Datenschutzstrafrecht – Teil 18 – § 206 StGB – Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses

10 § 206 StGB – Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses

(1) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen und die ihm als Inhaber oder Beschäftigtem eines Unternehmens bekanntgeworden sind, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber oder Beschäftigter eines in Absatz 1 bezeichneten Unternehmens unbefugt
1. eine Sendung, die einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraut worden und verschlossen ist, öffnet oder sich von ihrem Inhalt ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft, 2. eine einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraute Sendung unterdrückt oder 3. eine der in Absatz 1 oder in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Handlungen gestattet oder fördert. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Personen, die
1. Aufgaben der Aufsicht über ein in Absatz 1 bezeichnetes Unternehmen wahrnehmen, 2. von einem solchen Unternehmen oder mit dessen Ermächtigung mit dem Erbringen von Post- oder Telekommunikationsdiensten betraut sind oder 3. mit der Herstellung einer dem Betrieb eines solchen Unternehmens dienenden Anlage oder mit Arbeiten daran betraut sind. (4) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die ihm als außerhalb des Post- oder Telekommunikationsbereichs tätigem Amtsträger auf Grund eines befugten oder unbefugten Eingriffs in das Post- oder Fernmeldegeheimnis bekanntgeworden sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(5) Dem Postgeheimnis unterliegen die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter Personen sowie der Inhalt von Postsendungen. Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

10.1 Objektiver Tatbestand

Das Tatobjekt muss eine Tatsache sein, die dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegt.

10.1.1 Tatsachen

Zunächst muss es sich um eine Tatsache handeln. Hierunter versteht man einen konkreten Vorgang oder Zustand der Gegenwart oder der Vergangenheit, der sinnlich wahrnehmbar und damit dem Beweis zugänglich ist (Fußnote). Bloße Meinungen und Werturteile fallen also nicht unter diesen Begriff, wobei die Weitergabe derselben Aufschluss über Vorgänge geben kann, die ihrerseits dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterfallen.

10.1.2 Postgeheimnis

Dem Postgeheimnis unterliegen nach § 206 V 1 StGB „die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter Personen sowie der Inhalt von Postsendungen.“ Unter den näheren Umständen des Postverkehrs ist alles zu verstehen, was mit der Beförderung in unmittelbarem Zusammenhang steht, wie Namen, Adressen, Größe und Gewicht der beförderten Sache. Sogar die Tatsache, dass überhaupt etwas befördert wurde, ist erfasst (Fußnote).
Als Inhalt der Sendung ist alles zu verstehen, was auf dem Postweg befördert werden kann. In der Literatur wird teilweise vertreten, dass Postsendungen über 20 kg nicht geschützt sein sollen, da sie nach § 4 Nr. 1b PostG auch nicht dem Postgeheimnis unterstellt sind (Fußnote). Es ist allerdings nicht einzusehen, weshalb Sendungen über 20 kg weniger schützenswert sein sollen als leichtere (Fußnote). Der Inhalt der Sendung muss kein Geheimnis im Sinne von § 206 StGB sein.

10.1.3 Fernmeldegeheimnis

Nach § 206 Abs. 5 S. 2 und 3 StGB unterliegen dem Fernmeldegeheimnis „der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.“ Hierunter fällt also die Übermittlung von allen nichtkörperlichen Nachrichten, egal in welcher Form (Telefon, Telefax, E-Mail, SMS, Videotelefonie etc.). Unter den Umständen sind die „Randerscheinungen“ des Übermittlungsvorgangs zu verstehen.

Beispiel
A ruft seinen Freund F an, um sich mit ihm über die neusten Bundesligaergebnisse zu unterhalten. F ist allerdings noch im Stadion, wo das Signal so schlecht ist, dass der Anruf nicht durchgestellt werden kann. Später ruft A nochmals an und die beiden unterhalten sich.

Hier ist folgendes geschützt:

  • die Uhrzeit der Anrufe;
  • die Standorte von A und F zum Zeitpunkt der Anrufe;
  • die Tatsache, dass A und F miteinander telefoniert haben;
  • der erste Anruf als erfolgloser Verbindungsversuch;
  • die Anzahl der Anrufe;
  • der Inhalt und die Länge des Gesprächs;

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Datenschutzstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Guido-Friedrich Weiler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Sven Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-61-8.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
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Telefon: 0721-20396-28

 

Guido Friedrich-Weiler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Portrait Guido-Friedrich-Weiler

Rechtsanwalt Weiler berät und schult Arbeitgeber und Betriebsräte in allen Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes. Seine umfassende Lehrerfahrung ermöglicht es ihm, Fachanwälte für Arbeitsrecht in Spezialthemen wie der Arbeitnehmerüberwachung fortzubilden.

Als Trainer ist Guido-Friedrich Weiler bei diversen Dax-30-Unternehmen anerkannter Spezialist, wenn es um arbeitsrechtliche Fragen von Datenschutz, Innenrevision oder Compliance geht. In Kooperation mit IT-Sicherheitsunternehmen und Herstellern von Antivirenprogrammen hält er regelmäßig Vorträge zu rechtskonformem Einsatz von IT-Security.

Er publiziert regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Themen, insbesondere zu Fragen der Arbeitnehmerüberwachung.

Von 1999 bis 2006 war Guido-Friedrich Weiler bei der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig.

Guido Friedrich-Weiler ist

  • Lehrbeauftragter an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hellweg-Sauerland in Soest
  • Lehrbeauftragter an der F.O.M. Fachhochschule für Ökonomie und Management in Bonn, Köln und Aachen
  • Lehrbeauftragter an der Rheinische Fachhochschule Köln
  • Dozent an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie
  • Dozent bei EIDEN JURISTISCHE SEMINARE
  • Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Interimmanager und Consultants
  • Lehrbeauftragter bei dem Bildungszentraum der Bundeswehr Mannheim

Ferner ist Herr Weiler Referent für

  • Management Circle
  • Haub & Partner
  • IMW Bildungsinstitut der Mittelständischen Wirtschaft
  • W.A.F. Betriebsrätefortbildung

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Datenschutz und Compliance
  • Arbeitnehmerdatenschutz
  • Überwachung von Arbeitnehmern: Möglichkeiten und Grenzen
  • Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten durch interne Revision
  • Recht für Revisoren
  • Persönliche Haftung des Risikomanagers
  • Betriebsvereinbarungen zum Thema Datenschutz und Videokameras
  • BYOD – Herausforderungen für Arbeitgeber
  • Emailarchivierung

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