Eheverträge für die Unternehmerehe – Teil 17 – Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle, Folgerungen für die Vertragsgestaltung

4.3.3 Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle

Was sind aber die Rechtsfolgen einer Inhaltskontrolle, die ergibt, dass der Ehevertrag (oder Teile davon) nichtig ist oder dass man sich nicht auf ihn berufen kann?

Zur Wirksamkeitskontrolle ist Folgendes festzuhalten:
Wenn die Wirksamkeitskontrolle des Ehevertrages ergibt, dass der Vertrag nichtig ist, dann treten an die Stelle der vereinbarten Scheidungsfolgen die gesetzlichen Scheidungsfolgen.

Es ist hierbei zu unterscheiden zwischen der Nichtigkeit des ganzen Vertrages und der Nichtigkeit einer einzelnen Vertragsklausel:
Ergibt sich laut BGH bei der Gesamtwürdigung eines Ehevertrages, dass dessen Inhalt für eine Partei ausnahmslos nachteilig ist und dessen Einzelregelungen durch keine berechtigten Belange der anderen Partei gerechtfertigt werden, erfasst die Nichtigkeit den gesamten Vertrag (BGH, NJW 2006, 2331 ff., 2333).
Hält aber nur eine einzelne Klausel der Wirksamkeitskontrolle nicht stand, haben die übrigen Teile des Ehevertrages Bestand, wenn er eine sogenannte „salvatorische Klausel“ beinhaltet (s. nächster “Exkurs: Salvatorische Klauseln”).

Zur Ausübungskontrolle ist Folgendes festzuhalten:
Hält die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluss der Scheidungsfolge der richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führt dies noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Auch wird dadurch nicht notwendig die vom Gesetz vorgesehene, aber vertraglich ausgeschlossene Scheidungsfolge in Vollzug gesetzt. Das Gericht hat vielmehr diejenige Scheidungsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Ehegatten in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt; man nennt dies auch „Vertragsanpassung“.
Je höherrangiger aber die Scheidungsfolge ist, desto stärker hat sich das Gericht bei der Vertragsanpassung an den gesetzlichen Rechtsfolgen der Scheidung zu orientieren.

Ein Beispiel hierzu:
Der Ausschluss des Betreuungsunterhalts ist ehevertraglich vereinbart worden und hält auch der Wirksamkeitskontrolle stand (etwa wegen Kompensationsangeboten). Im Scheidungsverfahren beruft sich der Ehemann hierauf. Die Ehefrau betreut aber mittlerweile ein zweijähriges gemeinschaftliches Kind. Folge ist, dass sich der Ehemann nicht auf diese Klausel berufen kann. Weil der Betreuungsunterhalt aber die zentrale Scheidungsfolge ist, muss sich das Gericht an der gesetzlichen Regelung des Betreuungsunterhalts orientieren (s. o. unter “Gesetzliche Scheidungsfolgen”).

Grundsätzlich lässt sich anmerken, dass aber auch ein Totalausschluss aller gesetzlichen Folgen einer Scheidung der Inhaltskontrolle des Gerichts dann standhalten kann, wenn nachvollziehbar dokumentiert wird, dass der vollständige Ausschluss aller Scheidungsfolgen einem unabhängig voneinander motivierten Grundkonsens beider Ehepartner vom Wesen ihrer Ehe entspricht. Soweit nach der Planung bei Vertragsabschluss wegen fest eingeplanter Fremdbetreuung der Kinder oder beabsichtigter Kinderlosigkeit die Belange von den schutzwürdigen Kindern nicht tangiert sind, muss ein Ehevertrag auch dann standhalten können, wenn einer der Ehepartner beim Abschluss der Vereinbarung in dem Bewusstsein handelt, dass diese ihm wirtschaftlich nicht zum Vorteil gereicht (vgl. hierzu auch Langenfeld, Milzer, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Kapitel 1, § 5, Rn. 86 und Kapitel 7, § 4, Rn. 988).

4.3.4 Folgerungen für die Vertragsgestaltung

Bevor die wichtigsten vertraglichen Vereinbarungen bei der Unternehmerehe dargestellt werden, sollen an dieser Stelle die allgemeinen Folgerungen für die Vertragsgestaltung im Bereich des vorsorgenden Ehevertrags kurz skizziert werden. Sie gelten für alle Eheverträge, unabhängig vom Typ der (angestrebten) Ehe.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Schlussfolgerungen:

  • Bei der Abbedingung gesetzlicher Regelungen ist auf Kompensationen zu achten: Keine einseitige Lastenverteilung ohne rechtfertigenden Grund oder Kompensation!
  • Die Einfügung von salvatorischen Klauseln ist zwingend. Diese sollten aber sehr speziell und genau formuliert werden.

