Bankzulassungsrecht – Teil 06 – Finanzkommissionsgeschäft, Depotgeschäft

3.1.6 Finanzkommissionsgeschäft

Unter einem Finanzierungskommissionsgeschäft versteht man die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung. Ein Finanzkommissionsgeschäft liegt demnach vor, wenn:

  • Finanzinstrumente, wie Aktien oder Vermögensanlagen
  • im eigenen Namen des Handelsvertreters, Kreditinstituts oder eines Wertpapierhandelsunternehmens
  • auf fremde Rechnung des Auftraggebers (sodass ihn die Vor- und Nachteile des Geschäftes treffen)
  • angeschafft oder veräußert wird.

Der Finanzkommissionär erhält dafür einen Provisionsertrag unabhängig von dem Kursgewinn.

Beispiel
Ziel der X-GmbH & Co. KG ist die Annahme von Geldern von Investoren und die Anlage der beschafften Mittel in Finanzprodukte. Im Juli 2016 veröffentlicht die X-GmbH & Co. KG in ihrem Namen ein Verkaufsprospekt, in dem sie ihren Anlegern zwei Aktien von zwei führenden Automobilherstellern vorstellt. Für jeden Kunden, der aufgrund des Prospektes eine Aktie erwirbt erhält die X-GmbH & Co. KG eine Provision von dem jeweiligen Automobilhersteller.

  • Mit der Veröffentlichung des Verkaufsprospektes nimmt die X-GmbH & Co. KG ein Finanzkommissionsgeschäft vor. In dem Prospekt bietet sie in eigenem Namen zwei Finanzinstrumente in Form von Aktien an. Der Kaufvertrag über die Aktien erfolgt aber nicht mit der X-GmbH & Co. KG, sondern mit den jeweiligen Aktiengesellschaften (Automobilherstellern). Damit wurde ein Finanzkommissionsgeschäft ohne die erforderliche Erlaubnis erbracht.

3.1.7 Depotgeschäft

Das Depotgeschäft beschreibt die gewerbsmäßige Verwahrung oder Verwaltung von Wertgegenständen, besonders von Wertpapieren durch einen Kaufmann für andere.

Eine Verwahrung liegt vor, wenn ein Raum gewährt und gleichzeitig die Obhut für den dort befindlichen Inhalt übernommen wird. Erfasst ist hier aber lediglich das sog. offene Depot, das eine offene Übergabe von Wertpapieren voraussetzt. Nicht erfasst sind ein geschlossenes Depot und damit die Verwahrung durch Vermietung eines Schließfaches, bei dem der Vermieter keine Kenntnis von dessen Inhalt hat.

Beispiel
Frau Molte übergibt der X-Bank ihre Wertpapiere. Die X-Bank stellt nicht nur den Raum zur Einlagerung der Wertpapiere zur Verfügung, sondern übernimmt auch die Obhut über diese. Die X-Bank hat als Verwahrer Zugang zu den Werten, während weiterhin ersichtlich bleibt, dass Frau Molte Eigentümerin der Wertpapiere ist.

  • Die X-Bank übernimmt damit die Verwahrung der Wertpapiere, sowie deren Obhut. Da die Verwahrerin jederzeit Zugang zu den Wertpapieren hat und diese nicht verschlossen sind, liegt ein offenes Depot vor

Die Verwaltung beschreibt die laufende Wahrnehmung der Rechte aus dem Wertpapier. Dazu zählen

  • Inkassotätigkeiten
  • Benachrichtigungs- und Prüfungspflichten und
  • die Ausübung des Auftragsstimmrechts bei entsprechender schriftlicher Bevollmächtigung.

Beispiel
Aufgrund der offenen Verwaltung hat die X-Bank Zugang zu den Wertpapieren und übernimmt für Frau Molte zusätzlich u.a. die Erfüllung von Benachrichtigungs- und Prüfungspflichten. Mit Eintritt der Fälligkeit löst die X-Bank vereinbarungsgemäß die rückzahlbaren Wertpapiere ein.

