Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 03 – Inhalt der Kündigung

3.2 Inhalt der Kündigung

Eine Kündigung muss zweifelsfrei erklärt werden. Sie muss also bestimmt und deutlich die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erklären.[1] Hierbei sollte in jedem Fall klar erkennbar sein, ob das Arbeitsverhältnis sofort oder mit dem Ablauf einer Frist endet.[2] Wenn Unsicherheiten bestehen, ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung handelt, wird die Kündigung in der für den Gekündigten günstigeren Form ausgelegt.[3]

3.2.1 Begründungszwang

Bei der Kündigung ist die Nennung des Kündigungsgrundes grundsätzlich nicht notwendig.[4] Allerdings kann der Arbeitgeber durch das Bestehen einer Nebenpflicht gezwungen sein die Kündigungsgründe darzulegen.[5]
Nach § 626 II S. 3 BGB besteht so eine Nebenpflicht bei außerordentlichen Kündigungen, wenn der Arbeitnehmer eine Bekanntgabe der Kündigungsgründe verlangt.
Für eine ordentliche Kündigung liegt keine solche Regelung vor. Allerdings kann von einer Anwendung des § 626 II S. 3 BGB auch für ordentliche Kündigungen ausgegangen werden.[6]

Das Verlangen des Gekündigten richtet sich hierbei auf eine schriftliche Mitteilung der Kündigungsgründe.[7] Dies erleichtert ihm die Bezugnahme im Kündigungsschutzprozess.
Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen nicht nach, bleibt die Kündigung dennoch wirksam. Es können jedoch Schadensersatzansprüche des Gekündigten entstehen.[8]

3.2.2 Kündigung unter einer Bedingung?

Eine Kündigung unter einer Bedingung ist generell unzulässig[9], weil das eine nicht zumutbare Unsicherheit für den Vertragspartner birgt.

Beispiel 1:
Arbeitnehmer Torsten erhält von seinem Arbeitgeber Jungmann eine Kündigung die wirksam werden soll, wenn Torsten seine Arbeitsleistung in den nächsten drei Monaten nicht drastisch verbessert.

  • Inwiefern eine Leistungsverbesserung stattfindet hängt von der Beurteilung des Jungmann ab. Der Eintritt der Bedingung ist für Torsten insoweit ungewiss. Er kann nicht nachvollziehen, ob und ab wann die Kündigung wirksam ist. Torsten wird durch diese Bedingung in eine ungewisse Lage versetzt. Die Kündigung ist folglich unzulässig.

Beispiel 2:
Arbeitgeber R. Pohlmann hat wirtschaftliche Probleme und kündigt den Arbeitnehmer Liebig für den Fall, dass keine weiteren Aufträge eingehen.

  • Der Eintritt der Bedingung hängt von Dritten ab. Die Kündigung ist daher nicht bestimmt und ebenfalls unzulässig.

Diese Unsicherheit besteht für den Empfänger der Kündigung jedoch nicht, wenn eine Potestativbedingung vorliegt und der Eintritt einschließlich durch den Empfänger beeinflussbar ist.[10]

Beispiel:
Frau Müller erhält eine Kündigung für den Fall, dass sie morgen erneut keine Lust hat und nicht zur Arbeit kommt.

  • Der Eintritt der Bedingung liegt ausschließlich im Machtbereich der Arbeitnehmerin Frau Müller. Es besteht insoweit keine Rechtssicherheit für Frau Müller, die diese Bedingung unzumutbar machen würde.

3.2.3 Ist das Nachschieben von Kündigungsgründen möglich?

Da die Wirksamkeit der Kündigung nicht von der Nennung von Kündigungsgründen abhängt (-->3.2.1), kann der kündigende Arbeitgeber auf alle Kündigungsgründe verweisen, die zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung bestanden haben.[11]
Dies ist bei der außerordentlichen Kündigung jedoch nur mit der Einschränkung gültig, dass dem Arbeitgeber die Kündigungsgrunde bekannt, aber nicht länger als zwei Wochen bekannt waren.[12]

Umstritten ist Nachschieben der Gründe im Prozess jedoch, wenn eine Anhörung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG notwendig ist. Dann gilt:

  • Gründe die vor Ausspruch der Kündigung entstanden und dem Arbeitgeber bekannt waren, die aber dem Betriebsrat nicht mitgeteilt wurden, sind im Prozess nicht verwertbar.[13]
  • Kündigungsgründe die der Arbeitgeber zwischen der Kündigungserklärung und der Unterrichtung des Betriebsrates erfahren hat, können nur verwertet werden, wenn der Arbeitgeber vor der Kündigungserklärung ein erneutes Anhörungsverfahren eingeleitet hat.[14]

[1] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl., Rn. 13.

[2] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl., Rn. 17.

[3] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl., Rn. 17.

[4] Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler, Einl., Rn. 108.

[5] Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler, Einl., Rn. 109.

[6] Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler, Einl., Rn. 109.

[7] Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen D, Rn. 26.

[8] Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen D, Rn. 27.

[9] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl., Rn. 19.

[10] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Pfeiffer, § 2, Rn. 10.

[11] Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen D, Rn. 30.

[12] BAG 6.9.2007, NZA 2008, 636

[13] ErfK/Müller-Glöge/Niemann, § 626 BGB, Rn. 56.

[14] ErfK/Müller-Glöge/Niemann, § 626 BGB, Rn. 57.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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