EXKURS: Salvatorische Klauseln

Wenn sich bei der Inhaltskontrolle des Ehevertrags ergibt, dass er einen Ehegatten einseitig belastet und daher sittenwidrig ist, bezieht sich die Nichtigkeitsfolge auf den gesamten Vertrag, ohne dass eine salvatorische Klausel (auch „Erhaltungsklausel“ genannt) hieran etwas zu ändern vermag (jüngst: BGH, Urteil vom 21.11.2012, Az. XII ZR 48/11, in NJW 2013, 457, 460). Denn damit erfüllt laut BGH die salvatorische Klausel im Interesse des begünstigten Ehegatten die Funktion, den Restbestand eines dem benachteiligten Ehegatten aufgedrängten Vertragswerks soweit wie möglich gegenüber der etwaigen Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen rechtlich abzusichern. In diesem Falle spiegelt sich auch in der Vereinbarung der salvatorischen Klausel selbst die auf ungleichen Verhandlungspositionen beruhende Störung der Vertragsparität zwischen den Ehegatten wieder.
Wenn jedoch ungleiche Verhandlungspositionen vom Gericht nicht festgestellt werden können, weil die Beschreibung der ehelichen Lebensverhältnisse bei Vertragsschluss nichts dafür hergibt, ist es möglich, dass eine salvatorische Klausel die Annahme stützt, dass ein teilweise nichtiger Ehevertrag auch ohne seine unwirksamen Bestimmungen geschlossen worden wäre. Das hat zur Folge, dass die nicht sittenwidrigen Teile des Ehevertrags wirksam bleiben und sich der begünstigte Ehegatte auch darauf berufen kann.

Ein Beispiel für eine salvatorische Klausel ist folgende Formulierung:
Sollte eine Vereinbarung dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so soll sie durch eine wirksame Vereinbarung ersetzt werden, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Vereinbarung möglichst nahe kommt. Für den Fall der Unwirksamkeit einer Vereinbarung dieses Vertrages sollen alle übrigen Vereinbarungen dennoch wirksam bleiben. Etwaige erklärungsbedürftige Lücken dieses Vertrages sollen im Sinne dieses gesamten Vertrages ausgelegt und gegebenenfalls ergänzt werden.

EXKURS Ende

  • Die notarielle Form muss eingehalten werden. Eheverträge werden bestenfalls von Familienrechtlern gestaltet (z. B. einer/einem Fachanwältin/anwalt für Familienrecht). Sie enthalten die Rahmendaten und stellen Gründe und Motive für den Ehevertrag dar. Die Zusendung des Vertragsentwurfs erfolgt an beide Ehegatten oder Verlobte. Der Vertrag wird schriftlich übersetzt für der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtige Ehegatten / Verlobte. Bei der notariellen Beurkundung finden hinreichende Belehrungen über den Vertrag statt, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Dolmetschers.
  • Bedingungen und/oder Widerrufsvorbehalte sind Teil des Vertragswerks.
  • Es wird ein einklagbarer vertraglicher Anpassungsanspruch für denjenigen Ehegatten mit in den Vertrag aufgenommen, zu dessen Lasten sich die bei Abschluss des Ehevertrages gemeinsam zugrunde gelegten Verhältnisse verändert haben.
  • Eine Schiedsgutachterklausel ist Bestandteil des Vertrages.
  • Der Ehevertrag ist nach dem geplanten oder bereits verwirklichten Ehetypus gestaltet.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Eheverträge für die Unternehmerehe“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Andrea Zimmermann, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, 978-3-939384-82-3.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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  • Scheidungsfragen und Scheidungsverfahren
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  • Zugewinn und Versorgungsausgleich
  • Unterhaltsvereinbarungen und -berechnungen
  • Sorgerechtsfragen. Umgangsregelungen
  • Vaterschaftsverfahren

Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der Beratung von Unternehmern bei Eheschließung und Scheidung.

Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
<außergerichtlich und erfolgreich Regelungen zu Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, vermögensrechtliche und zugewinnrechtliche Angelegenheiten durch einen umfassenden Ehevertrag treffen. Ein langwieriges und kostspieliges Ehescheidungsverfahren kann vermieden werden. Bei
Unternehmerscheidungen liegt der besondere Fokus regelmäßig auf dem Schutz des Unternehmensbestandes.

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Die Unternehmerscheidung – besondere Probleme bei der Scheidung von Unternehmern
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