  • Die X-Bank übernimmt die Verwaltung der Wertpapiere, indem sie die laufende Wahrnehmung der Rechte aus dem Wertpapier erfüllt. Dies ist nur möglich, wenn die Parteien wie im vorliegenden Fall eine offene Verwahrung vereinbart haben.

Wertpapiere im Sinne des § 1 Abs. 1 Depotgesetz sind beispielsweise:

  • mehrere zusammengefasste Aktien, wenn über sie eine Globalurkunde ausgestellt wurde und so für sämtliche Hinterleger in einem Sammelbestand, statt einzeln hinterlegt werden können
  • Zwischenscheine, also vorläufige Anteilsscheine, die den Aktionären einer AG vor der Ausgabe der Aktien und nach Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister erteilt werden und das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs verbriefen.
  • Zins-, Gewinnanteil- und Erneuerungsscheine: Der Zinsschein ist eine zur Hauptforderung beigefügte rechtlich selbständige Urkunde, die z.B. zur Erhebung der fälligen Zinsen dient. Der Gewinnanteilschein ist einer Aktie beigefügt und berechtigt zu deren Einlösung der Dividende (dem Gewinnanteil). Ein Erneuerungsschein ermächtigt zum Empfang neuer Zins- oder Gewinnanteilsscheine bei Bedarf.
  • Inhaberschuldverschreibungen, d.h. Wertpapiere, die eine Forderung gegen ein Unternehmen in Form eines Inhaberpapiers verbriefen, sodass jeder die Forderung gegen das Unternehmen geltend machen kann, der im Besitz der Inhaberschuldverschreibung ist.
  • Andere vertretbare Wertpapiere, ohne Banknoten und Papiergeld, wie. z.B. Aktien.

Daneben sind ausländische Wertpapiere als Wertpapiere nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 KWG zu verstehen, wenn sie unter "andere vertretbare Wertpapiere" gem. § 1 Abs. 1 DepotG fallen.

In den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland, wie in den meisten ausländischen Staaten eine Zentralverwahrung bzw. Sammelverwahrung gebildet, da Wertpapiere in der Zwischenzeit massenhaft ausgegeben werden. Auf diese Weise wird die Übertragbarkeit der Wertpapiere erleichtert, indem die Wertpapiere durch eine Umbuchung von den Konten der verschiedenen Teilnehmer auf den Zentralverwalter übertragen werden.[1]

Zumeist besteht bei einem Depotgeschäft nicht nur ein zwei-Personen-Verhältnis zwischen dem Kunden/ Depotinhaber und der Bank, die die Wertpapiere anlegt, sondern ein gestuftes Beteiligungsverhältnis. Die Wertpapierverwahrung und -verwaltung ist hierarchisch in Form einer Pyramide angeordnet. Auf der untersten Ebene stehen die Depotbanken, die im unmittelbaren Kontakt mit den Kunden stehen. Auf den nächsten Stufen stehen meist sog. Zwischenverwahrer und auf oberster Stufe der Zentralverwahrer. Zwischen den Personen auf den verschiedenen Stufen besteht jeweils ein Depotvertrag.

Beispiel
Frau Müller möchte ihre Wertpapiere bei ihrer X-Bank im Rahmen eines Depotvertrages hinterlegen. Die X-Bank schließt ihrerseits auf zweiter Stufe einen weiteren Depotvertrag mit der Y-Bank als Zwischenverwahrer, die eine Sammlung aller Wertpapiere einer bestimmten Gattung in Süddeutschland ermöglich. Auf dritter Stufe besteht zwischen der Y-Bank und der Z-Bank als Zentralverwahrer ein weiteres Depotverhältnis, um einen Sammelbestand aller Wertpapiere einer Gattung in ganz Deutschland zu ermöglichen.

  • Auf diese Weise entsteht eine Pyramide von Depotverträgen.


[1] Einsele, Bank und Kapitalmarktrecht 3. Auflage 2014 § 9 Rn. 2.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.


 

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Stand: Januar 2017


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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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