

  • Arbeitsvertragsgestaltung: Gestaltungsmöglichkeiten und Fallen
  • Arbeitszeitmodelle: Arbeitszeitkonten, Gleitzeit, (Alters-)Teilzeit, Schichtmodelle, Jobsharing
  • Telearbeit aus arbeitsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und IT-rechtlicher Sicht
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