Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 04 – Form der Kündigung, Kündigung und andere Personen, Anhörung des Arbeitnehmers, Beteiligung des Betriebsrates

3.3 Form einer Kündigung

Weiter muss die Form der Kündigung eingehalten werden damit sie wirksam ist.

3.3.1 Schriftform

Nach § 623 BGB bedarf es bei einer Kündigungserklärung die Schriftform. Dadurch sollen unüberlegte und übereilte Kündigungen verhindert werden. Sie gilt in jedem Arbeitsverhältnis und für jede Kündigung.
Die Schriftform umfasst die Einhaltung der Form nach § 126 I BGB. Der Aussteller muss die Kündigung eigenhändig durch seine Unterschrift oder mittels eines notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Die Unterschrift muss unterhalb des Kündigungsschreibens stehen, um die vorangegangene Kündigungserklärung zu decken und abzuschließen.
Das Kündigungsschreiben kann auch eigenhändig geschrieben sein, muss es aber nicht sein.
Wird die Form nicht eingehalten, ist die Kündigung nach § 125 S. 1 BGB unwirksam.

3.4 Kündigung und andere Personen

Eine Kündigung ist ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft. Dementsprechend muss sie von einer Vertragspartei erklärt und von der anderen empfangen werden. Dennoch ist eine Vertretung i.S.d. §§ 164ff. BGB möglich.(Fußnote)

3.4.1 Kündigung durch eine andere Person

Die Kündigung muss nicht notwendigerweise durch den Arbeitgeber selbst, sondern kann auch durch einen Bevollmächtigten wie zum Beispiel einen Personalleiter ausgesprochen werden.(Fußnote) Die Vollmacht für den Personalleiter ist nicht formbedürftig.(Fußnote)
Allerdings kann die Kündigung bei Nichtvorlange einer Vollmachtsurkunde nach § 174 BGB unverzüglich zurückgewiesen werden. Dies hätte die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge.(Fußnote) Es kann also sein, dass die kündigender Person zwar ordnungsgemäß Vollmacht zur Aussprache der Kündigung hatte, da diese aber nicht ordnungsgemäß nachgewiesen wurde durch Vorlage der Vollmachtsurkunde die Kündigung unwirksam ist.
Ebenfalls unwirksam ist natürlich eine Kündigung nach § 180 S. 1 BGB, die ohne die entsprechende Bevollmächtigung ausgesprochen wird.(Fußnote)

3.4.2 Kündigungsempfang durch eine andere Person

Die Vertretung ist auch beim Kündigungsempfang nach § 164 III BGB möglich. Der Arbeitnehmer kann also auch gegenüber dem Personalleiter oder einer zum Empfang berufenen Person kündigen. Die Kündigung gegenüber einem Nichtberechtigten ist jedoch unwirksam.(Fußnote)

3.5 Anhörung des Arbeitnehmers?

Es ein Irrtum, dass eine Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der Kündigung zur Wirksamkeit erforderlich ist. Grundsätzlich ist eine Anhörung bei Vorliegen eines objektiven Kündigungsgrundes des Arbeitnehmers nicht notwendig.(Fußnote)
Ausnahmsweise kann jedoch etwas anderes gelten, wenn die Kündigung auf nicht substantiierten Gerüchten mit weitreichender Bedeutung beruht. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer dann die Möglichkeit geben zu den Gerüchten Stellung zu nehmen.(Fußnote)

3.6 Beteiligung des Betriebsrates, § 102 BetrVG

Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat bei jeder Kündigung zu beteiligen. Dies umfasst die Mitteilung der Kündigungsgründe und eine Anhörung.
Eine Kündigung ohne die Anhörung des Betriebsrates ist gem. § 102 I S. 3 BetrVG unwirksam.

§ 102 BetrVG gilt für die dem Geltungsbereich des Betriebsrates unterfallenden Arbeitnehmer.(Fußnote) Erfasst werden weiter auch Heimarbeiter und Auszubildende.[(Fußnote)Ausgeschlossen von dieser Regelung sind leitende Angestellte.(Fußnote)Die Kündigung eines leitenden Angestellten ist dem Betriebsrat gem. § 105 BetrVG lediglich mitzuteilen.

Der Betriebsrat ist sowohl bei ordentlichen und außerordentlichen Beendigungskündigungen, als auch bei Änderungskündigungen anzuhören.(Fußnote)
Das Anhörungsverfahren ist dabei durch den Arbeitgeber einzuleiten.13 Daraufhin hat der Betriebsrat einen Beschluss über die beabsichtigte Kündigung zu fassen. Die Frist zur Rückmeldung an den Arbeitgeber beträgt bei einer ordentlichen Kündigung eine Woche und bei einer außerordentlichen Kündigung drei Tage.
Der Betriebsrat kann danach Bedenken äußern und so gegebenenfalls auf das Ob und Wie der Kündigung Einfluss nehmen.
Bei einer ordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat weiter nach § 102 III BetrVG widersprechen wenn,

  • soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden,
  • die Kündigung gegen eine Richtlinie von § 95 BetrVG verstößt,
  • eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht,
  • eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
  • eine Weiterbeschäftigung unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sich damit einverstanden erklärt hat.

Beschließt der Betriebsrat der Kündigung zuzustimmen, ist das Anhörungsverfahren abgeschlossen sobald er dies dem Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt hat.(Fußnote)
Äußert sich der Betriebsrat gar nicht oder nicht innerhalb der Fristen, ist dies zumindest bei einer ordentlichen Kündigung als Zustimmung auszulegen.(Fußnote)
Wenn der Betriebsrat fristgerecht Bedenken äußert, ist das Anhörungsverfahren mit Zugang der Erklärung beendet, wenn sich um eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrates handelt.(Fußnote) Äußert der Betriebsrat sich innerhalb der in § 102 BetrVG genannten Frist nicht abschließend, so ist eine Kündigung, die der Arbeitgeber vor Fristablauf ausspricht, unwirksam.
Widerspricht der Betriebsrat kann der gekündigte Arbeitnehmer den Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 V BetrVG in Anspruch nehmen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem

  • Aufhebungsverträge
  • Abwicklungsverträge
  • Kündigungen
  • Kündigungsschutzansprüche
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  • Lohn- und Gehaltsansprüche
  • Befristete und unbefristete Arbeitsverträge
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und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema:

  • Arbeitsvertragsgestaltung: Gestaltungsmöglichkeiten und Fallen
  • Arbeitszeitmodelle: Arbeitszeitkonten, Gleitzeit, (Alters-)Teilzeit, Schichtmodelle, Jobsharing
  • Telearbeit aus arbeitsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und IT-rechtlicher Sicht
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